Am Dienstag läuft die letzte Folge des Krimi-Dauerbrenners auch bei uns im Fernsehen. Wir haben uns gefragt, warum die Erfolgsformel so beliebt ist.
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Spätestens seit den Detektivgeschichten von Edgar Allen Poe und der von Arthur Conan Doyle erschaffenen, ikonischen Figur Sherlock Holmes ist die Kriminalforschung fester Bestandteil der Populär-Kultur. Hinter dem Erfolg steckt vor allem der Spaß daran, fähigen Menschen bei der Arbeit zuzusehen (bzw. von ihnen zu lesen). Eine Rolle spielt aber auch die Fantasie und die Hoffnung, dass das schreckliche und oftmals willkürliche Geschehen eines Mordes durch Wissenschaft , Rationalität, Fußspuren, Fingerabdrücke, Fuß- und Schmauchspuren, Blutflecken und DNS-Proben gelöst und der Status Quo einer funktionierenden Gesellschaft schnellstmöglich wieder hergestellt werden kann.
Die von Erfolgsproduzent Jerry Bruckheimer ins Leben gerufene Serie «CSI: Vegas» machte sich diese Fantasie so erfolgreich zu Nutze, dass sie zwischendurch noch durch die Ermittler-Teams aus Miami und New York Unterstützung erhielt. Mit «CSI: Cyber», einer Serie, die sich dem Namen entsprechend mit Computerkriminalität beschäftigt, läuft momentan der vierte Ableger des Erfolgsrezeptes auf den internationalen Fernsehschirmen. Der Quotenerfolg und die daraus resultierenden Spin-Offs, Comics, Romane und Videospiele waren nicht unbedingt verwunderliche Resultate, denn die Formel jeder einzelnen Episode gestaltete sich relativ simpel und war vor allem für einen Fast Food-Fernsehkonsum denkbar leichte Kost: Ein Mordfall jeweils zu Beginn, gefolgt von wissenschaftlichen und möglichst ausgefallenen Ermittlungsmethoden des jeweiligen Ermittlerteams, untermalt mit einschlägigem Soundtrack; eine erste Verdächtige oder ein erster Verdächtiger wird gefunden, die/der sich aber als unschuldig herausstellen soll; weitere Ermittlungen mit noch ausgefalleneren Methoden gefolgt von der Lösung des Falls.
Dieses simplifizierte Prozedere der Täterermittlung löste sogar einen fast schon belustigenden Nebeneffekt aus: Die Schöffen amerikanischer Gerichte erwarteten eine ebenso akribische Investigation, wie sie im Fernsehen zu beobachten war. Ein Anspruch, der wohl kaum erfüllt werden konnte und ein Zeichen dafür, wie schnell Fiktion Einfluss auf die Realität nehmen kann. So populär diese Geschichten auch sein mögen, so schnell scheitern sie allerdings an den banalen Realitäten des Alltags: Eine DNS-Analyse im Hightech-Labor kann schnell von 1500 bis 3000 Dollar kosten. Außerdem finden sich diese Labore auch nur in Großstädten. Wahrscheinlich ein Grund dafür, dass die diversen «CSI»-Franchise-Ableger eben nur in diesen Metropolen angesiedelt waren.
Ausbremsen konnten solche Wahrheiten die Krimiserie jedoch nicht. Hier konnte jeder Zuschauer jederzeit ein- oder auch wieder aussteigen, nur um vielleicht in einem späteren der insgesamt 15 Sendejahren in den Kriminalhochburgen Las Vegas, Miami und New York vorbeizuschauen. Dennoch wirkte das enge Formelkorsett schon zu Beginn zu eng und wie ein Relikt vergangener Fernsehzeiten, insbesondere mit den ein Jahr zuvor auf HBO gestarteten „Sopranos“, die vielen Expertenmeinungen zufolge, das schöne, neue Goldene Zeitalter des Fernsehens einläuteten, in dem wir es uns alle so bequem gemacht haben. Die Folge waren jedoch eine immer unübersichtlichere und komplexere Serienwelt, die im amerikanischen Sprachraum mittlerweile mit dem Begriff „Peak-TV“ bedacht wird - mehr großartig erzählte TV-Serien, als ein jeder von uns je konsumieren könnte. «CSI» bot über 15 Jahre lang Hobbykriminalisten mit bescheidenen Freuden einen veritablen Rückzugsort vor der immer komplexer werdenden Serienwelt und ihren düsteren Antihelden.
Nerds auf Täterjagd
Hauptdarsteller: William Peterson
Der 1953 in Illinois geborene Darsteller konzentrierte sich während seiner Schauspielausbildung vor allem auf das Theater von Shakespeare und verdiente sich auch seine ersten Schauspielsporen bei der Steppenwolf Theatre Company. Auch wenn er die Hauptrollen potentieller Blockbuster wie dem William Friedkin-Thriller «Leben und Sterben in L.A.» und dem ersten Hannibal Lecter-Film «Manhunter» von Michael Mann ergattern konnte, wollte sich ein kommerzieller Erfolg erst mit seiner Rolle in «CSI» einstellen. Trotz dieser prominenten und gut bezahlten Rolle, verließ Peterson die Show 2008, um sich wieder dem Theater-Schauspiel zu zuwenden.
Klar, gab es die ein oder andere Schießerei, die Besetzung zeichnete sich oberflächlich gesehen größtenteils durch Attraktivität und Modelmaße aus. Muskeln waren hier jedoch nur marginal gefragt, denn worauf es «CSI» meistens ankam, war die Masse, die zwischen den zwei Ohren sitzt. Symbolisch dafür war Hauptermittler Gil Grissom. Hauptdarsteller William Peterson, dessen frühere Kinorollen wie «Leben und Sterben in L.A.» und «Manhunter» nicht unbedingt seine persönliche Straße zum großen Starruhm gepflastert haben, fand in Grissom einen durchaus passenden Avatar für seine Fähigkeiten als Schauspieler. Seine Darstellung als genialer, allwissender Wissenschaftler, der jedoch sozialer Außenseiter (und wahrscheinlich irgendwo auf dem Asperger-Spektrum angesiedelt) war, verlieh einer potentiell langweiligen Rolle einen eigenwilligen Spin, und man sollte nicht unterschätzen, wieviel Arbeit Autoren und Schauspieler in eine solche Figur stecken, um sie dreidimensional und greifbar erscheinen zu lassen.
Grissom war durch und durch Vollblut-Ermittler, der nie seine Arbeit kompromittierte, auch wenn es der politische Aspekt seiner Arbeit erforderte. Kein Wunder also, dass er nur die Nachtschicht leiten durfte. Dafür aber, und das ist für diesen Archetyp am wichtigsten, erhielten er und sein Team regelmäßig die Chance, sich mit den schauerlichsten Morden auseinanderzusetzen. Grissom war allerdings auch der herausstechendste Charakter der Serie, und als er nach der neunten Staffel dem Ruf der Theaterbühne folgte, konnte die Serie das nicht verwinden und zu alten Erfolgen zurückkehren. Auch wenn andere Darsteller wie Gary Dourdan und Marg Helgenberg zwischendurch ihren Abschied nahmen und durch Schauspieler wie Elisabeth Shue und Wallace Langham ersetzt wurden, hinterließ ihre Abwesenheit nie so ein klaffendes Loch, wie es der Abgang des Leitwolfes Grissom getan hat.
Dies liegt keinesfalls an den wechselnden Darstellern: Laurence Fishburne als schlechten Schauspieler zu bezeichnen, wäre mehr als vermessen, dennoch wirkt sein Auftritt als Peterson-Ersatz, trotz der ihm innewohnenden, beeindruckenden Präsenz, bestenfalls hölzern und humorlos. Auch die schauspielerischen Talente eines Ted Denson, der zuvor als bekiffter Verleger in der HBO-Comedy «Bored to Death» glänzen durfte, und die Nachfolge von Fishburne antrat, lagen größtenteils brach.
Es schien fast so, als hätten die Autoren schon mit der Figur des Grissom ihr kreatives Pulver verschossen und wüssten nichts mehr Interessantes mit ihren Nachfolgern anzufangen. Ein starkes Team benötigt einen ebenso starken Leitwolf, ohne diesen und gefangen in einer formelhaften Erzählstruktur, die nicht nur in einer, sondern gleich in drei Serien in einer Endlosschleife abgespult wurde, wundert es nicht, dass der Zuschauer übersättigt war. Das langsame, aber sichere Ende von «CSI» nahm seinen Anfang. Symptomatisch dafür ist, dass 2012 «CSI: Miami» und 2013 «CSI: New York» abdankten und in Vergessenheit gerieten.
Es gibt 7 Kommentare zum Artikel
12.05.2016 21:53 Uhr 5
20.12.2018 09:13 Uhr 6
20.12.2018 23:21 Uhr 7