Der «Bad Neighbors 2»-Star und -Ko-Autor kritisiert die Wortwahl in seinem früheren Hit «Superbad».
Seth Rogen ist einer meiner Lieblingsstars aus Hollywood. Der «Beim ersten Mal»-Star mag nicht der vielseitigste Schauspieler seiner Generation sein, selbst wenn er unter anderem in «Steve Jobs» bewiesen hat, mehr zu können, als den gutmütigen, etwas verplanten Buben zu spielen. Doch innerhalb seiner Schublade zählt er für mich zu den Besten, zumal er es versteht, seinen Loser-Typen eine glaubwürdige Prise an Herzlichkeit mitzugeben. Dies zeigt sich auch in Rogens Arbeiten als Produzent und/oder Autor. Ob «Superbad», «50/50» oder gar die Weltuntergangskomödie «Das ist das Ende»: Nicht nur der flach-derbe Humor liegt Rogen, sondern auch die Kunst des nachdenklichen Zwischentons.
Obendrein wirkt Rogen in Interviews und Making-of-Videos stets sehr gelassen, selbstironisch und, wenn die Gelegenheit es gebietet, auch selbstkritisch. Da kann man Rogen schonmal zu den großen Namen aus Hollywood zählen, auf deren Arbeiten man besonders gespannt ist, oder? Und durch «Bad Neighbors 2» ist Rogen in meiner Gunst erneut um Einiges nach oben geschnellt – sowohl angesichts des Filmes selbst als auch angesichts dieses Interviews, in dem sich der Schauspieler, Regisseur, Produzent und Drehbuchautor an die eigene Nase fasst:
Rogen gibt zu Protokoll, dass in seinen früheren Arbeiten Gags vorkommen, die man als anmaßend homophob betrachten könnte. Als Beispiel nennt er seine Komödie «Superbad» über ein Trio an unpopulären High-School-Kids. Rogen erläutert, wie es zu den fragwürdigen Sprüchen im Film kommen konnte: «Superbad» erzählt seine Geschichte aus der Sicht pubertierender, sich in Machogehabe übenden Jungs, und dieser Menschenschlag spreche leider so. Gleichwohl räumt Rogen sein Versagen als Filmemacher ein und merkt an, dass er diese Sprache möglicherweise glorifiziert hätte.
Nicht, dass Rogen selber homophob sei. Er kokettiert mit großem Vergnügen und ohne Scheu mit seinen Fans aus der LGBT-Community und posierte bereits für das Queer-Fotomagazin 'PINUPS'. Doch Rogen musste, wie viele andere Comedyautoren, noch reifen. Und dieser Reifeprozess schreitet dank Social Media schneller voran denn je. Noch 2007 konnte selbst jemand, der so liberal ist wie Rogen, denken, dass die Sprüche in «Superbad» niemanden verletzen würden. „Das wird man schon noch als dumme, harmlose Alberei verstehen“, war damals vielleicht der Gedanke.
Nun aber kommt das Feedback auf heikle Pointen schneller, lauter und persönlicher. Und Rogen zieht die richtigen Lehren daraus: Ihm tun die schwächsten Momente aus «Superbad» leid. Der von Rogen mitverfasste Spaß «Bad Neighbors 2» ist in gewisser Weise eine Entschuldigung für seine einstigen Patzer: In «Bad Neighbors 2» macht eine männliche Figur einer anderen einen Heiratsantrag, und niemand im Film kommentiert dies abfällig. Es ist in «Bad Neighbors 2» berechtigterweise das Normalste auf der Welt. Und im Anschluss an diese Szene demontiert «Bad Neighbors 2» die Frauen zu Lustobjekten degradierenden Partyszenen aus Teil eins und aus mehreren Jahrzehnten an männerzentrischen Teenie-Party-Filmkomödien.
Dabei wird «Bad Neighbors 2» nie zum humorlosen, den Zeigefinger erhebenden Problemfilm. Die Gagdichte bleibt ähnlich hoch wie im Original, nur rücken Rogen und Co. das Bild knapp bekleideter, nass gespritzter Frauen in eine neue Perspektive. Die Partywelt und den Rüpelkomödien-Kosmos wird «Bad Neighbors 2» so sicher nicht im Alleingang verändern. Doch wenn auch nur jeder Zehnte männliche Zuschauer künftig genauer darüber nachdenkt, bevor er Frauen auf Feten in die „Sei mal sexy!“-Ecke drängt, ist bereits ein Schritt nach vorne getan.
Gut gemacht, Seth!
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