Der April kannte diesmal kaum klare Verlierer: RTL zeigte ein ambivalentes Bild bei Gesamtpublikum und Zielgruppe, Sat.1 verharrte weit unten und VOX profitierte nun auch in der Breite von seinen Hits.
Ein weiterer Monat liegt hinter uns, in dem das öffentlich-rechtliche Fernsehen seine Vormachtstellung an der Spitze des Zuschauerrankings hat manifestieren können. Die beiden einzigen Ausstrahlungen mit zweistelligen Millionenreichweiten waren die Champions-League-Partien des FC Bayern in Madrid und Lissabon, die 11,69 und 10,21 Millionen Menschen erreichten. Der «Tatort» kam in der Spitze auf 9,85 Millionen Interessenten, die beiden Halbfinalspiele im DFB-Pokal verzeichneten Reichweiten von jeweils rund neun Millionen - wobei das Bayern-Spiel überraschend hinter der Partie von Hertha und Dortmund lag. Auch dahinter dauerte es lange, um große Publikumshits fernab des gewohnten Erfolgsrezepts "Krimi und Fußball" ausfindig zu machen. RTL kam einzig mit «Wer wird Millionär?» zumindest zweimal auf mehr als fünf Millionen Interessenten, dahinter positionierten sich «Let's Dance» sowie das Formel-1-Rennen in Bahrain am Sonntag ab 17 Uhr.
Auch bei den vermeintlich Privatsender-freundlicheren Zuschauern zwischen 14 und 49 Jahren dominierten ARD und ZDF das Geschehen, wobei sich ProSieben insofern freuen konnte, dass es hier im Gegensatz zu RTL zwei Mal mehr als zwei Millionen Zuschauer erreichte: Die letzte «Germany's Next Topmodel»-Folge des Monats mit 2,15 Millionen sowie der Sonntagabend-Blockbuster «Die Bestimmung - Divergent» mit 2,06 Millionen. Weit vorne waren neben den üblichen Verdächtigen überraschend auch «Sing meinen Song» bei VOX, das mit seinem Staffelauftakt tolle 1,77 Millionen junge Zuschauer und grandiose 16,1 Prozent Marktanteil generierte. Sat.1 hingegen wartete einmal mehr vergeblich auf einen wirklichen Hit und gelangte nur an einzigen Abend überhaupt einmal zur Primetime auf mehr als elf Prozent - ausgerechnet mit einem Rerun des Animationsfilms «Rapunzel - Neu verföhnt». Da hatte VOX auch fernab der Musikshow weitaus mehr zu bieten: «Grill den Henssler» kam am schwierigen Sonntagabend auf bis zu 11,1 Prozent, die hochgelobte Doku «Asternweg» verbuchte am Samstag sogar 12,8 Prozent.
Alle Zuschauer (April 2016)
ALLE ZUSCHAUER (APRIL)
11,5
11,3
12,6
12,9
10,0
9,6
3,7
3,5
5,4
5,2
7,4
7,4
5,2
5,3
3,8
4,1
Marktanteile in % | April 2016 ggü. März 2016
Auch wenn sich der Abstand zu Platz zwei und drei ein wenig verringerte, wurde das ZDF auch im April wieder recht eindeutig Marktführer: Mit 12,6 statt 12,9 Prozent wurde zwar der März-Wert recht klar unterschritten, allerdings war dieser eben auch der zweitbeste Marktanteil der gesamten Saison. Darüber hinaus schnitten die Mainzer weitaus besser ab als im Vorjahresmonat, wo man sich mit 12,2 Prozent ausnahmsweise einmal die Marktführung mit dem Ersten teilen musste. Von einem solchen Wert war der zweite große öffentlich-rechtliche Sender diesmal wieder weit entfernt, obgleich er sich immerhin leicht auf 11,5 Prozent zu verbessern wusste. An der Schwelle zur Zweistelligkeit lag derweil RTL, der als mit Abstand größter Privatsender auf 10,0 Prozent gelangte. Gegenüber den 9,6 Prozent vom März verbesserte er sich damit recht deutlich - allerdings war dies auch der zweitschwächste Marktanteil dieser Saison. Schon im vergangenen Jahr kämpften die Kölner um die Zweistelligkeit, verloren diesen Kampf angesichts von 9,9 Prozent damals jedoch um Haaresbreite.
Kopfschütteln dürfte derweil bei Sat.1 vorherrschen, mit weiterhin nur 7,4 Prozent wurde bereits zum fünften Mal in Folge der Sprung über die Marke von acht Prozent deutlich verfehlt - von der ursprünglichen Ambition, sich wieder in Richtung Zweistelligkeit vorzuarbeiten, mal ganz zu schweigen. Erstmals seit September setzte sich dagegen VOX gegen den Dauer-Wettbewerber ProSieben durch, was nicht zuletzt auch aus eigener Kraft gelang: Die 5,4 Prozent entsprachen dem höchsten Wert des bisherigen TV-Jahres, nachdem skurrilerweise in den vergangenen sieben Monaten sechs Mal am Monatsende 5,2 Prozent ausgewiesen wurden. ProSieben lag mit 5,2 Prozent auf gewohntem Niveau, seit September schwankten die Unterföhriger lediglich zwischen 5,1 und 5,4 Prozent. Ganz hinten pirschte sich RTL II wieder an kabel eins heran, mit 3,7 Prozent erreichten die Grünwalder knapp einen neuen Bestwert - nachdem im September und Februar 3,6 Prozent zu Buche gestanden hatten. Indes fiel kabel eins nur auf sein Normalniveau nach verblüffend starken 4,1 Prozent zurück.
Durchaus bemerkenswert ist ferner der Umstand, dass die Fragmentierung des deutschen Fernsehmarktes derzeit eine kleine Pause einzulegen scheint. Nachdem man zuletzt zwischenzeitlich quasi monatlich neue Rekordtiefs hinzunehmen hatte, scheint man sich seit September bei etwa 59 bis 60 Prozent des Gesamtpublikums stabilisiert zu haben. Im April wurden nun 59,6 Prozent ausgewiesen und damit sogar minimal mehr als zuletzt im März - wenngleich gegenüber den 60,6 Prozent vom Vorjahresapril dann doch zumindest ein Prozentpunkt verloren ging.
14- bis 49-Jährige (April 2016)
14- BIS 49-JÄHRIGE (APRIL)
6,6
6,5
5,8
6,0
12,7
12,8
6,1
5,6
7,0
7,0
9,0
8,8
10,9
10,9
5,2
5,4
Marktanteile in % | April 2016 ggü. März 2016
Weitgehende Stabilität war auch ein gutes Stichwort dafür, was sich beim jüngeren Publikum tat: Nämlich gar nicht mal so viel. Erstaunlich ist der Umstand, dass RTL im Gegensatz zum Gesamtpublikum bei den 14- bis 49-Jährigen nicht gegenüber dem Vormonat zulegte, sondern sogar leicht auf 12,7 Prozent zurückfiel. Damit setzte der Sender den Trend seit Jahresbeginn fort, wo dank «Ich bin ein Star» überragende 16,3 Prozent zu Buche gestanden hatten - anschließend ging es allerdings auf 13,4 bzw. 12,8 Prozent klar hinab. Den schwächsten Saisonwert erreichte man im Dezember mit gerade einmal noch 11,7 Prozent. Bei ProSieben, dem einzigen ernsthaften Konkurrenten um die Spitzenposition, kann man sich weiterhin dafür auf die Schultern klopfen, seit vielen Monaten grundsolide den bestehenden Marktanteil zu reproduzieren. Im direkten Vergleich mit dem April 2015 ist man somit der Marktführer damit eben doch ein Stück weit näher gekommen, schließlich erreichte RTL vor einem Jahr noch deutlich bessere 13,2 Prozent, während man selbst bei minimal schwächeren 10,7 Prozent lag.
Der Bronzerang geht weiterhin an ein müdes Sat.1, das mit 9,0 Prozent von der Zweistelligkeit nach wie vor sehr weit entfernt ist, aber zumindest derzeit nicht weiter an Boden verliert. Etwas anders sieht es aus, sobald man das April-Niveau des Vorjahres beäugt, das nämlich noch 9,5 Prozent betrug. Auf einen schönen Erfolg kann VOX verweisen, das zum zweiten Mal hintereinander auf 7,0 Prozent kommt und damit derzeit also auch in der Breite für seine Show-Hits wie «Sing meinen Song» oder «Grill den Henssler» belohnt wird. Den größten Sprung hingegen legt RTL II hin, das mit 6,1 Prozent erst zum vierten Mal in diesem TV-Jahr die Sechs-Prozenthürde nimmt. Damit liegt man mittlerweile wieder fast einen Prozentpunkt vor kabel eins, nachdem man sich im Dezember erstmals seit langem wieder geschlagen geben musste.
Bei den Öffentlich-Rechtlichen ist Das Erste anders als beim Gesamtpublikum dem Zweiten weiter deutlich überlegen und steigerte sich im April sogar leicht auf 6,6 Prozent, während die Mainzer weiterhin auf dem siebten Platz im Senderranking liegen. Kumuliert kamen die "Big Eight" auf 63,3 Prozent, ähnlich wie beim Gesamtpublikum scheint damit eine Stabilisierung gelungen zu sein - zumindest saisonintern, denn gegenüber dem April des vergangenen Jahres verloren sie dann eben doch wieder deutlich. Vor einem Jahr wurden schließlich noch 64,7 Prozent verzeichnet.
Alle Zuschauer (Fernsehjahr)
ALLE ZUSCHAUER (FERNSEHJAHR)
11,6
11,6
12,5
12,7
10,2
10,2
3,5
3,9
5,2
5,2
7,6
8,1
5,3
5,5
3,8
3,7
Marktanteile in % | Sep. 2015 – Apr. 2016 ggü. Sep. 2014 – Mai 2015
Relativ ereignisarm präsentiert sich der TV-Markt derzeit auch im Vergleich zur Vorsaison, wenn man seinen Blick nur auf das Treppchen richtet: Das ZDF dürfte das im Mai endende TV-Jahr wohl mit einem leichten Minus beenden, während Das Erste und RTL sogar noch die Möglichkeit haben, sich ein wenig zu steigern. Bei RTL erscheint dies allerdings fraglich, schließlich kam man nach dem Oktober nicht mehr auf überdurchschnittliche Werte - abgesehen natürlich vom Januar, der mit seinen 11,7 Prozent die Gesamtbilanz ganz schön aufhübscht. Etwas weiter hinten mehren sich dann aber doch die Verlierer, wobei zumindest diesbezüglich Sat.1 weit vorne mitmischt: Die 8,1 Prozent aus der Vorsaison werden wohl deutlich verfehlt, nach acht von neun relevanten Monaten liegt man bei gerade einmal 7,6 Prozent. Seit einem halben Jahr wurden die acht Prozent übrigens nicht mehr erreicht, einzig im September und Oktober überbot man diese Marke knapp.
Ganz halten wird ProSieben die 5,5 Prozent aus der Vorsaison wohl auch nicht, aber mit nach derzeitigem Stand 5,3 Prozent hält man sich wohl recht schadlos. Der Abstand zu VOX schrumpft damit jedoch erheblich, wozu letztgenannter Kanal gar nicht mehr beitragen muss, als seine 5,2 Prozent aus der vergangenen Saison zu wiederholen. Und ganz hinten? Dort überholt kabel eins den Konkurrenten RTL II, was zum einen durch eine leichte Steigerung des eigenen Marktanteils erreicht wurde, in erster Linie aber dem deutlichen Fall von 3,9 auf 3,5 Prozent beim Konkurrenten geschuldet ist. Unterm Strich werden die großen acht Sender wohl nicht mehr so deutlich zurückfallen wie in den vergangenen Jahren, mit nur noch 59,5 statt 60,9 Prozent lassen sich die Belastungen durch die Fragmentierung allerdings auch nicht komplett wegdiskutieren. Der Markt wird weiterhin breiter - und die Großen weiterhin fast durchweg ein wenig kleiner.
14- bis 49-Jährige (Fernsehjahr)
14- BIS 49-JÄHRIGE (FERNSEHJAHR)
6,6
6,6
5,8
6,0
13,3
13,4
5,8
6,2
6,7
6,9
9,0
9,6
10,9
11,1
5,1
5,3
Marktanteile in % | Sep. 2015 – Apr. 2016 ggü. Sep. 2014 – Mai 2015
Im Gleichschritt minimal bergab wird es wohl für RTL und ProSieben gehen, die mit 13,3 bzw. 10,9 Prozent beide nicht ganz an die Vorsaison anknüpfen können, gleichwohl aber von wirklichen Einbrüchen verschont bleiben. Vor allem für die Kölner ist dies ein bedeutsamer Umstand, befanden sie sich doch in den vergangenen Jahren im freien Fall. Wie trügerisch allerdings eine solche Ruhe auch gerne einmal sein kann, stellt Sat.1 eindrucksvoll unter Beweis: Auch dieser Sender hatte sich über mehrere Jahre hinweg mit deutlichen Einbrüchen auseinanderzusetzen, wusste im Vorjahr dann das Ruder rumzureißen - um nun die nächste Klatsche zu bekommen: Mit einem Abstieg von 9,6 auf 9,0 Prozent wird man wohl die deutlichsten Verluste aller großen Sender hinnehmen müssen - sogar noch vor RTL II, das sich zuletzt wieder ein bisschen gefangen hat, mit 5,8 Prozent aber dennoch so schlecht da steht wie seit vier bis fünf Jahren nicht mehr.
Bei VOX nähert sich derweil eine bewegte Saison dem Ende, hat der Sender doch einerseits viele positive Schlagzeilen gemacht und viele Hits etablieren können. Auf der anderen Seite haben sich vor allem im Bereich der internationalen Serien einige Formate als Ladenhüter entpuppt und auch der Vorabend verliert weiterhin an Zugkraft - zwei Gründe, weshalb es in der Gesamtbilanz dennoch leicht bergab gehen wird. Nicht unproblematisch ist die Entwicklung von kabel eins, das mit nur noch 5,1 Prozent dasteht und sämtlichen großen Mitbewerbern weiterhin klar unterlegen ist. Auch das ZDF setzt seinen Abwärtstrend fort und wird wohl erstmals weniger als sechs Prozent des jungen Publikums erreichen, während Das Erste weitgehend die Stellung hält. Alles in allem liegen die großen Sender bei kumulierten 63,2 Prozent - fast zwei Prozentpunkte weniger als am Ende des TV-Jahres 2014/15.
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