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Kritik: «Sing meinen Song» - Weiter auf Erfolgskurs?

Yiiha! Mit der dritten Episode der neuen Staffel ist es Zeit für ein kurzes Fazit: Sind nur die Quoten gut, oder hat das Format auch noch das nötige Feuer? Wie funktionieren die Promis? Jetzt nachlesen.

Der Live-Ticker zum Nachlesen

Hier könnt ihr den Liveticker zur heutigen dritten Show nochmal nachlesen.
Kennen Sie René van Kooten, Willeke Alberti, Brownie Dutch oder Sharon Doorson? Nein? Das macht nichts. Diese Damen und Herren dürfen sich «Die besten Sänger der Niederlande» nennen und ab dem 21. Mai im dortigen TV als eben solche auftreten. Seit 2009 gibt es die TV-Show im Land der Deiche. Sie war Vorbild für ein deutsches Format, das derzeit einige Grenzen sprengt: «Sing meinen Song».

Schon vor sieben Jahren wurde die Führungsriege von VOX auf die niederländische Musik-Show aufmerksam, es dauerte aber Jahre, ehe man mit Xavier Naidoo einen passenden Präsentator gefunden hatte. Im Mutterland übrigens gab es von diesen Hosts schon drei: Edsilia Rombley im Jahr 2009, Victor Reinier in den beiden Jahren darauf und seit 2012 Jan Smit. Kennen Sie auch nicht? Gar nicht schlimm. Übrigens: Zur deutschen Version hebt man sich in noch zwei Punkten ab. Das Original hat eine Laufzeit von nicht einmal einer Stunde und wurde bis auf eine Ausnahme immer auf Ibiza hergestellt.

Für die deutschen Sänger ist hingegen Südafrika der Schauplatz für unvergessliche musikalische Stunden. In der derzeit dritten Staffel zeigt VOX Nena, die Cowboys von The BossHoss, Seven, den Rapper Samy Deluxe, Wolfgang Niedecken und Annett Louisan. Die kennt man in der Regel allesamt.

(Ein Hoch) Auf uns


Das Tauschkonzert war in Deutschland von der ersten Folge an ein absoluter Renner: 11,1 Prozent der klassisch Umworbenen sahen etwa die Premierenfolge, die VOX am 22. April 2014, also vor fast genau zwei Jahren im Programm hatte. In der Woche danach ging es zwar auf rund sieben Prozent bei den Umworbenen nach unten, das aber lag einzig daran, dass parallel zum Tauschkonzert im ZDF der FC Bayern München in der UEFA Champions League gegen Real Madrid anzutreten hatte.

Und so kam es, dass sich die Sendung am darauffolgenden Dienstag, an dem das ZDF kein Live-Spiel zeigte, schon auf 12,2 Prozent Marktanteil steigerte. Das sollte zugleich auch der Staffelbestwert sein. Im weiteren Verlauf der ersten Season fiel die VOX-Show noch einmal in den einstelligen Bereich, bewegte sich sonst aber immer knapp über zehn Prozent. Unter dem Strich standen nach acht Sendungen somit durchschnittlich cirka 10,3 Prozent Marktanteil bei den Zuschauern zwischen 14 und 49 Jahren.

Staffel 2 setzte direkt noch einen obendrauf. VOX begann diese im Jahr 2015 etwas später, schließlich hatte man im Juni kein großes Fußball-Event, dem man aus dem Weg gehen musste. Am 19. Mai legte die Produktion somit direkt mit einem Bestwert los: 13,8 Prozent Marktanteil standen im Schnitt zu Buche. Der große Vorteil des frühen Starts: Es gab keine Champions League-Abende mehr, die die Quote drückten. Dafür aber eine U21-WM in Sat.1, die nicht ganz so viel Aufsehen, mitunter aber doch mehr als sieben Millionen TV-Zuschauer erregte.

Entsprechend fiel die zweite Folge (sehr weich) auf 10,4 Prozent, was der Negativrekord der ganzen Staffel war. Danach hielten sich zwei Folgen bei 13 Prozent und mehr, ehe die fünfte Episode mit Hartmut Engler den Bestwert von 15 Prozent markierte. Das Staffelfinale des Formats kam schließlich auf 10,9 Prozent Marktanteil – unter dem Strich steigerte man die Quoten also auf bombastische 12,4 Prozent in der klassischen Zielgruppe.

Und: Staffel drei sollte ein Jahr später sogar mit noch besseren 16,1 Prozent und einem All-Time-Rekord starten. Die Frage war also: Beste Voraussetzungen oder zu hochliegende Latte?

Dieser Weg (wird kein leichter sein)


Standen im Zentrum der ersten Staffel noch die großen Gefühle und der unbedingte Wille der Musiker, sich auf das Genre der Kollegen einzulassen und einen Mix aus eigenem Empfinden und Intention des Originals zu finden, bröckelte dieses Bild bereits mit Runde 2 zunehmend.

Im ersten Jahr hatte man eine wunderbare Mischung aus eher balladesk bis cool-gechillt veranlagten Künstlern (Andreas Gabalier, Gregor Meyle, der kürzlich verstorbene Roger Cicero oder Sarah Connor) und Vertretern ganz anderer Genres (Sandra Nasic von den Guano Apes) oder dem Spaßrocker Sasha gefunden. Allesamt brachten viel Herz in die Sendung und überzeugten bei verschiedenen Gelegenheiten mit Einfühlungsvermögen und Anpassungsfähigkeit - ohne sich dabei zu sehr selbst zu verlieren oder eben nur zu produzieren. Besonders blieben Sarah Connors Ausflüge in die deutsche Sprache ("Zuckerpuppen", "Keiner ist wie du", "Nicht von dieser Welt") im Gedächtnis und führten die begnadete Frontfrau schließlich sogar zu ihrem ersten komplett deutschsprachigen Album "Muttersprache". Zudem überzeugte Xavier Naidoo als interessierter Host und natürlich auch einzigartiger Sänger.

Das zweite Jahr verlief zwar durchaus ähnlich - aber doch irgendwie anders. Hier überraschten zwar besonders Daniel Wirtz mit sentimentalen Tönen ("Wenn sie diesen Tango hört") und die fast vergessene Yvonne Catterfeld mit ihrer Bandbreite, doch blieb auch vieles beliebig. Weder Die Prinzen noch Andreas Bourani oder Hartmut Engler konnten wirklich aus ihren festen Schemata ausbrechen, was besonders bei Engler zu einer PUR-Dauerschleife quer durch alle anderen Künstler führte. Auch Naidoo zeigte Abnutzungserscheinungen, da er offenbar ebenfalls zu wenig bereit war, aus seinem persönlichen Erfolgsprinzip herauszukommen, beziehungsweise seine Comfort-Zone zu verlassen. Zudem entwickelten seine unglaubwürdigen Superlative ("Sensationell!", "Unfassbar!", "Atemberaubend!") einen dezenten Nervfaktor.

Dabei muss natürlich angemerkt sein, dass diese postive Haltung den Leistungen der Kollegen gegenüber einfach Kern der Show sind - hier geht es nicht um Kritik oder Besserwisserei, hier will niemand den Musikerpolizisten spielen. Somit zelebriert Xavier Naidoo als Gastgeber hier schlicht zurecht das Wunder von Musik - und überzieht dabei eventuell beizeiten. Schlimm ist das selbstverständlich nicht. Wer keine Kariesprobleme fürchtet, kann die Show somit als eine Art von musikalischer Dauerzuckerwatte genießen - herrlich süß, hier und da klebrig, aber eben auch eine Sünde wert.

Die bisherige Staffel - die man zu diesem Zeitpunkt zumindest schon bedingt bewerten kann - setzt die meisten angesprochenen Trends fort. Die erste Show über Nena punktete glasklar mit dem Bekanntheitsgrad ihrer Songs - ähnliches war vergangenes Jahr bei der Engler-Ausgabe geschehen. Eine Woche darauf war es hingegen ungleich schwerer, als die hierzulande vollkommen unbekannten Songs des Schweizer Sängers Seven an der Reihe waren. Zudem taten sich besonders Niedecken und Samy Deluxe noch schwer, ihre ausgetretenen Pfade zu verlassen.

In der dritten Ausgabe nun hatten wir es mit einem Mittelding zu tun - die Jungs von The BossHoss sind zwar dem deutschen Publikum durchaus bekannt und standen just auch durch ihre Jurytätigkeit bei «The Voice of Germany» im Fokus, ihre Songs jedoch sind vielen immer noch nicht geläufig.

Nena hielt sich zum Start gemeinsam mit Tochter Larissa an den größten Hits des abendlichen Portfolios: "Don´t Gimme that". Heraus kam eine wunderbar schräge Girlie-Power-Pop-Rock-Nummer, die Elemente der 50er, 60er und 80er verband und einfach Spaß machte. Danach überraschte Wolfgang Niedecken mit Johnny-Cash-Coolness, als er den Song "My personal Song" mit sinngemäß ins Kölsche übersetzter Strophe und englischem Refrain interpretierte: Stark!

Samy Deluxe hingegen klammerte sich an das, was er kann: Er rappte die Nummer "Shake and Shout" - und erstaunlicherweise lieferte er damit ein Highlight des Abends. Er nahm die Texte der Jungs auf den Arm, sampelte das tolle Riff in einer völlig neuen Art und landete damit eine krachende Nummer. Mega! Nach einem kurzen Intermezzo der beiden BossHosslern war Annett Louisan an der Reihe und zeigte erneut die große Bandbreite der Show, als sie mit der Ballade "Closer" für Gänsehaut sorgte.

Im letzten Block machte dann Seven den Anfang: Seine Version von "Sex on legs" konnte jedoch nicht zünden. Irgendwo zwischen Stilmitteln von Jamiroquai und seinen eigenen Songs verlor sich die meditative Power des Originals. Zuletzt war es dann noch an Host Xavier Naidoo, den Song "Go! Go! Go!" aufzubereiten - eine solide Leistung, die erneut besonders die stimmlichen Qualitäten des Musikgenies zeigte.

In der Summe bleibt eine starke dritte Ausgabe mit größtenteils wunderbaren Versionen, jedoch einer etwas zurückhaltenden Chemie auf der Couch. Dennoch verhilft die heutige Show der aktuellen Staffel zu einem bisher positiven Anstrich - Abnutzungserscheinungen in Bezug auf Host und Rahmen muss man bei einem Format dieser Art schlicht einkalkulieren.

Irgendwie, irgendwo, irgendwann


Das ist jedoch ohnehin Klagen auf hohem Niveau. «Sing meinen Song» ist und bleibt eine wunderbar kreative und innovative Show im Einheitsbrei der deutschen TV-Landschaft und beschert VOX zurecht starke Reichweiten.

Somit hat Deutschland noch über einen Monat lang wundervolle Musikabende vor der Brust – und angesichts des großen Erfolgs auch dieser Staffel wohl sogar noch viele weitere Jahre. Der Blick nach Holland zeigt, dass man das Format quasi beliebig ausdehnen kann. Theoretisch auch mit wechselnden Gastgebern, sollte Xavier Naidoo nach drei Staffeln die Lust am Tauschkonzert verlieren.

Und: Auch andere Sender sind auf den Erfolg des Formats aufmerksam geworden. Ende Mai wird sich ProSieben an einem ähnlich gelagerten Format namens «Musicshake» ausprobieren. Als Gastgeber hat die rote Sieben einen Sänger auserkoren, der TV-Erfahrung in «The Voice of Germany» sammelte und dort zwei Jahre lang sogar zusammen mit Xavier Naidoo auf den roten Stühlen saß: Rea Garvey.

«Sing meinen Song - Das Tauschkonzert» läuft Dienstags ab 20.15 Uhr auf VOX. Sampler zu den ersten beiden Staffeln sind im Handel erhältlich.
26.04.2016 22:03 Uhr Kurz-URL: qmde.de/85136
Björn Sülter

super
schade

80 %
20 %

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Tags

Das Tauschkonzert Die besten Sänger der Niederlande Musicshake Sing meinen Song Sing meinen Song - Das Tauschkonzert The Voice of Germany

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Es gibt 3 Kommentare zum Artikel
Gnutzhasi
27.04.2016 17:28 Uhr 1
Wer sich etwas auskennt, der weiß, dass diese scheinheilige Freundschaft Kalkül ist. Sicher eine nette Musiksendung, aber hinter den Kulissen sieht es anders aus. In erster Line promotet sich da jeder und das gemeinsame Album. Allerdings ist mittlerweile etwas der Lack ab. Irgendwie muß auch da mehr Spannung aufgebaut werden. Samy hat gestern dankenswerterweise den ersten Step getan.
P-Joker
27.04.2016 17:59 Uhr 2


Und das hat dir jetzt genau wer der Beteiligten erzählt?

Hat das von denen wirklich mal jemand erzählt, oder spinnst du dir das nur zusammen?



Aus einigen Interviews mit Beteiligten der ersten beiden Staffeln war genau rauszuhören,

das dort teilweise echte Freundschaften entstanden sind.



Das machst du also alleine an Sammy Deluxe aus?

Es sieht doch ein Blinder mit Krückstock, das zwischen ihm und den anderen (außer vielleicht Naidoo) die Chemie nicht stimmt!
Gnutzhasi
28.04.2016 12:45 Uhr 3
Ich arbeite bei der Recordcompany. Über Interviews sage ich lieber nichts. Natürlich wird keiner sagen dass er den Mitstreiter abgrundtief verachtet. Liegt doch in der Sache.
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