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«Ran an den Mann»: Gut gekämpft - und doch verloren

Mit einem ungewohnt liebevollen Studiobild, einigen gelungenen konzeptionellen Griffen und dem Engagement des wohl besten Kommentators für Unterhaltungsshows hat Sat.1 einiges richtig gemacht. Und doch verharrte das Potpourri aus «Mein Mann kann» und «Schlag den Raab» letztlich in der Beliebigkeit.

Infos zu «Mein Mann kann»

  • von 2010 bis 2013 insgesamt 4 Staffeln mit 25 Folgen
  • bis 2012 moderierten Britt Hagedorn und Harro Füllgrabe, letzte Staffel Oliver Pocher und Christine Theiss
  • lange Zeit mehrheitlich Normalo-Paare, in der kurzen letzten Staffel lediglich Promi-Pärchen
  • Konzept wurde in einige Länder verkauft (u.a. an ITV in Großbritannien)
Das Show-Aufgebot von Sat.1 liest sich schon seit einigen Jahren recht dürftig: Sieht man einmal von «The Voice» sowie den wenigen Wochen im Jahr ab, in denen man «Promi Big Brother» mittlerweile mit sehr beachtlichem Erfolg auf die Mattscheiben zaubert, bleiben die großen Quotenerfolge doch in aller Regel aus. Den verständlicherweise sentimentalen Blick zurück in eine bessere, von höherer Relevanz in diesem Genre geprägte Zeit haben die Verantwortlichen bereits seit einiger Zeit in konkrete programmplanerische Tätigkeiten transferiert - und legen derzeit ein einstiges Erfolgsformat nach dem anderen neu auf. In aller Regel wollte das kaum jemand sehen, sodass man es nun einmal damit versuchte, eine zumindest temporär recht erfolgreiche Spielshow («Mein Mann kann») unter einem neuen Titel zu recyclen («Ran an den Mann»). Was auf den ersten Blick nach einem Schritt klingt, der irgendwo zwischen Verzweiflung, Inspirationslosigkeit und eiskaltem Kosten-Nutzenkalkül anzusiedeln ist, war in seiner Umsetzung am Freitagabend überraschend gefällig. Und doch dürfte der Privatsender hiermit ein weiteres Mal auf die Nase fliegen.

Spielregulatorisch hat sich auf dem Papier zunächst einmal gegenüber dem Original nicht viel geändert: Standen sich zuvor noch vier Paare gegenüber, sind es nun derer fünf. Zu Beginn hat jedes Kandidatenpaar 10.000 Euro Spielgeld zur Verfügung, die es in insgesamt neun Spielen sowie einem Finale möglichst geschickt setzen muss, um sowohl im Rennen zu bleiben als auch nach Spiel neun zu den beiden punktbesten Duos zu gehören, die letztlich im Finale (wie schon von 2010-2013) um 50.000 Euro kämpfen. Bei jedem Spiel treten stets die beiden Männer an, deren Frauen in der jeweiligen Bieterrunde die höchsten Geldsummen gesetzt haben - mitsamt der neuen Möglichkeit, all in zu gehen und somit alles auf eine Karte zu setzen.

Mehr Spiel, viel Buschi


Sollten Sie «Mein Mann kann» das eine oder andere Mal verfolgt haben, werden Sie nach dieser kurzen Regelbeschreibung vielleicht das Bild vor Augen haben, wie Britt Hagedorn gemeinsam mit den weiblichen Akteuren an einer Art Pokertisch saß und in oftmals minutenlangen Bietritualen weitere Chips einforderte, die für gewisse Geldsummen standen. Intelligenterweise hat man dieses zähe und für den Zuschauer wenig gewinnbringende Element nun deutlich verschlankt: Die Frauen tippen nun lediglich noch auf einem Monitor ihre Summen ein, sodass man ratzfatz die jeweilige Spielpaarung vorliegen hat. Das eröffnet die Möglichkeit, den Fokus deutlich stärker auf das eigentliche Spielgeschehen zu richten - was in einer klassischen Spielshow nicht der schlechteste Schritt ist, den man vollziehen kann.

Vor allem ist es dann nicht der schlechteste Schritt, wenn man mit Frank Buschmann einen Kommentator mit im Boot hat, dem der Ruf vorauseilt, selbst ein dreistündiges Raufasertapeten-Wettanstarren so zu kommentieren, als sähe man da auf der Mattscheibe gerade eine Symbiose aus Super Bowl, Fußball-WM-Finale und dem 100m-Weltrekord-Lauf von Usain Bolt. Und es mutet in der Tat ein wenig skurril an, dass diese Sendung gleich ein wenig - wenn auch wirklich nur ein klein wenig - «Schlag den Raab»-Spirit bekommt, sobald Buschi gewohnt enthusiastisch beim Eindrehen von Glühbirnen oder Öffnen von Bierflaschen mit verschiedenen Hilfsmitteln mitgeht. Überhaupt haben sich die Macher durchaus Mühe bei der Konzeption und Umsetzung der Spiele gegeben, komplette Reinfälle gibt es hier nicht.

Das Problem ist hier nur: Nachdem in den vergangenen Wochen «Teamwork» sowie die aufgemotzte Live-Version von «Schlag den Star» hinsichtlich der Kreation begeisternder Spielideen richtige Bretter vorgelegt haben, wirkt das hier Gebotene eben doch eher wie eine Sparversion dessen. Die Spiele sind keineswegs schlecht, aber unterm Strich sind sie eben doch "nur" gut - es hätte also des einen oder anderen Alleinstellungsmerkmals bedurft, um die Sendung zum neuen Talk of the Town zu machen.

Die Carpendales: Bemühte Perfektionisten ohne Konturen


Das Moderatorenduo jedenfalls stellt keines dieser Alleinstellungsmerkmale dar, das dem Format gut getan hätte. Wayne und Annemarie Carpendale für eine Sendung zu engagieren, in der Paare gegeneinander antreten, ist zwar prinzipiell kein dummer Gedanke, aber wohl eher auch keiner, der ihre Erfolgsaussichten steigern würde. Wayne ist bereits mit «Deal or no Deal» und «Nur die Liebe zählt» mehr oder minder deutlich auf die Nase geflogen, weil er schlicht zu wenige Menschen davon überzeugen konnte, dass die altbekannten Rezepte unter seiner Leitung mindestens genauso gut munden wie zuvor unter Guido Cantz bzw. Kai Pflaume. Dabei ist ihm objektiv wenig vorzuwerfen: Er moderiert alles solide runter, wirkt regelsicher und ist stets Herr der Lage - allerdings eben leider auch mit einer Ausstrahlung ausgestattet, die den Zuschauer in der Regel nur desinteressiert mit den Schultern zucken lässt. Seine Partnerin hat sichtlich Spaß dabei, auf den alten Geschlechterklischees herumzureiten, was auch ein wenig von der Show forciert wird. Zumeist ist sie allerdings auch relativ alleine mit ihrem Spaß.

Dabei hätte ein Moderator gut getan, dem es gelingt, die vielen Kandidatinnen und Kandidaten ein wenig aus der Reserve zu locken und ihnen ein wirkliches Gesicht zu geben, mit dem sich sympathisieren oder zu dem sich alternativ zumindest Antipathien aufbauen lässt. Den Carpendales gelingt dies kaum und so bleibt es relativ egal, wer wann welches Spiel gewinnt oder verliert. Das ist ein wenig bedauerlich in Anbetracht der Mühe, die sich die Produktion gegeben hat - übrigens auch im Bezug auf das Studio, das ungewohnt groß und liebevoll in Szene gesetzt wirkt für solch eine vermeintliche Routine-Allerweltsshow. Besonders sticht hier die zweistöckige Fläche inmitten des Studios hervor, in deren Erdgeschoss die Männer beinahe wie Pferde in der Startbox sitzen, während die Sitzgelegenheiten der Ladys ungleich luxuriöser wirken.

Wie hat Ihnen der Auftakt von «Ran an den Mann» gefallen?
Sehr gut, ich freue mich schon auf die weiteren Folgen.
27,6%
War in Ordnung, da kann man zumindest mal reinschauen.
24,4%
Ganz mies, das muss ich nicht noch einmal sehen.
26,8%
Habe es (noch) nicht gesehen.
21,2%


Fazit: Viel gegeben, wenig erreicht


Nein, schlecht ist «Ran an den Mann» wahrlich nicht - man kann sogar so weit gehen, dass es sich gegenüber dem Original in einigen Punkten deutlich gesteigert hat: Das Spielprinzip wirkt flüssiger und dynamischer, optisch macht die Show deutlich mehr her und mit Buschmann hat man einen sehr guten Kommentator engagieren können. Dass einem trotzdem über weite Strecken hinweg egal ist, was wann bei welchem Spiel geschieht, ist einerseits auf die wohl etwas zu hoch angesetzte Zahl der Kandidaten zurückzuführen, ist ein Stück weit den eher farblose Moderatoren geschuldet, welche kaum spontane und authentisch wirkende Gesprächssituationen mit den Spielern kreieren und kann darüber hinaus auch noch zu einem gewissen Teil daran liegen, dass hier eben doch nur nach altbekannten Rezepten gekocht wird, die schon mehrfach noch schmackhaftere Menüs hervorgebracht haben. Und ob Sat.1 im direkten Wettbewerb mit «Let's Dance» eine Unterhaltungsshow reicht, die letztlich das Prädikat "ganz okay mit Potenzial zu gut" abstaubt, ist äußerst fraglich.

Wer sich selbst ein Bild davon machen oder nach Sichtung der Auftaktfolge am Ball bleiben möchte, hat dazu noch an den kommenden drei Freitagabenden die Gelegenheit - immer um 20:15 Uhr in Sat.1.
16.04.2016 07:30 Uhr Kurz-URL: qmde.de/84995
Manuel Nunez Sanchez

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