Jan Böhmermann erhielt am Freitag die „Besondere Ehrung“ des Grimme-Stifters. „Drastische Provokationen“ mindern seine Gesamtleistung bei strittigen gesellschaftlichen Debatten nicht, so die Grimme-Direktorin.
Mit #Varoufake gelang Jan Böhmermann einer der größten Medien-Coups des vergangenen Jahres. So gut umgesetzt, dass er hierfür sogar den Grimme-Preis erhielt. Doch aufgrund der Debatte um sein Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten Recep Erdoğan aus der «Neo Magazin Royale»-Folge vom 31. März blieb er der Verleihung fern. „Ich fühle mich erschüttert in allem, an das ich je geglaubt habe. Mein Team von der Bildundtonfabrik und ich bitten um Verständnis, dass wir heute Abend nicht in Marl feiern können“, gab er auf Facebook bekannt.
Die Stifter des Grimme-Preises, der Deutsche Volkshochschulverband (DVV), zeichnete Jan Böhmermann am Freitagabend überraschend mit der „Besonderen Ehrung“ aus. Trotz des Schmähgedichts habe „er sich schon heute um das Medium Fernsehen und vor allem seine Zukunft verdient gemacht“. Die Grimme-Direktorin Dr. Frauke Gerlach sagte, dass Böhmermann ein „streitbarer Satiriker“ sei, der „die Grenzen des Möglichen immer wieder auslotet und sich auch vor der Auseinandersetzung mit gesellschaftlich brisanten Themen“ nicht scheue. „Er ist ein würdiger Preisträger, weil er uns die Wirkungsmechanismen öffentlicher Meinungsbildung in der modernen Mediengesellschaft vor Augen führt. Dass er dabei auch zu drastischen Provokationen greift, mindert seine Gesamtleistung und seinen Beitrag zu strittigen gesellschaftlichen Debatten nicht.“
Die Präsidentin des DVV und Ministerpräsidentin des Saarlands Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ergänzte: „Die 'Besondere Ehrung' wird Jan Böhmermann verliehen, weil er sich immer wieder als leidenschaftlicher Medienmacher hervorgetan hat. Er verdeutlicht Grenzen, gerade auch, indem er sie überschreitet. Information, Aufklärung, Unterhaltung finden bei ihm zu einer neuartigen Einheit, die uns allen auch ein neues Maß an Medienkompetenz abverlangt. Mühelos überspringt er alle Mediengattungen, ist innovativ und beispielhaft für die Entwicklung des Fernsehens in der digitalen Konvergenz.“
Der DVV will mit dieser Auszeichnung gleichzeitig ein Signal setzen – „für eine offene, mutige mediale Zukunft, in der Information, Aufklärung und Unterhaltung gleichberechtigt und auf allen Kanälen und Ausspielwegen miteinander verwoben ihren Platz haben. Für eine mediale Zukunft, in der große und kleine Sender, Altes und Neues, das Netz und seine Facetten nicht mehr nach etablierten Rangfolgen nachgeordnet, sondern konvergent und gleichzeitig sind. Für eine mediale Zukunft, in der Macherinnen und Macher mit Nutzerinnen und Nutzern auf Augenhöhe dialogisch verhandeln, was relevant und gesellschaftlich wichtig ist. Mit heiligem Ernst – aber auch diebischem Spaß.“
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