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Die Kritiker: «The Interceptor»

Die BBC-Serie «The Interceptor» findet den Weg zu ZDFneo – und wird gleichwohl schnell wieder in Vergessenheit geraten. Zurecht?

Cast & Crew

Vor der Kamera:
O.T. Fagbenle («Looking») als Marcus „Ash“ Ashton, Lorraine Ashbourne («Jane Eyre») als Valerie, Lee Boardman («Love’s Kitchen – Ein Dessert zum Verlieben») als Xavier, Trevor Eve («Waking the Dead») als Roach, Ewan Stewart als Cartwright, Anthony Grundy als Bernie, Jo Joyner als Lorna, Robert Lonsdale als Tommy, Anna Skellern («The Descent 2») als Kim, Jeany Spark als Gemmill und andere


Hinter den Kulissen:
Regie: Farren Blackburn, Julian Holmes, Richard Senior und Cilla Ware, Bücher: Tony Saint, Simon Allen und Mark Catley, Musik: Paul Thomson, Kamera: Damian Bromley, Shane Daly und andere, Schnitt: Ben Drury, Mike Philipps und andere, Produktion: BBC Drama Production

Ash ist Überzeugungstäter. Als Kind musste er beobachten, wie sein eigener Vater die Waffe auf einen Drogenabhängigen hielt – mit tödlichem Ende für den Süchtigen. Seitdem wollte Ash nichts anderes, als Drogenkriminalität zu bekämpfen. Doch als Zollfahnder schafft es der Protagonist nur gelegentlich kleine Fische einzufangen, an die fetten Brocken – die für den ganzen Zirkus in Wahrheit verantwortlich sind – kommt er in seiner Position nicht ran. Dennoch wäre es zynisch zu behaupten, dass es sein Glück ist, wenn bei einer von ihm mitgeleiteten Observation sein Partner Tommy schwer verletzt wird. Zumindest aber bringen die Konsequenzen auch Positives mit sich: Zwar wird Ash suspendiert und ist von Tommys Verletzung mitgenommen, jedoch bietet ihm die Spezialeinheit UNIT eine Stelle an, in der er mithelfen soll, die Drahtzieher der Drogenszene aus dem Untergrund zu fischen und dingfest zu machen – genau der richtige Job für Ash also. Schon alleine für den halbwegs sinnvollen Verlauf einer Krimiserie ist allerdings auch klar: Ganz einfach ist es nicht, die Drogenbosse hinter den mafiösen Strukturen zu stellen.

Auf den Titel «The Interceptor» hört die Serie, die diese Geschichte erzählt und stammt aus der britischen Programmschmiede BBC Drama Production, die auch «Doctor Who» oder «Luther» verantwortet. In Deutschland zeigt ZDFneo die acht Folgen der ersten (und womöglich einzigen) Staffel. Die im Vereinigten Königreich 2015 gestartete Krimiserie um Ermittler Ash tut gut daran, schnell von der Arbeit beim Zoll abzukehren. Zwar sind die ersten Sequenzen der Zoll-Observation durchaus pointiert und einigermaßen unterhaltsam (Die Ermittler verwickeln den Täter in ein Gespräch über Horoskope, um ihm dann mitzuteilen, dass er dran ist.); jedoch steckt in der Beobachtung der Arbeit von Zoll-Beamten allgemein gefühlt gerade einmal das Potenzial, um eine nachmittägliche kabel eins-„Doku“ mäßig unterhaltsam zu gestalten. Insofern ist es nötig, dass Ash die Fronten wechselt. Aber wer sich noch gut an den Mathematik-Unterricht erinnert, der weiß, dass eine notwendige Bedingung nicht immer auch hinreichend ist. So kommt es dann, dass die UNIT zwar als coolste Truppe diesseits der Hemisphäre charakterisiert wird und schon in einem lässigen Intro nur so vor allerlei Hormonen strotzt, aber halt irgendwie inhaltlich nicht allzu viel Überraschendes auf die Kette bringt.

Hohes Erzähltempo mit Ermüdungserscheinungen


Steckbrief

Frederic Servatius schreibt seit 2013 für Quotenmeter. Dabei ist er zuständig für Rezensionen und Schwerpunktthemen. Wenn er nicht für unser Magazin aktiv ist, arbeitet er im Verlag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung oder schreibt an seinem Blog. Immer wieder könnt Ihr Frederic auch bei Quotenmeter.FM hören. Bei Twitter ist er als @FredericSrvts zu finden.
Positiv fällt jedoch das hohe Erzähltempo auf, zumindest für die ersten Folgen. Zu Anfang nämlich bietet das durchaus Unterhaltung, droht aber mit zunehmender Spieldauer in Beliebigkeit abzugleiten. Wenn auf eine Verfolgungsjagd direkt die nächste und übernächste folgt, ist das für den Zuschauer auf Dauer vor allem berechenbar. Ein wenig Abhilfe schafft da das verstrickte Täternetz, welches sich nur langsam zu ordnen beginnt. Das bleibt allerdings vermutlich der überzeugendste Aspekt der Produktion, wobei es für den Zuschauer gleichwohl kein großes Problem ist mal kurz abzuschalten und gedanklich erst ein oder zwei Szenen später wieder aufzuwachen – noch eine parallele zum Nachmittags-Dokutainment also.

Während Ash sich aufgrund des neuen Jobs vom krassen Poser zum unauffälligen Undercover-Dude wandeln muss, soll gleichzeitig dargestellt werden, dass der „Ermittler aus Überzeugung“ etwas im Schilde führt. Das wird dem Zuschauer jedoch so wenig subtil auf die Nase gebunden wie die Pointen von Mario Barth. Überraschungseffekt auch hier gleich Null. Immerhin hat Ash noch ab und an einen überraschenden Trick auf Lager, zum Beispiel, wenn er den alten Wagen einer Dealers zerkratzt, um dessen Verdacht auf jemand anders zu lenken und Aggressionen zu schüren. Die Gesetze können dabei geflissentlich ignoriert werden – angesichts dessen, was um Geheimdienste weltweit in den vergangenen Jahren aufgedeckt wurde zwar gar nicht so unrealistisch – aber dennoch eher ein billiger Effekt.

Dialoge wie von Shakespeare – also fast.


Selbst wenn man solche Effekte aber noch als einigermaßen erträglich ansieht, gibt es zu viele Dialoge, die jegliche Hoffnung zerstören. Stichprobe gefällig? Here you go:

Tommy: „Sie hat Schluss gemacht!“

Ash: „Der Job?“

Beide: „Es ist immer der Job.“

Texte fast wie von Shakespeare.

Dazu kommt, dass Ash seine Emotionen nur zu ganz wenigen Momenten im Griff hat. Hier soll noch einmal untermauert werden, mit wie viel Leidenschaft er bei der Sache ist. Wenn er aber mitten über eine befahrene Motorradrennstrecke läuft, um einen Täter zu fangen der ohnehin kaum mehr entkommen kann, dann wirkt das einfach nur irrsinnig. Nein, so einen will man wohl kaum in seiner Spezialeinheit haben.

Der Auftakt zu «The Interceptor» also: Er ist schwerfällig. In den ersten beiden Folgen, die das ZDF vorab zur Verfügung gestellt hat, nimmt die Produktion nicht wirklich Fahrt auf. Doch das heißt nicht, dass nicht noch mehr möglich wäre. Denn es gibt eben durchaus eine Geschichte, die als Solche durchaus von spannender Komplexität wäre, sowie Potenzial für weitere Stories rund um große Kartelle, die man entspinnen könnte, ohne dabei zu langweilen. Im Spannungsfeld dazu stehen jedoch insbesondere Ashs Handlungsmotive, die ein zu simples Heldenschema bedienen. Doch das Versagen alleine am Protagonisten festzumachen, wäre wohl zu kurz gesprungen: Zu fad umgesetzt und zu willkürlich sind die Zusammenhänge zwischen den Tätern, zu wenig herausfordernd und viel zu beiläufig wirkt die Produktion so für den Zuschauer.

Alleine: Dass in den folgenden Ausgaben viel an der Machart gedreht wird, ist wohl kaum zu erwarten. Dass es nach den acht Episoden der ersten Season noch eine zweite Staffel geben wird, scheint ebenso unwahrscheinlich. Die Zuschauerzahlen waren nicht überragend, die Kritiken sogar bitter: Manch böse Zunge behauptet gar, die BBC habe die Produktion nur in Auftrag gegeben, um die anderen hauseigenen Serien besser aussehen zu lassen. Warum ZDFneo dennoch zuschlägt? Wohl schon aus Prinzip. Die Deutschen lieben eben Krimis wie das Bier zum Feierabend. Anders als beim Gerstensaft ist die Qualität dabei jedoch nicht immer entscheidend.

Vier Doppelfolgen von «The Interceptor» laufen ab Donnerstag, 7. April wöchentlich um 20.15 Uhr bei ZDFneo.
05.04.2016 17:39 Uhr Kurz-URL: qmde.de/84759
Frederic Servatius

super
schade

73 %
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Tags

BBC Doctor Who England Großbritannien Krimi Luther Serie The Interceptor ZDF ZDFneo Öffentlich-Rechtlich

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Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
P-Joker
07.04.2016 20:18 Uhr 1
Idiotisch an der ganzen Serie ist nur, das man ihr nicht einen ansprechenden deutschen Titel gegeben hat.

"The Interceptor" im deutschen Fernsehen, sorry, ein solcher Titel im deutschen TV ist einfach nur bescheuert!
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