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«Kommissar Rex» - Vermisst und doch nie wirklich verschwunden

Lausbuben, die in den 90ern großgeworden sind, werden sich an das schlaue, vierbeinige Detektivtalent noch erinnern. Bald soll es ein Wiedersehen geben, ob wir es wollen oder nicht.

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Abschiede und Neuanfänge


Diese für die Serie essentielle Dynamik wird das erste mal durcheinander gebracht, als Stockinger-Darsteller Karl Marcoviks am Ende der zweiten Staffel das Team verlässt. Ganz unsentimental muss er in seinem letzten Fall einen wahnsinnigen Mann stellen, der seine Ex-Frau und seine Tochter verfolgt. Stockinger wird dafür beinahe mit einem Rasiermesser aufgeschlitzt, aber von seinem einstig misstrauisch beäugten, vierbeinigen Partner Rex noch einmal gerettet. Moser verabschiedet sich mit den Worten: „Stocki, du wirst uns überhaupt gar nicht abgehen, erstens weil du ein schlechter Polizist bist und zweitens alles andere als ein Freund.“

Humor von der altbackenen Sorte, welcher der Beziehung unter den Figuren aber gerecht wird. Stockinger bekommt ein Puzzle in die Hand gedrückt, falls ihm in seinem neuen Einsatzort Salzburg langweilig wird. Die Figur war immerhin so bliebt, dass sie eine eigene Spin-Off Serie mit dem offensichtlichen Titel „Stockinger“ bekam. Allerdings war sie wiederum nicht so beliebt, als dass sie länger als eine Staffel durchhalten konnte. Und so musste Marcoviks 1996 seine Polizeimarke wegen schwacher Einschaltquoten wieder abgeben. Seine Schauspielkarriere lebte dennoch weiter: Er spielte die Hauptrolle in dem oscarprämierten Holocaust-Drama «Die Fälscher» und hatte neben Auftritten in Film und Fernsehen auch kleinere Rollen in internationalen Produktionen wie z.B. dem Liam Neeson-Thriller «Unknown» und der Wes Anderson Dramödie «Grand Budapest Hotel». Der stocksteife, aber dennoch charismatische Ermittler hinterließ allerdings eine Lücke im Wiener Ermittlerbüro, die auch sein Nachfolger nicht schließen konnte. Die ähnlich konzipierte Figur des Kriminalinspektors Christian Böck (gespielt von Heinz Weixelbraun) wirkte wie eine Stockinger-Kopie, die selten ein Eigenleben entwickelte.

Fun Facts über «Kommissar Rex»

Kriminalinspektor Marc Hoffmann-Darsteller Alexander Pschill hatte schon 1995 eine kleine Rolle in der Serie. Auch Gideon Burkhard, der später Inspektor Alexander Brandtner spielen sollte, trat in der ersten Staffel in einer anderen Rolle als Amokläufer auf. Burkhard ist neben Christoph Waltz, der ebenfalls in der 3. Staffel einen Gastauftritt bei «Kommissar Rex» hatte, auch einer der deutschsprachigen Schauspieler in Quentin Tarantinos Film „Inglorious Basterds“.
Dennoch folgten aus heutiger Sicht noch ein paar kleine Highlights, etwa als der heute prominente Schauspieler Christoph Waltz unter der Regie des ebenfalls mittlerweile berühmten Oliver Hirschbiegels in der Episode «Der Puppenmörder» die Titelfigur spielte. Schon hier bewies Waltz, dass er auch vor der Entdeckung durch Quentin Tarantino einen mörderischen Charme besaß. «Rex»-Puristen mussten allerdings zu Beginn der vierten Staffel einen schweren Schock verdauen, als Tobias Moratti seinen Ausstieg ankündigte und in der Episode «Mosers Tod» von einem "Möchtegern-Norman Bates" mit einem ebenso ausgeprägten Mutterkomplex zunächst in den Rücken und dann in die Brust geschossen wurde. Es folgt ein Hund am Sterbebett des Kommissars und ein Abschied, der nicht tränenreicher hätte ausfallen können. Man könnte dieses Ende der Mensch-Hund-Beziehung fast schon emotional manipulativ nennen, wenn man sich diesen sentimentalen Schlussstrich nicht durch die vorangegangenen vier Jahre verdient hätte.

Als Mosers Nachfolger trat der ungleich sportlichere Alexander Brandtner (Gideon Burkhard) zum Dienst an. Draufgängerisch verfolgt er Kriminelle zu Wasser, zu Land und aus der Luft und springt mit Rex an den Bauch gebunden gleich in seiner ersten Episode aus einem fliegenden Flugzeug. Anstatt der Serie aber mit einem frischen Charakter eine neue Richtung zu geben, bleibt doch alles beim Altem. Brandts Eingewöhnungsphase mit dem wieder mal trauernden Rex gestaltet sich relativ kurz. Nicht nur das, Brandt scheint auch Erfahrungen mit traumatisierten Hunden zu haben und zieht schnell Tricks und Kunststücke aus der Westentasche, um das deprimierte Tier aus seinem Schneckenhäuschen zu holen (weil dort gehören Hunde einfach nicht hin). Alles hier wirkt wie ein Echo der ersten Episode. Die Magie des dynamischen Teams bestehend aus Rex, Moser, Stocki und Höllerer fängt die neue Ära nicht wieder ein. Aber auch das ist symptomatisch für dieses statische Uralt-TV: Cast-Wechsel sind nur kleine Hürden, die man schnellstmöglichst umgehen muss, um den Status quo wieder herzustellen. Brandtners Abgang folgt nach der 7. Staffel und man wagt gar nicht erst den Versuch, seine Abwesenheit zu erklären oder gar dem Zuschauer einen emotionalen Abschluss zu geben.

Die Österreich-Italien Connection


Steckbrief

Stefan Turiak ist als Redakteur bei Quotenmeter zuständig für Quoten-Analysen, Rezensionen & Schwerpunkte. Er ist außerdem freier Mitarbeiter bei Widescreen und Triggerfish sowie Fachmann in Sachen internationaler Film.
Abgelöst wird er in der 8. Staffel von dem attraktiven Ermittlerduo Mark Hoffmann (Alexander Pschill) und Niki Herzog (Elke Winkens), die das erste Mal zufällig bei einem Skating-Unfall zusammenstoßen. Deren gegenseitige Anziehungskraft führt gleich zum ersten sexuellen Stelldichein - mit nackter Haut geizte man bei «Kommissar Rex» noch nie. Hoffmann äußert schon hier den Wunsch, einen Hund zu besitzen - eine nicht so subtile Art des foreshadowings, die die Grundlage für die gemeinsame Beziehung zu dem Kommissar auf vier Pfoten andeutet. Mit „Willkommen beim Mord!“ wird der junge Kommissar Hoffmann von seinem Kollegen Kommissar Fritz Kunz (Martin Weinek) begrüßt und schon kann es losgehen. Die zurückliegende sexuelle Begegnung stellt sich als die neue Partnerin bei der Mordkommission heraus und das zukünftige "Kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht?" ist bereits hier absehbar. Trotz Vorhersehbarkeit, sorgt die erste Kommissarin im Bunde für einen gewissen Charme, wofür auch die recht eigenwillige Darstellung der Elke Winkens sorgt. Der erste Fall des neuen Ermittlerteams ist natürlich ein getötetes Liebespaar. Die Routine bleibt die gleiche wie zuvor: Ein recht einfacher Fall, simple Psychologisierung des Täterprofils, leidlich unterhaltsame Verhöre, durchwachsenes Schauspiel und eine behäbige Inszenierung. Nur dass der emotionalen Bindung zum neuen Frauchen und Herrchen gar kein Spielraum mehr gegeben wird, ist relativ neu.

Auch wenn «Kommissar Rex» bei Sat.1 während der 8. Staffel auf einen Marktanteil von unter zehn Prozent sank und nach der 10. Staffel vorerst der Stecker gezogen wurde, durfte Rex immer noch nicht in den Ruhestand gehen. Eine Serie, die erfolgreich in 125 Länder exportiert wurde, durfte schließlich nicht brach liegen, dachte sich zumindest der italienische Produzent Ferdinand Dohna und zerrte den müden Hund 2009 in den italienischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk und vor die Kameras des Senders RAI. «Il Commissario Rex» ist zu diesem Zeitpunkt nur noch ein Spielball ständig wechselnder Herrchen. Ohne Bedenken kann man hier mittlerweile von einem seelenlosen Franchise sprechen, das dem Sender RAI Traumquoten, aber auch Kritik bescherte. Denn außer der Titelfigur, über deren Alter man lieber gar nicht nachdenken sollte, ist vom Geist der alten Serie nicht viel übrig geblieben. Vom italienischen Kriminalhauptkommissar Lorenzo Fabri, der einen Mordfall in Wien zu lösen versucht, wird Rex nach erfolgreicher Abwicklung nach Italien verschifft - Drehbuchmagie macht es möglich. Um die Verwirrung perfekt zu machen, wurden 30 Episoden mit Zähneknirschen auslösender Synchronisation auch vom ZDF übertragen und somit ins deutsche Fernsehen zurück importiert.

Ruft man wahllos eine dieser Episoden im Internet auf, fällt sofort auf, dass man ein prägnantes Setting wie Wien und ein charmantes Zusammenspiel zwischen Hauptfiguren nicht einfach ersetzen kann. Wurstsemmeln werden entsprechend klischeehaft mit Pizza und Porchetta ersetzt und die Interaktion zwischen Mensch und Tier wirkt dank klamaukiger Musikuntermalung alberner denn je. Rex flirtet mit Seehunden, in einer willkürlichen Szene klaut ein Papagei einem der Kommissare die Armbanduhr und man begibt sich auf gemeinsame Verfolgungsjagd - gegen dieses geballte Dauerfeuer aus Unsinn kommen auch die wohligsten Kindheitserinnerungen nicht mehr an. Ähnlich schien das auch der deutsche Zuschauer und das ZDF zu sehen, denn obwohl die Serie durch italienische Intervention auf mittlerweile 17 Staffeln gestreckt wurde und zwei weitere Hauptdarsteller und Kommissare sich die Klinke in die Hand gaben, hieß das öffentlich-rechtliche deutsche Fernsehen den Hundekommissar nach Staffel 13 nicht mehr willkommen. Dafür laufen die italienischen Folgen nun beim von Ex-ProSieben-Chef Jürgen Hörner gegründeten Seriensender eoTV. Insgesamt hat man 31 Folgen der italienischen Version gekauft - und zeigt sie montags ab 20.15 Uhr in Doppelfolgen. Kommende Woche startet dort Staffel 2.

Trotz der Verwurstung eines einst geliebten Hundekommissars über die österreichischen Landesgrenzen hinaus, kann sich der deutsche Fan nun also auf ein Wiedersehen freuen. Denn neben eoTV hat sich auch Spartensender Sat.1 Gold entschlossen, ab dem 11. April alle Episoden in Doppelfolgen wieder auszustrahlen - beginnend mit dem Pilotfilm. Letztendlich ist es zweifelhaft, ob den Zuschauern dieses Nostalgie-Bad dauerhaft gut tun wird, denn die altbackene Inszenierung, die sich über die Jahre kaum weiterentwickelt hat, kann auf Dauer die Geduld strapazieren. Gelegentlich sollte man schlafende Hunde eben doch nicht wecken.
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01.04.2016 17:14 Uhr Kurz-URL: qmde.de/84695
Stefan Turiak

super
schade

84 %
16 %

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Tags

Alexander Pschill Amok Christoph Waltz Daniela Gäts Der Puppenmörder Die Fälscher Die Rückkehr des Tanzlehrers Elke Winkens Gideon Burhard Grand Budapest Hotel Il Commissario Rex Karl Marcoviks Kommissar Rex Martin Weinek Mosers Tod Oliver Hirschbieg

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