Ein hypnotisches Jubiläum aus Bayern: Miroslav Nemec alias Ivo Batic und Udo Wachtveitl alias Franz Leitmayr sind nun ein Vierteljahrhundert im Dienst. Zur Feier gibt es einen fiebrigen Fall zu lösen.
Cast und Crew
- Regie: Max Färberböck
- Darsteller: Udo Wachtveitl, Miroslav Nemec, Max von der Groeben, Mercedes Müller, Ferdinand Hofer, Robert Palfrader, Andreas Lust, Till Wonka, Vincent zur Linden, Gertrude Roll
- Drehbuch: Max Färberböck, Catharina Schuchmann
- Kamera: Alexander Fischerkoesen
- Schnitt: Susanne Hartmann
- Musik: Richard Ruzicka
- Produktionsfirma: Roxy Film GmbH
Es ist ein Kommissar-Duo aus einer anderen Fernseh- und vor allem aus einer anderen «Tatort»-Ära: Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl in ihren Rollen Ivo Batic und Franz Leitmayr. Veraltet sind die Ermittler aus Bayern jedoch nicht, und wenn es einen Fall gibt, um dies zu unterstreichen, dann ist es der Jubiläumsfall „Mia san jetz da wo's weh tut“, der zum 25-Jährigen dieser «Tatort»-Reihe ausgestrahlt wird. Treibende Kraft ist der Regisseur Max Färberböck (Franken-«Tatort» und «Anonyma – Eine Frau in Berlin»), der diese Geschichte von Prostitution, Vorverurteilung, vergeblicher Sehnsucht und Bedauern in fiebrigen Bildern erzählt und ihr eine melancholische Note verteilt.
Dieser «Tatort» eröffnet nicht mit einem Mord, sondern mit einer Verurteilung: Ein Rumäne wird zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verklagt. Kurz zuvor hat er gestanden und mit einem eisernen Gemüt die Verhandlung abgesessen. Ohne auch nur den geringsten Versuch zu unternehmen, seine Haftstrafe zu mildern. Ivo Batic kommt dies komisch vor, nachdem er vergeblich eine Nacht darüber zu schlafen versucht hat, kommen auch Franz Leitmayr Zweifel. Also rollen sie den Fall einer ermordeten Prostituierten erneut auf, um die Ermittlungsfehler, von denen sie glauben, dass sie ihnen untergekommen sind, auszubügeln. Alsbald stoßen Batic und Leitmayr darauf, dass in der Nacht des Mordes, in dem sie ermitteln, eine weitere rumänische Prostituierte verschwunden ist …
Der von Max Färberböck und Catharina Schuchmann verfasste «Tatort» erzählt parallel zu den Ermittlungen der beiden Kommissare davon, was die vom Erdboden verschluckte Professionelle treibt: Mia (Mercedes Müller) ist untergetaucht, um aus dem Milieu zu fliehen. Als edler Retter Mias hat sich der junge, verträumte Wäschereifahrer Benny (Max von der Groeben) aufgeschwungen. Er glaubt, dass sie in Lebensgefahr schwebt, weiß aber nicht ganz genau, weshalb: Sind ihre „Agenten“ auf der Jagd nach ihr? Oder etwa der der Rotlichtbaron Harry Schneider (Robert Palfrader), und sein Zögling Siggi Rasch (Andreas Lust), die eine Verbindung zu Ivo Batic und einen Mord zu vertuschen haben ..?
Die Sogkraft dieses BR-Krimis ist immens: Das wie ein markiges Musikvideo geschnittene Intro, das Bilder von einem Liebespaar in einem lichtdurchfluteten Kornfeld zeigt, sowie bläuliche Aufnahmen einer halbnackten Frau und allerlei Impressionen aus Bukarest, gibt direkt zu Beginn die Gangart vor. Regisseur Fäberböck und Kameramann Alexander Fischerkoesen arbeiten mit sehr stilisierten Bildern, in kontrastreichen Farben und mit Einstellungen, die wenig mit der üblichen «Tatort»-Bildsprache gemein haben. Der Schnitt folgt, vor allem wann immer sich die Story einem Wendepunkt nähert, einer assoziativen Logik, was die Stimmung dieses Neunzigminüters verdichtet, mitunter es aber erschwert, der verklausulierten Erzählung zu folgen.
Die treffende Musikbegleitung, sei es durch sommerlich-melancholische Songs oder durch Richard Ruzickas als Gegengewicht dienende, kühle Instrumentalmusik, macht diesen «Tatort» zu einem tonalen Wechselspiel: Da ist einerseits die Geschichte der fliehenden Liebenden, die keine Perspektive, aber große Träume haben. Und andererseits ist da die Geschichte der hehren Ermittler, die in einem vergangenen Fall große Fehler begangen und nun auszubaden haben. Hoffnung und Verärgerung liegen hier dicht beieinander, was vor allem «Fack Ju Göhte!»-Rüpel Max von der Groeben zu darstellerischen Höchstleistungen antreibt. Aber auch die «Tatort»-Hauptdarsteller, die ihr Jubiläum im Laufe der 90 Filmminuten wenig feierlich begießen, sind vor der zerrütteten Rotlichtmilieu-Kulisse agil und ringen ihren Rollen mehr Facetten ab als zuletzt. Problematisch ist nur, dass sie dabei teils sehr schwer zu verstehen sind. «Tatort»-Fans, die schon beim Makatsch-Fall im Internet über eine durchwachsene Tonabmischung geklagt haben, werden es bei diesem Kuddelmuddel aus Musik, Soundeffekten, Dialekt und leise dahin gemurmelten Sätzen sehr schwer haben, die 90 Minuten durchzustehen.
Fazit: Akustisch schwer verständlich, starke Musikkulisse, hypnotisch gefilmt, clever erzählt: Dieses «Tatort»-Jubiläum kann sich sehen und zumeist auch hören lassen.
«Tatort: Mia san jetz da wo's weh tut» ist am Sonntag, dem 3. April 2016, ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel