Demnächst schlüpft „Dr. Specht“ wieder in die Rolle von TV-Ermittler Clüver. Zu viel Krimi darf es für den 71-Jährigen aber nicht sein, wie er im Quotenmeter.de-Interview verrät.
Zur Person: Robert Atzorn
Serien wie «Unser Lehrer Dr. Specht» oder «Der Kapitän» machten ihn berühmt. Zwischen 2001 und 2008 spielte er in 15 Folgen des «Tatorts» Ermittler Jan Casstorff. Neben seiner ZDF-Reihe «Nord Nord Mord» war er jüngst auch in viel beachteten TV-Filmen wie «Der Fall Jakob von Metzler» oder «Der Staat gegen Fritz Bauer» zu sehen.Robert Atzorn, die weltweite Nachrichtenlage ist aktuell nicht unbedingt rosig. Glauben Sie, dass die Zuschauer daher verstärkt leichtere Unterhaltung sehen wollen?
Absolut und finde das sehr verständlich. Wenn man sich die aktuellen Nachrichten anschaut denkt man, die ganze Welt wackelt. Wir leben in einer Zeit großer Umwälzung. Deswegen schauen so viele Leute gerne «Das Traumschiff», weil man da nur schöne Bilder sieht und alle Geschichten gut ausgehen. Wenn sich da am Anfang zwei treffen, die vom Alter her zusammen passen, weiß man schon, dass die beiden nachher das Paar sind! (lacht) So wie auch bei «Katie Fforde».
Was schauen Sie also gerne im Fernsehen?
Ich sehe gerne Talkshows wie «Maybrit Illner» oder «Anne Will». Ich erlebe die Menschen gerne authentisch. Wie die sich in einer Talkshow geben, das interessiert mich sehr. Sachen wie «Das Traumschiff» sind eher nichts für mich, das ist für mich Zeitverschwendung
(lacht).
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Sachen wie «Das Traumschiff» sind eher nichts für mich, das ist für mich Zeitverschwendung!
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Schauspieler Robert Atzorn
Ihre TV-Reihe «Nord Nord Mord» geht ja auch etwas in die Richtung der seichteren Krimis mit Augenzwinkern…
Ja, darauf beruht vermutlich ein Teil des Erfolges! Man kann nach «Nord, Nord, Mord» beruhigt schlafen gehen, weil man zwischendurch auch mal durchatmen und grinsen konnte. Das geht schon in diese Richtung. Ich spiele das aus diesem Grunde sehr gerne, würde aber lieber noch irgendwann eine Komödie ganz ohne Mord und Totschlag spielen. Der «Dr. Specht» hatte so etwas Leichtes, was nun bei meinen Rollen immer mehr verloren gegangen ist. Das finde ich ein bisschen schade.
Ein Comeback von «Unser Lehrer Doktor Specht» ist nicht vorstellbar?
Um Gottes Willen, nein!
(lacht) Dafür bin ich jetzt zu alt. Ich habe das über 60 Folgen gespielt, das war dann für mich auserzählt. Die Drehbücher waren zwar wunderbar geschrieben, aber nach so langer Zeit wiederholen sich die Geschichten zwangsläufig. «Dr. Specht» war toll und sicher ein Durchbruch für meine Bekanntheit. Aber ich bin froh, dass Regisseur Dieter Wedel mich dann für andere Projekte rausgezogen hat. Es ist immer schwer, wenn man so lange eine erfolgreiche Rolle spielt, da wieder rauszukommen und etwas anderes zu machen.
Worum geht es in Ihrem neuen Film «Nord Nord Mord – Clüver und der tote Koch» (im ZDF am 4.4. um 20.15 Uhr)?
Ich spiele wieder die Rolle des Ermittlers Theo Clüver. Wir finden einen toten Koch im Watt, was natürlich Fragen aufwirft. Ich wende mich deshalb an einen befreundeten Restaurantbesitzer, der von Axel Milberg gespielt wird. Mehr verrate ich nicht… Wir drehten auf Sylt, neben Mallorca die wohl beliebteste Insel der Deutschen und mir selbst inzwischen auch ans Herz gewachsen. Dieser kilometerlange Strand auf der Westseite ist nicht zu toppen!
Sie sind in Hamburg aufgewachsen – da ist Sylt doch nicht mehr weit…?
Ja, aber ich bin da vorher noch nie gewesen. Sylt ist ja etwas teurer und meine Eltern hatten früher nicht viel Geld. Das gehörte also nicht zur Liste unserer Familienausflüge. Daher bin ich in meinem hohen Alter zum ersten Mal dort gewesen. Ich verstehe inzwischen die Liebe der Hamburger zu dieser Insel!
(lacht)
Sie leben mittlerweile am Chiemsee und sind – wenn wir das verraten dürfen – 71 Jahre. Ganz ehrlich, ich hätte Sie deutlich jünger geschätzt…
Danke! Aber deswegen spiele ich ja auch meist jüngere Rollen. Solange ich mit der Rolle noch leben kann, ist das in Ordnung. Im Herbst machen wir noch einen Film und dann nächstes Jahr wohl nochmal. Danach überlege ich mir das nochmal...
Andere Menschen genießen in dem Alter den Ruhesitz auf Sylt – oder in Ihrem Falle das Haus am Chiemsee…?
Ja, das genieße ich auch!
(lacht) Ich mache längst nicht mehr so viel wie früher. Das ist das Gute. Zwei Filme pro Jahr sind total in Ordnung. Dann bin ich vielleicht drei Monate von zu Hause weg und habe immer noch viel Zeit, die ich genieße. Ich bin Bayern inzwischen sehr verbunden; habe mich mit der dort vorherrschenden Mentalität angefreundet. Ich liebe es natürlich auch, nach Hamburg zu kommen, um dort zu drehen. Aber ziemlich bald kommt dann ein leicht melancholisches Heimweh hoch. Wenn ich dann wieder über den Irschenberg nach Hause fahre, denke ich: Ach, das ist schon alles ok so!
(lacht)
Also sehen Sie sich noch lange nicht in TV-Rente?
Das kann ich noch nicht sagen. Ich weiß ja nicht, wie es mir im nächsten Jahr geht. Ich mag langfristige Verabredungen grundsätzlich nicht mehr. Ich verabrede mich auch mit Freunden kurzfristig. Ich rufe da an: Hast Du morgen oder am Wochenende Zeit? Aber nicht ein halbes Jahr vorher – das mache ich nicht mehr.
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Ich würde nie Kommissar werden wollen! Mich nur mit Mord und Totschlag zu beschäftigen, ist nicht mein Ding!
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Schauspieler Robert Atzorn
Inwieweit erkennen Sie sich in der Rolle des Theo Clüver wieder?
Ich würde nie Kommissar werden wollen! Mich nur mit Mord und Totschlag zu beschäftigen, ist nicht mein Ding! Aber ich schätze diese Fähigkeit, die Dinge mit Abstand zu sehen. Das ist vielleicht auch eine Altersfrage, dass man die Dinge nicht mehr so persönlich nimmt und größeres Verständnis für Menschen entwickelt, auch wenn die fürchterliche Sachen treiben. Ich glaube, niemand ist böse auf die Welt gekommen. Das ist immer das Ergebnis einer Biografie. Die persönliche Eigenschaft, mit diesem Menschenverständnis umzugehen, liebe ich an der Rolle.
Haben Sie Bedenken vor einer Krimi-Übersättigung im deutschen Fernsehen?
Ja, wie alle schon seit Jahren! Ich finde das Krimi-Thema überstrapaziert. Obwohl die Sender gerne sagen, Krimi sei der Deutschen liebstes Kind. Ich kann es nicht unterschreiben und kenne auch niemanden, der das tagtäglich sehen möchte.
Wie hat sich die sicherlich nicht immer einfache Schauspieler-Branche über die Jahre verändert?
Die Branche ist explodiert - besonders bei den Schauspielern! Ich sehe an meinem Sohn, wie schwer es für die jungen Schauspieler geworden ist. Es gibt nicht mehr die exorbitanten Persönlichkeiten, sondern viele, die zwar wirklich gut, aber ziemlich auswechselbar geworden sind. Heute zählen mehr die Formate. Man schaut weniger auf die Besetzungsliste.
Ist die Arbeit dann bei Ihnen und Ihrem Sohn zu Hause ein Thema?
Nein, ich rede ihm da überhaupt nicht rein. Wenn er von München zu mir an den Chiemsee kommt, redet man natürlich beiläufig auch über den Beruf. Aber Jens macht seine Sachen alleine.
Gibt es unter Schauspielern Freundschaften?
Ich habe nur einen wirklich guten Freund in der Branche, den ich vom «Tatort» und Theater kenne. Das ist Tilo Prückner. Wir sind wirklich befreundet. Ich weiß alles von ihm, er weiß – fast – alles von mir. Wenn wir einen Film drehen, kommen alle von irgendwo her. Da ist man wie eine Familie und zieht an einem Strang. Man geht auch zusammen Essen – das ist ok. Aber danach fliegt das alles wieder auseinander. Der eine wohnt in Hamburg, der andere am Chiemsee oder in Köln. Das verteilt sich alles wieder. Diese Beziehungen zu pflegen ist eigentlich kaum möglich. Außerdem: Zwei Stars in einem Raum sind immer schwierig. Da gibt es dann schnell andere Rivalitäten.
Vielen Dank für das Gespräch!
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30.03.2016 13:58 Uhr 1