Da ist Musik drin: Eko Fresh und Ferris MC im Doppelinterview vor dem Start der ersten Staffel des «TV Lab»--Gewinners «Blockbustaz». Ein Gespräch über Ghetto, YouTube und den Tech-Nick...
Über «Blockbustaz»
Kriminelle Ghettokinder ohne Job oder Perspektive im Problemviertel - das zumindest denkt das so genannte Bürgertum über sie. «Blockbustaz» interessiert das nicht: Sie sind eine Familie und lassen sich von nichts und niemandem unterkriegen. Wenn mal wieder etwas schiefgeht, packen sie an, wenn auch auf ihre ganz eigene Art und Weise - wie Nachbarn, Sozialarbeiter, Polizisten und Jugendamtsvertreter immer wieder feststellen müssen.Eko Fresh und MC Ferris, nochmal Glückwunsch zum «TV Lab»-Gewinn. Die neue Sitcom «Blockbustaz» ist ab kommenden Dienstag um 22.30 Uhr bei ZDFneo zu sehen – erzählen Sie uns mehr darüber…?
Eko Fresh:Ja, es geht um eine Hood, eine Nachbarschaft – eine Sitcom im Ghetto. Normalerweise sieht man Ghettos im Fernsehen immer in einem sehr negativen Kontext. Sei es in echten Dokus wie bei arte oder gescriptet wie bei «Mitten im Leben» bei RTL. Wir zeigen die Hood, aber die Leute sind die Helden – nicht die Bösen! Die werden nicht vorgeführt, wie man das in Ghettos sonst im deutschen Fernsehen sieht. Die sind auf gewisse Weise auch charmant, haben aber die gleichen Probleme und Konflikte. So hat das im deutschen Fernsehen bisher nicht stattgefunden. Das finde ich ganz geil!
(lacht) ZDFneo ist dafür die richtige Plattform. Die sechs Folgen laufen dann ab kommender Woche und sind auch direkt alle online abrufbar. Ich habe beim Dreh einige Flashbacks aus meinem Leben gehabt als ich das für die Zuschauer nochmal spielen konnte. Das ist schon ein crazy Gefühl.
Ferris MC: Ja, für mich ist das ähnlich. Nur ich selbst habe das nicht so krass erlebt wie Eko… Da gibt es im Plattenbau bei ihm sicher mehr Parallelen zur Serie. Aber in den Drehbüchern steckt viel Realität. Bei uns ist alles charmant verpackt, da wird keiner vorgeführt. Die Charaktere halten im Plattenbau trotz aller Probleme zusammen. Es ist nicht Stereotyp-mäßig, dass man den Leuten mit dem Vorschlaghammer auf die Nase binden möchte: Oh, wir sind Ghetto-Kinder! Wir selbst haben es auch als normal angesehen, dort aufgewachsen zu sein und tragen das jetzt vor. Da wird nicht der Zeigefinger erhoben.
Die Serie gewann das Zuschauer-Voting. Kritiker sagen, Ihre große Fanbase trug maßgeblich dazu bei – die eigentliche Qualität der Pilot-Folge sei zweitrangig. Was entgegnen Sie solchen Vorwürfen?
Eko Fresh: In einer anderen «TV Lab»-Serie hat zum Beispiel dieser „Tech-Nick“ mitgespielt, den durch die Werbung vom Gesicht her wahrscheinlich sogar noch mehr Leute kennen als uns. In einer anderen Serie hat Sila Sahin mitgespielt, die hat auch eine riesen Fanbase! Wir können ja nichts dafür, dass unser Format näher an den Menschen dran ist! Wir sind halt näher an der Jugend dran und sind authentischer. Daher haben die unser Format gewollt. Ich könnte eine Million Fans haben, wenn die keinen Bock auf unsere Sendung haben, würden die dafür auch nicht voten! Ich bin ja nicht deren Vormund! Es ist aber nicht verboten, auf bekannte Leute zurückzugreifen. Das haben die anderen Formate auch gemacht. Wir hatten einfach das beste Konzept. Sowohl das beste Promo-Konzept während der Voting-Phase - weil wir uns damit auch beschäftigt haben - also auch das beste Serien-Konzept insgesamt. Ich will jetzt nicht die Anderen schlecht machen, aber diese eine Serie mit dem Geist - so auf Ami-Komödie getrimmt - das kann man sich vielleicht einmal angucken, ok – aber dann reicht es auch! Ich würde mir das nicht den ganzen Tag reinziehen. Die andere Serie war über einer Fremdgeh-Agentur. Das ist zwar ganz ok, aber das könnte für mich auch im konservativen Fernsehen laufen. Für ZDFneo hat das einfach nicht geballert! Da haben wir viel mehr aufgefahren.
Von Realitäten und dem Zeitgeist
Ferris MC:Ja, da sind wir wieder bei dem Stichwort Identifikation! Die ist bei uns viel höher als bei den anderen Formaten. Bei uns ist alles Realität, charmant verpackt in einer Sitcom. Da sind alle Emotionen dabei. Es hat einfach den Zeitgeist getroffen! So etwas wie Stefan und Erkan 2.0 würde heute nicht mehr so funktionieren.
Aber dass Sie den YouTube-Star Joyce Ilg im Cast haben ist auch kein Zufall, oder?
Eko Fresh: Ja, Joyce ist eine Freundin von mir. Bevor sie YouTube gemacht hat, war sie Schauspielerin. Zu dem Zeitpunkt, als das bei uns entschieden wurde, war dieser YouTube-Hype noch gar nicht so groß. Sie war zwar schon im Internet unterwegs, aber noch nicht so groß wie heute, wo sie diesen Riesenerfolg bei den Teenies mit YouTube und im Kino hat oder ständig in der „Bravo“ ist. Ihre Rolle wurde vorher schon von uns besetzt. Sie war damals schon eine gute Freundin von mir, die ich süß fand. Daher passte sie perfekt in die Rolle. Ich war damals bei der Entscheidung der Produktion dabei. Damals hieß es nicht: 'Oh, geil! YouTube, YouTube, YouTube!' Joyce musste sich im Casting trotzdem noch gegen eine andere Darstellerin durchsetzen, die aus dem klassischen Schauspiel kam. Ich habe Joyce natürlich die Daumen gedrückt. In der letzten Castingrunde hat sie es dann auch geschafft.
Ferris MC: Ja, eigentlich gilt das Argument mit den Facebook-Fans oder YouTube-Abonnenten auch gar nicht. Man sieht das auf unseren eigenen Facebook-Seiten. Meine hatte damals auch nur 5.000 Fans. Wenn Eko irgendwas bei sich gepostet hat, kam das im Schnitt auf 300 bis vielleicht maximal 1.500 Likes. Das eigentliche Voting hatte aber um die 30.000 Stimmen. Da sieht man also, dass das alleine keinen Ausschlag gegeben hat. Da sind auch ganz viele andere Leute, die für die Serie abgestimmt haben. Allein die Facebook-Fans sind es also nicht gewesen.
Welche Rolle spielt die Verzahnung von Online und Fernsehen heutzutage?
Eko Fresh: Ich glaube, dass sich das Fernsehverhalten heutzutage verändert hat. Wenn man zum Beispiel Fußball schaut, twittert man live mit. Wenn man eine geile Serie kennt, postet man das, damit die Freunde das auch sehen. Man will sich hinterher mit seinen Freunden darüber unterhalten – ohne natürlich zu spoilern. Das haben auch langsam die Sender erkannt. Ich glaube aber, dass ZDFneo das schon lange erkannt hat. Die sollen ja die junge Abteilung vom ZDF sein. Daher passen wir da gut hin. Ich glaube, dass zum Beispiel unsere Dialoge woanders niemals so abgenickt worden wären – von keinem Sender! Da muss ich die ZDFneo-Leute loben, weil die mit uns etwas wagen. Bei Jan Böhmermann sieht man ja auch, dass der intelligent und zugleich provokant ist. Das macht der geil! Das hat auch ZDFneo gesehen, dass er es würdig ist, ihm eine solche Plattform zu bieten. Das ist ein Experimentierbecken, wo man sehen kann, wohin sich die Fernsehlandschaft bewegt.
Welche Projekte stehen ansonsten bei Ihnen an?
Eko Fresh: Die Musik läuft ja immer weiter wie eine Endlosschleife. Im Filmbereich habe ich sehr gutes Feedback bekommen. Ich selbst sehe mich da eher noch als Anfänger – obwohl ich in den letzten 15 Jahren etwas in dieser Richtung gemacht habe und immer noch dazu lerne. Ich habe zwar Angebote, überlege mir jetzt aber ganz genau, was ich als Nächstes mache. Denn in meiner Filmografie habe ich jetzt den Kinofilm «3 Türken und ein Baby» und die eigene Serie «Blockbustaz». Ich will nur noch authentische Sachen machen und habe deswegen schon etwas abgelehnt. Was ich als nächstes drehen werde, kann ich im Moment leider noch nicht verraten…
Ferris MC: Bei mir steht natürlich die «Deichkind»-Tour und das neue Album an. Ich arbeite auch an meinem Solo-Album. Ich habe außerdem Filmangebote, die ich schon zugesagt habe, zu denen ich aber leider noch nicht so viel verraten darf. Ich gehe da bei der Auswahl aber schon nach guten Drehbüchern oder dem Cast. Also keine „Rote-Teppich-Schlampen“, sondern eben richtig gute Schauspieler – da bin ich dabei!
(lacht)
Vielen Dank für das Gespräch!
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