Der ABC-Neustart «Of Kings and Prophets» begibt sich ins biblische Altertum - und kämpft mit den üblichen Sandalenfilm-Problemen.
Cast & Crew
Produktion: ABC Studios, BoomGen Studios, Philotimo Factory und Jason T. Reed Productions
Schöpfer: Adam Cooper und Bill Collage
Darsteller: Ray Winstone, Olly Rix, Simone Kessell, James Floyd, Haaz Sleiman, Maisie Richardson-Sellers, Jeanine Mason u.v.m.
Executive Producer: Adam Cooper, Bill Collage, Chris Brancato, Jason Reed, Mayhad Tousi und Reza AslanOsterzeit ist Sandalenfilmezeit. Moses trottet mit schweren Steintafeln durch Cecil B. DeMilles steinaltes Epos «Die Zehn Gebote», den
Kabel Eins an Karfreitag zeigen will. Jesus wird zwei Stunden lang in Mel Gibsons «Passion Christi» ausgepeitscht, die es dieses Jahr überraschenderweise nicht ins deutsche Osterprogramm geschafft hat. Dafür darf
an Ostersonntag bei RTL II «Gladiator» ran.
In den USA ist gerade ABC damit beschäftigt, in seiner neuen Serie «Of Kings and Prophets» das Alte Testament abzuarbeiten. Das Projekt war ursprünglich schon für Ende letzten Jahres angekündigt worden, schaffte es aber wegen „kreativer Veränderungen“ erst letzte Woche zur Premiere.
Der Stoff ist bereits aus dem Buch der Bücher bekannt: Für Saul, der 1000 Jahre vor Christus als König an der Spitze des Volks der Israeliten steht und die zwölf Stämme Israels vereinigen will, läuft es nicht so: Der Prophet Samuel befiehlt ihm, ein mit den Israeliten seit langem verfehdetes Volk auszurotten, obwohl die friedlichen Nomaden schon seit langer Zeit keine Gefahr mehr für das Königreich darstellen. Dabei quälen Saul ohnehin schon die Altlasten der geschlagenen Schlachten, wenn er nachts die Schreie der Männer hört, die er mit dem Schwert entleibt hat. Ansonsten ist er gerade damit beschäftigt, seine Tochter zu verheiraten, um den Stamm Judah an die restlichen israelitischen Stämme anzuschließen.
Der nicht minder berühmte David ist zu dieser Zeit noch ein unbekannter Schafhirte, dem ein Löwe die Herde zerfleischt hat. Sein Vater und seine Nachbarn können deswegen die fälligen Steuern nicht begleichen und sollen ausgepeitscht werden. David, ganz der heroische junge Mann, als den ihn die Bibel beschreibt, schlägt einen Deal vor: Gelingt es ihm, den Löwen zu töten, wird die Steuerschuld vergeben. Und geht er beim Versuch, das Tier zu erlegen, drauf, soll das Sühne genug sein. Der Steuereintreiber willigt ein und David macht sich auf die Jagd.
Den Rest der Sendezeit füllen ausladende Schlachten, pathetische Liebeleien, schweißgetränkte, durchtrainierte Oberkörper und grummelige alte Männer. Es geht nicht so sehr darum, die komplexen Fehden und Intrigen unbedingt im Detail nachvollziehen zu können, sondern vielmehr um
Look and Feel einer hemmungslos brutalen und lüsternen Epoche, deren (wenn auch Network-gerechte) Darstellung das stockkonservative Parents Television Council schaudern lässt.
Die Serie ist ganz gut gespielt – besonders Hauptdarsteller Ray Winstone gelingt eine einnehmende Darstellung des ambivalent geführten Israeliten-Königs Saul – und sicherlich auch mit beeindruckendem Production Value produziert. Wirklich mitreißend ist «Of Kings and Prophets» aber nicht geworden. Einige Ansätze, insbesondere der hadernde, ambivalente Saul, sind im Rahmen der Möglichkeiten zwar geglückt. Doch diese Serie plagen all die Probleme, mit denen die üblichen Sandalenfilme genauso zu kämpfen haben: Der schwere, aber nicht minder nichtsnutzige Pathos. Die staatstragenden Mienen und aufgesagten Sätze (hier seltsamerweise hauptsächlich in britischem Englisch). Und eine Machart, die sich zu sehr mit opulenten Bildern begnügt und es (mit wenigen Ausnahmen) vernachlässigt, das auftretende Personal als kontroverse Figuren zu beleuchten.
Die mageren Einschaltquoten prophezeien indes eine baldige Absetzung. Inhaltlich gesehen wäre das kein Verlust.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel