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Die Kritiker: «Das Dorf des Schweigens»

Helmuth Lohners letzter Film: «Das Dorf des Schweigens» ist ein grimmes Familiendrama mit starker Bildsprache und ausdifferenzierten Figuren.

Cast und Crew

  • Regie: Hans Steinbichler
  • Darsteller: Petra Schmidt-Schaller, Ina Weisse, Simon Schwarz, Helmut Lohner, Hildegard Schmahl, Hary Prinz, Karl Fischer, Doris Hindinger
  • Drehbuch: Martin Ambrosch
  • Kamera: Bella Halben
  • Schnitt: Wolfgang Weigl
  • Musik: Alex Komlew
  • Szenenbild: Heike Lange
Am 23. Juni 2015 ist Regisseur und Schauspieler Helmuth Lohner in Wien im Alter von 82 Jahren verstorben. Mit «Das Dorf des Schweigens» zeigt das ZDF nun den letzten Eintrag in Lohners filmische Vita – und erfreulicherweise endet die Filmkarriere des Österreichers auf einer qualitativ hochwertigen Note.

Das von Regisseur Hans Steinbichler inszenierte Drama nimmt seinen Anfang, als Lydia (Ina Weisse) nach jahrzehntelanger Funkstille völlig überraschend aus den USA zurückkehrt und ihre Familie im beschaulichen Alpenort Bad Gastein besucht. Nur kurz freuen sich Halbschwester Eva (Petra Schmidt-Schaller), Mutter Karin (Hildegard Schmahl) und Stiefvater Hans (Helmuth Lohner) sowie Halbbruder Max (Hary Prinz) über das Wiedersehen. Denn wie sich rasch zeigt, nutzt Lydia ihre Heimkehr, um mit dunklen Momenten der Vergangenheit abzurechnen: Christian (Simon Schwarz), der Verlobte Evas, soll sie als 14-Jährige vergewaltigt haben.

Eva befindet sich daher in einem emotionalen Dilemma: Einerseits ist sie davon überzeugt, dass Lydia Lügengeschichten verbreitet, andererseits ist sie es, die in den vergangenen Jahrzehnten ihre Schwester am meisten vermisst hat. Soll sie aufgrund von Lydias Vorwürfen nun doch einen Schlussstrich unter der Geschwisterliebe ziehen? Oder soll sie Lydia verzeihen – oder ihr gar helfen? Denn in Evas Augen ist Lydia ganz klar weiterhin so psychisch labil wie einst in der Pubertät, während derer sie sich das Leben nehmen wollte … Derweil leidet Christian darunter, dass sich im Dorf das Gerücht, er habe Lydia vergewaltigt, wie ein Lauffeuer verbreitet, und er dem entsprechend von seinen Mitmenschen geächtet wird. Es kommt zu einer die Familie zersetzenden Teufelsspirale an Ereignissen…

Dieser potentielle Seifenoper-Stoff voller Lügen und Intrigen wird von «Hierankl»-Regisseur Hans Steinbichler auf das hochdramatische Niveau einer griechischen Tragödie emporgehoben. Mit schwerer, desolater Musik von Alex Kornlew und wenig einladenden Alpenpanoramen, welche die Abgründe und Schattenseiten in den Fokus nehmen, schafft der Filmemacher eine schwermütige Stimmung, die er durch visuelle Metaphern unterstreicht. So fängt die von Bella Halben geführte Kamera wabernde Nebelschwaden ein und Autos, die in Tunnel hineinfahren – ehe sie die Tunnel verlassen, schneiden Steinbichler und Cutter Wolfgang Weigl jedoch wieder weg. Bad Gastein, der Ort des Verlorenseins, wo es keinen Ausweg gibt …

Das Drehbuch von Martin Ambrosch («Spuren des Bösen») verzichtet auf Küchenpsychologie, skizziert die Figuren mit lebensnahen, kleinen Widersprüchlichkeiten. Diese facettenreichen Rollen füllen die Darsteller allesamt eindrucksvoll aus, vor allem Ina Weisse und Petra Schmidt-Schaller spielen behutsam gegen die offensichtlichste Charakterisierung ihrer Figuren an. Nur Hildegard Schmahl wird davon in Mitleidenschaft gezogen, dass die Geschichte wenige Minuten früher enden könnte, als sie es letztlich tut: Der Schluss kommt arg getragen daher und vor allem Schmahls finaler Satz ist viel pathetischer, als die vorherige, geerdete Sprache dieses Familiendramas. Diese abschließenden Momente dämpfen zwar ein wenig die Wirkung von «Das Dorf des Schweigens», trotzdem ist Steinbichler ein smarter Fernsehfilm mit ausdifferenzierten Figuren und beengender Stimmung gelungen.

«Das Dorf des Schweigens» ist am 22. Februar 2016 ab 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.
21.02.2016 10:45 Uhr Kurz-URL: qmde.de/83921
Sidney Schering

super
schade

93 %
7 %

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Tags

Das Dorf des Schweigens Hierankl Spuren des Bösen

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