Pünktlich zum Kinostart von «Tschiller: Off Duty» blickt Quotenmeter.de auf die Rezeptionsgeschichte der Schweiger-Actionkrimis.
Quoten der «Tatort»-Folgen mit Til Schweiger
- «Willkommen in Hamburg», 10.3.2013: 12,57 Mio. (5,21 Mio.) // 33,5% (33,8%)
- «Kopfgeld», 9.3.2014: 10,12 Mio. (4,31 Mio.) // 27,7% (29,5%)
- «Der große Schmerz», 1.1.2016: 8,24 Mio. (2,81 Mio.) // 22,1% (20,3%)
- «Fegefeuer», 3.1.2016: 7,69 Mio. (3,13 Mio.) // 19,9% (20,8%)
Reichweite ab drei Jahren (Reichweite 14-49) // MA ab drei Jahren (MA 14-49)
Als sich Til Schweiger erstmals als Nick Tschiller durch einen «Tatort» ballerte, sah es am Morgen danach so aus, als müssten sich Jan Josef Liefers und Axel Prahl dick einpacken: Die Quotenkönige der TV-Krimiwelt haben mit Tschillers Einstand ordentlich Konkurrenz bekommen. Aber schon wenige Wochen später haben die Ermittler aus Münster Schweigers Prachtreichweite von 12,57 Millionen Zuschauern (damals der erfolgreichste «Tatort» seit Mitte der 90er) wieder überboten. Ein Wettrennen zwischen beiden Teams schien im Frühjahr 2013 zwar denkbar, blieb schlussendlich jedoch aus. Denn während die Fälle aus Münster ungebrochen in einer eigenen Quotenliga spielen, legten die Hamburger Action-Neunzigminüter nach ihrer Premiere einen Sinkflug hin.
4,88 Millionen Gesamtzuschauer sind den Schweiger-Krimis zwischen Ausgabe eins und vier abhanden gekommen, bei den 14- bis 49-Jährigen belief sich das Minus auf 2,08 Millionen. Die Sehbeteiligung stürzte bei den Fernsehenden ab drei Jahren um 13,6 Prozentpunkte ein, bei den Jüngeren gingen 0,2 Prozentpunkte mehr verloren. Und auch der Kritikerrückhalt lässt nach – hier bei Quotenmeter.de etwa holten die drei vorab der Presse zur Verfügung gestellten Episoden der Reihe nach 78, 60 und erneut 60 Punkte. Damit urteilten unsere Kritiker noch vergleichsweise milde: Die Feuilletonresonanz auf Schweigers Missionen riss den Schauspieler im Januar 2016 dazu hin, ein flammendes Wutposting zu verfassen (
mehr dazu).
Die Tschiller-Fälle im Gesamtranking bei tatort-fans.de
- «Willkommen in Hamburg»: Rang 805 (5,59/10 Punkten)
- «Kopfgeld»: Rang 931 (4,82/10 Punkten)
- «Der große Schmerz»: Rang 937 (4,65/10 Punkten)
- «Fegefeuer»: Rang 925 (4,89/10 Punkten)
Chronologisch sortiert
Auch bei den im Internet rege diskutierenden «Tatort»-Fans spielen die Tschiller-Einsätze eine deutlich kleinere Rolle, als die mediale Präsenz dieser Actionkrimis suggeriert. Selbst der am besten benotete Schweiger-Fall, «Willkommen in Hamburg» spielt nur in der unteren Liga des Gesamtrankings von ‚tatort-fans.de‘ mit. Woran aber liegt diese durchwachsene Resonanz auf die Produktionen aus der Hansestadt? Schweiger jedenfalls kann sich keinen Reim daraus machen. Denn „andere verschwenden das Budget für zwei moppelige Kommissare, die ne Currywurst verspeisen, oder ein Bier vor einem bayrischen Imbiss zocken“, während die Filme mit ihm geballte Action liefern und eine kinoreifere Ästhetik bieten würden.
Einen Erklärungsversuch hat Schweiger aber: Gegenüber der ‚BILD‘ mutmaßte der «Keinohrhasen»-Regisseur, „dass zumindest die letzten beiden Teile zu gewalttätig angefangen haben“, was womöglich Teile des Publikums verscheucht hätte. „Das wollen die Leute dann wohl gerade zu der Jahreszeit nicht sehen. Da schauen sie dann lieber das «Traumschiff»“, vermutet Schweiger. „Im Endeffekt muss man akzeptieren, dass es eine Menge Menschen gibt“, urteilt er letztlich. Da jedoch gerade dieser Winter mit «The Revenant – Der Rückkehrer» und «The Hateful Eight» zwei sehr blutige Kinohits hervorgebracht hat, wirkt die Argumentation kaum stichhaltig. Und schon im Herbst kam der vorab bereits aufgrund seiner grafischen Gewalt gehypte «Tatort: Ihr werdet gerichtet» holte 8,96 Millionen Krimifans vor die Mattscheiben – insbesondere für die Schweizer ein achtbarer Erfolg! Ganz davon zu schweigen, dass Ulrich Tukur im Oktober 2014 mit dem von der Presse schon vor der Austrahlung als ultrabrutal beschriebenen «Tatort: Im Schmerz geboren» auf 9,29 Millionen Menschen kam.
Womöglich liegt es eher an einem anderen Aspekt, der den Schweiger-«Tatort» von den weiteren Reihen innerhalb der Krimireihe abhebt: Die mediale Überpräsenz. Wenn der Kinostar wieder am Sonntagabend rumschießt, halten Feuilleton und Medienportale die Füße nicht mehr still, und auch Schweiger sorgt für Rummel. Angesichts dessen, dass die vier bislang gezeigten Filme zudem deutlich weniger Varianz aufweisen als die ebenfalls eine klare Identität zeigenden, trotzdem abwechslungsreichen Münster-Fälle, könnte dies zu einer Übersättigung geführt haben: Eine solide Leistung, über die massig gesprochen wird, zeigt nun einmal Abnutzungserscheinungen.
Wenn dem denn so sein sollte, und eine definitive Antwort lässt sich ohne repräsentative Umfrage eh nicht finden, gehen die Verantwortlichen bereits den richtigen Weg: Nick Tschillers erster TV-Fall nach einem nun anstehenden Kino-Zwischenspiel soll
frühestens 2018 kommen. Auch wenn dieser eine Fortsetzung des Kinofilms darstellen soll, könnte das Team die Wartezeit nutzen, um mehr Varianz in den Testosteron-«Tatort» zu bringen. Vielleicht hebt das wieder das Zuschauerinteresse?
«Tschiller: Off Duty» ist ab dem 4. Februar 2016 in vielen deutschen Kinos zu sehen.
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