So weit, auch donnerstags auf die «Tatort»-Marke zu setzen, geht Das Erste noch nicht. Aber die Grundidee setzt sich fort – auf internationaler Ebene. Los geht es in Athen.
Cast und Crew des «Athen-Krimis»
- Regie: Marc Brummund
- Darsteller: Francis Fulton-Smith, Waldemar Kobus, Sabin Tambrea, Beate Maes, Andrea Sawatzki, Hauke Petersen, Katharina Heyer, Michele Oliveri, Tino Mewes, Anna Maria Velli
- Drehbuch: Claus Cornelius Fischer, Markus Altmeyer
- Musik: Wolfgang Hammerschmid
- Kamera: Eeva Fleig
- Schnitt: Martin Habig, Imke Koseck
Was am Sonntag klappt, soll fortan auch in der Donnerstags-Primetime funktionieren: Ein fester Sendeplatz für Krimis von völlig unterschiedlichen Kreativteams, mit gänzlich anderen Darstellern, Figuren und Schauplätzen – aber mit Markenprägung. Während die Woche im Ersten mit einem der «Tatort»- oder «Polizeiruf 110»-Teams endet, gibt es donnerstags ab sofort einen Europa-Krimi zu sehen. Alle sind nach dem Schema «Der
Schauplatz-Krimi» benannt und spielen wahlweise in Athen (Hauptdarsteller: Francis Fulton Smith und Waldemar Kobus), Tel Aviv (Katharina Lorenz und Samuel Finzi), Urbino (Katharina Wackernagel und Hannes Jaenicke), Zürich (Christian Kohlund), Kroatien (Neda Rahmanian) oder Island (Franka Potente).
Darüber hinaus wird aus der Anfang 2015 auf vielen Portalen verrissenen Reihe «Kripo Bozen» kurzerhand «Der Bozen-Krimi» gemacht (Chiara Schoras und Tobias Oertel bleiben in den Hauptrollen). Das Umtiteln ist bei den europaweiten Donnerstagskrimis wiederholt zu beobachten – so wurde unter anderem der Krimi aus Tel Aviv ursprünglich unter dem (eher nach ZDF klingenden) Titel «Sara Stein» entwickelt. Nun darf aber erst einmal «Der Athen Krimi» das Fernsehpublikum auf die mal mehr, mal weniger munteren Ermittlungsarbeiten im europäischen Ausland einstimmen.
Frontmann und erhoffte Identifikationsfigur dieser Reihe ist Hauptkommissar Max Richter, gespielt vom auch als Produzent tätigen Francis Fulton Smith. Richter ist Halb-Grieche und wird im Land seiner Mutter bei der Athener Mordkommission damit beauftragt, einen Korruptionsfall zu lüften: Ausgerechnet sein neuer Partner Petros Makropoulos (Waldemar Kobus) steht im Verdacht, bestechlich zu sein. Nebenher gilt es aber noch, den Mord an einer jungen Musikerin zu klären. Während anfänglich großes Misstrauen herrscht (und Makropoulos klagt, dass immer mehr Staatsausgaben gekürzt werden, aber noch genug für einen neugierigen Deutschen da sei), wachsen die Partner allmählich zusammen. Wäre da nicht der Umstand, dass Makropoulos Richters Schwester anbaggert …
© ARD Degeto/ Pinelopi Fatourou
Ihre Ermittlungen führen den deutsch-griechischen Kommissar Max Richter (Francis Folton-Smith, re.) und seinen griechischen Kollegen Petros Makropoulos (Waldemar Kobus) zur undurchsichtigen Verlagschefin Victoria Pappas (Andrea Sawatzki).
Im Pressematerial zum ersten «Athen-Krimi» betonen die Verantwortlichen, die Vorurteile zwischen Deutschen und Griechen aushebeln zu wollen. Auf der Mattscheibe kommt aber nur die Hälfte rüber: Die Vorurteile der Deutschen über die Griechen werden aufgegriffen und dezent zurechtgerückt, wohingegen eine authentisch vermittelte, griechische Sicht der Dinge zumindest im Auftakt ausbleibt. Stattdessen hangelt sich das Skript an der nahe liegenden Idee entlang, zwei ungleiche, zunächst einander misstrauende Partner durch einen besonders kniffligen Einsatz zusammenzuschweißen. Frei nach dem Motto: Was in «Heiter bis tödlich» schon die mentalen Grenzen zwischen Großstädtern und Landeiern eingerissen hat, kriegt auch die Differenzen zwischen Deutschen und Griechen klein.
Hilfreich bei dieser „Wir sind uns doch alle total ähnlich“-Diplomatie ist, dass die Ermittler im Verlagshaus der von sich überzeugten Victoria Pappas (Andrea Sawatzki) auf eine Spur stoßen, die nahelegt, dass deutsche Kollegen der Athener Polizei richtig abgebrühte Dinge treiben. Wenn wir Deutschen nicht ganz astrein sind, sollten wir den Griechen nicht mehr so hart gegenübertreten, scheint die Lektion des 90-minüters zu sein. Naja, naja …
Kurzum: Das mit der Völkerverständigung hapert. Dieser Aspekt ist weder humorvoll genug, um die starken Vereinfachungen weglachen zu können, noch tiefgehend und lebensecht genug, um bei dieser niedrigen Gagquote über die altbackene Vermittlung hinwegzutäuschen. Da müssen kommende Europa- und Athen-Krimis zielsicherer handeln. Was Regisseur Marc Brummund derweil versteht, ist es durch Kameraschwenks über sonnige Städte Dynamik und Urlaubsfeeling zu erzeugen. Das kann auch die einseitige Ethno-Poprock-Musikbegleitung nicht wegdudeln. Am einprägsamsten ist eh Sabin Tambrea als humoriger, doch auch Abgründe zeigender Computerexperte. Tambrea gibt einen viel versprechenden Sidekick ab und zeigt so auf: Athen hat als ARD-Krimistadt noch Potential. Vielleicht wird es ausgeschöpft, nachdem die ersten, wackligen Schritte über die Bühne gebracht wurden?
«Der Athen-Krimi: Trojanische Pferde» ist am 28. Januar 2016 ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.