Was hat sich acht Monate nach «heute +»--Start alles bei den ZDF-Nachrichten für junge Erwachsene getan?
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Eine zu große Routine würde konträr zu dem laufen, was wir uns vorgenommen haben. Schließlich wollen wir die eingefahrene Berichterstattung hinterfragen. Da wäre es heuchlerisch, wenn wir unsere eigene Leistungen zu selbstverständlich betrachten würden.
”
Daniel Bröckerhoff
«heute +» ist seit rund acht Monaten auf Sendung, hat über 72.000 „Gefällt mir“-Angaben bei Facebook angesammelt sowie mehr als 11.4000 Follower bei Twitter. Aber was hat sich seit dem Start bei den jugendaffinen, social-media-tauglichen Nachrichten des ZDF getan? Grob betrachtet lautet die Antwort: Nur wenig. Und das ist in Sachen junge Nachrichten ein positives Zeichen! «WDR #3sechzich» wurde in der Zwischenzeit bereits eingestellt und die News von RTL II werden gefühlt im Quartalstakt neu ausgerichtet. Dass sich «heute +» hingegen seit über einem halben Jahr selber treu bleiben darf, will etwas bedeuten.
Stillstand herrscht beim Format mit Eva-Maria Lemke und Daniel Bröckerhoff allerdings nicht. Vor allem haben sich die jugendaffinen ZDF-Nachrichten im Bezug auf ihre Selbstdarstellung weit voran gebracht: Zum Launch gab es die berühmt-berüchtigte Kampagne zu sehen, dass «heute +» auf die verstaubte Krawatte als Accessoire verzichtet und sich die Moderatoren nicht hinter einem Tisch verstecken können. Was augenzwinkernd als große Neuerung verkauft wurde, kam bei vielen Zuschauern als nichtssagende Änderung rüber, die das «heute +»-Team mangels weiterer Kompetenzen ins Zentrum stellen würde. Darüber hinaus waren die ersten Ausgaben mit gelegentlich eingestreuten Vokabeln aus der Jugendsprache und Webkultur versehen, ohne dass sich dies intuitiv aus den Moderationstexten entwickelt hätte. Diese beiden Schwachpunkte sind mittlerweile aber ausgebügelt.
Bröckerhoff und Lemke machen bei Twitter und Facebook nunmehr damit auf sich aufmerksam, dass sie dem Publikum auf Augenhöhe begegnen – das allein dient als Werbekampagne und ist deutlich überzeugender sowie profunder als die „Kein Tisch und keine Krawatte!“-Botschaft. Ob mit Periscope-Konferenzen oder ausführlichen Facebook-Diskussionen über Meinungen und Themenentscheidungen: Seit Monaten ist es bei «heute +» Usus, so Nähe zur Zuschauerschaft zu zeigen. Und da sich Lemke sowie Bröckerhoff seit einiger Zeit eingespielt haben und in ihrer Rolle als Nachrichtenmoderatoren für die Web-Generation merklich zurechtfinden, kommen die selten verwendeten Jugend- und Netzvokabeln mittlerweile ungezwungen aus dem Moderationsfluss heraus, statt als aufgesetzte Signale zu wirken.
Handwerklich wiederum hat sich wenig bei «heute +» geändert – der Schnitt ist vielleicht ein wenig ruhiger geworden und das Design der Texteinblendungen noch etwas übersichtlicher. Seit Spätsommer sind derweil einordnende, meinungsstarke Kommentare der Moderatoren alltäglich geworden bei «heute +», womit die Sendung ihrem Haltungsgedanken gerecht wird und dennoch transparent ihre Botschaften als eben solche kennzeichnet.
Mit den klaren, übersichtlichen Beiträgen, die Hintergründe zu tagesaktuellen Themen bilden, wird «heute +» wohl nie den Ruf los, „Kindernachrichten für Große“ zu sein, wie die FAZ das Format im Mai 2015 bezeichnete. Doch das ist nicht einmal eine kritische Einschätzung: Kindernachrichten wie die von «logo!» sorgen für Übersicht und erläutern den Kontext aktueller Geschehnisse. Das für Erwachsene zu liefern, gewinnt immer mehr an Bedeutung. In dem Sinne: «heute +», weiter so!