Für beide Privatsender endete das Jahr alles andere als erfreulich, ProSieben legte dank des Raabschieds und «The Voice» zumindest etwas zu. Auch das ZDF wusste zu überzeugen, während RTL II so schlecht abschnitt wie seit 13 Jahren nicht mehr.
Endlich einmal wieder an der Spitze stehen - diesen Wunsch erfüllte sich ProSieben im Dezember, musste dafür allerdings einen Pakt mit dem Quotenteufel eingehen, auf den man sicherlich gerne verzichtet hätte. Mit 29,8 Prozent war Stefan Raabs letzter TV-Auftritt bei «Schlag den Raab» die mit weitem Abstand erfolgreichste Ausstrahlung des Monats bei den 14- bis 49-Jährigen, trotz der extrem langen Laufzeit von fast sechs Stunden wurde mit 2,54 Millionen überdies auch die dritthöchste Reichweite des Monats verbucht. Stärker war hier nicht etwa RTL, sondern zwei «Tatort»-Ausstrahlungen in der ersten Monatshälfte, die auf bis zu 3,08 Millionen gelangten. Wenig überraschend also, dass die Krimireihe mit 9,63 und 9,47 Millionen auch einmal mehr die mit weitem Abstand höchsten Zuschauerzahlen generierten. Es sollten die einzigen beiden TV-Präsentationen bleiben, die überhaupt mehr als acht Millionen Menschen sahen. Der neue Murot-Fall «Wer bin ich?» tat sich dagegen mit nur gut sieben Millionen vergleichsweise schwer.
Ohnehin dominierten die öffentlich-rechtlichen Sender auch den Dezember wieder nach Belieben beim Gesamtpublikum. Die
«Wer wird Millionär?»-Gewinnerfolge sowie das anschließende
«Bauer sucht Frau» erreichten als einzige Angebote auf Privatsendern mehr als sechs Millionen Zuschauer (6,75 bzw. 6,15 Millionen) und verhinderten somit einen glatten Durchmarsch von ARD und ZDF. Von den genannten Formaten, die auch fernab ihrer Rekordwerte zumeist mehr als fünf Millionen Menschen erreichten, einmal abgesehen, war das werbefinanzierte Fernsehen aber beim Gesamtpublikum weit abgeschlagen. «Das Supertalent» erzielte in der Spitze immerhin noch rund viereinhalb Millionen, «Schlag den Raab» als beste ProSieben-Sendung 3,89 Millionen und tolle 17,4 Prozent. Sehr gut lief auch Raabs emotionaler Abschied von «TV total», kam allerdings aufgrund der späten Sendezeit nach 23 Uhr nicht über 1,48 Millionen Zuschauer hinaus. Dennoch: Mit 11,0 Prozent aller und 21,8 Prozent der umworbenen Konsumenten war man stark wie seit vielen Jahren nicht mehr unterwegs.
Bei den kleineren Sendern war man indes schon froh, wenn die Zwei-Millionenmarke geknackt werden konnte. VOX gelang dies an gleich fünf Abenden mit dem «Club der roten Bänder», der bis zu 2,71 Millionen Menschen erreichte, «Rizzoli & Isles» mit bis zu 2,01 Millionen sowie den Spielfilmen «Schöne Bescherung» und «Eine zauberhafte Nanny» (2,62 bzw. 2,53 Millionen). Auch kabel eins gelang ein Quoten-Coup mit dem Weihnachts-Klassiker «Das Wunder von Manhattan», der 2,25 Millionen Menschen begeisterte. RTL II hingegen darf froh sein, seinen Dauerbrenner «Zuhause im Glück» am Dienstagabend zu haben, denn die fünf Primetime-Folgen der Dokusoap erreichten mit 1,44 bis 1,69 Millionen schon die mit Abstand höchsten Zuschauerzahlen des gesamten Monats.
Alle Zuschauer (Dezember 2015)
ALLE ZUSCHAUER (DEZEMBER)
11,9
11,9
12,3
12,1
9,1
10,1
3,3
3,2
5,2
5,2
7,1
7,9
5,4
5,4
3,9
3,7
Marktanteile in % | Dezember 2015 ggü. November 2015
Der Start in die neue TV-Saison verlief für RTL mit jeweils zweistelligen Marktanteilen zwischen September und November gar nicht so unerfreulich, doch mit den gerade einmal noch 9,1 Prozent vom Dezember können die Kölner selbstredend überhaupt nicht zufrieden sein. Damit fielen sie nämlich nicht nur gegenüber den öffentlich-rechtlichen Mitbewerbern deutlich zurück, sondern verzeichneten auch noch den schlechtesten Wert innerhalb einer Kernsaison (September bis Mai) überhaupt. Da dürfte es nur ein schwacher Trost sein, dass es schon im Vorjahresmonat mit 9,5 Prozent ähnlich mies lief. Ganz anders dürfte man beim ZDF die Monatswerte zur Kenntnis nehmen, denn mit 12,3 Prozent kam man den 12,7 Prozent aus der Vorsaison im vierten Anlauf so nah wie noch nie im neuen Fernsehjahr - in den drei Vormonaten hatten nur 12,0 bzw. 12,1 Prozent zu Buche gestanden. Das Erste wiederum hielt sich mit 11,9 Prozent auf gutem Niveau standhaft.
Wo wir gerade beim Thema "große Privatsender in der Quotenkrise" sind, muss auch der Name Sat.1 unweigerlich fallen. Hier muss noch nicht einmal zwischen der Kernsaison und dem Sommerloch differenziert werden, um die Misere adäquat einzuordnen, die mit gerade einmal noch 7,1 Prozent im Dezember einhergeht. Nur im Juli 2014, als ARD und ZDF mit der Fußball-Weltmeisterschaft ins Rennen gegangen waren, lief es ähnlich desaströs (7,2 Prozent). Davon abgesehen hatte sich der Bällchensender bislang stets auf mindestens 7,6 Prozent aller Fernsehenden ab drei Jahren verlassen können. Angesichts dessen ist es fraglich, ob die ordentlichen, aber halt keineswegs grandiosen Performances von ProSieben und kabel eins die Katerstimmung in der Sendergruppe einigermaßen abfedern können. Zumal Sat.1 anders als RTL nicht auf ein Dschungelcamp oder eine neue «DSDS»-Staffel verweisen kann, die sehr bald Besserung mit sich bringen dürften.
Bei den kleineren Sendern tut sich derweil wenig: VOX gelangt nach dreimal 5,2 Prozent zum Saisonauftakt wiederum auf 5,2 Prozent des Gesamtpublikums und RTL II hält sich zwar mit 3,3 Prozent relativ stabil - aber eben auch stabil auf schlechtem Niveau. Alles in allem mussten sich die acht größten deutschen Fernsehsender mit einem kumulierten Marktanteil von 58,2 Prozent begnügen, was einem neuen Allzeit-Tiefststand entsprach. Im Vorjahresmonat hatten noch deutlich stärkere 59,8 Prozent auf dem Papier gestanden.
14- bis 49-Jährige (Dezember 2015)
14- BIS 49-JÄHRIGE (DEZEMBER)
6,9
6,9
6,1
5,6
11,7
12,4
5,3
5,5
6,8
6,5
8,6
9,4
11,1
11,0
5,5
5,2
Marktanteile in % | Dezember 2015 ggü. November 2015
Zwischen den beiden Dauerrivalen RTL und ProSieben schien zu Saisonbeginn vorläufig etwas Ruhe eingekehrt zu sein, als erstgenannter Sender mit 13,8 Prozent ganze drei Prozentpunkte vor dem Konkurrenten gelegen hatte. Mittlerweile ist der Vorsprung wieder deutlich auf weniger als einen Prozentpunkt zusammengeschrumpft: RTL musste mit nur 11,7 Prozent seinen schwächsten Wert seit den WM-Monaten 2014 (10,6 bzw. 11,5 Prozent) hinnehmen, während ProSieben dank seines Raabschieds, den finalen Ausgaben von «The Voice» und einiger weiterer Hits leicht auf 11,1 Prozent zuzulegen wusste. Ein Trost für RTL: Im Dezember 2014 lief es mit 12,2 Prozent zumindest ähnlich schwach - bevor vor allem die neueste «Ich bin ein Star»-Staffel dann im Monat darauf für den höchsten Saison-Marktanteil von 15,7 Prozent garantiert und die Konkurrenz um über fünf Prozentpunkte hinter sich gelassen hatte.
Ob man Sat.1 in diesen Tagen ernsthaft noch als Konkurrenz bezeichnen kann, darf zumindest mal sehr stark in Frage gestellt werden. Nachdem man das erste Saisondrittel angesichts von jeweils rund neuneinhalb Prozent immerhin recht konstant bestritten hatte, fiel man nun auf wirklich schlechte 8,6 Prozent zurück. Erstmals seit der WM wurde damit überhaupt und erstmals seit Februar 2014 innerhalb der Kernsaison die Marke von neun Prozent wieder unterboten - dabei wähnte man sich zwischenzeitlich auf einem guten Weg, perspektivisch wieder zweistellige Werte anvisieren zu können. Wie trotz großer Loblieder für qualitativ hochwertiger Formate in der Breite sinkende Marktanteile zu Buche stehen, machte VOX zuletzt der Branche vor. Der Dezember lief jedoch mit 6,8 Prozent etwas besser als der Vormonat - was vor allem im Vergleich zum Vorjahr erstaunt, wo zum Ende des Kalenderjahres hin noch ein deutliches Absacken von 7,3 auf 6,7 Prozent verkraftet werden musste. Das Erste wiederholte derweil seinen starken November-Wert von 6,9 Prozent.
Ganz unten gab es mit dem ZDF und kabel eins gleich zwei Sender, die einen deutlichen Satz nach vorne machten. Für beide Kanäle entsprach dies nicht nur einem neuen Saison-Bestwert, sondern sie reichten auch die rote Laterne an RTL II weiter, das erstmals seit November 2011 wieder ganz alleine auf Position acht rangierte. Wie dramatisch die Misere für den Grünwalder Sender mittlerweile ist, wird umso deutlicher anhand des Vergleichs-Marktanteils von 6,1 Prozent - der nicht nur im Vorjahresmonat zu Buche gestanden hatte, sondern auch noch in diesem Oktober. Und noch ein Negativrekord des Schreckens: Letztmals schlechter performte RTL II vor genau 13 Jahren im Dezember 2002, damals wurden sogar nur 4,3 Prozent verzeichnet. Rekordverdächtig schlecht waren aber auch die 62,2 Prozent, die von den "Big Eight" insgesamt erreicht wurden - was umso deutlicher wird, wenn man sie mit den 63,8 Prozent aus dem Vorjahr oder gar 66,8 Prozent von 2013 vergleicht.
Alle Zuschauer (Fernsehjahr)
ALLE ZUSCHAUER (FERNSEHJAHR)
11,5
11,6
12,1
12,7
10,1
10,2
3,4
3,9
5,2
5,2
7,8
8,1
5,3
5,5
3,8
3,7
Marktanteile in % | Sep. 2015 – Dez. 2015 ggü. Sep. 2014 – Mai 2015
Der nach vier von neun Monaten mittlerweile durchaus schon aussagekräftige Saison-Vergleich stellt in der Spitze eher eine Manifestierung bereits in den Vorjahren bekannter Kräfteverhältnisse dar, als für große Überraschungen zu sorgen. Das ZDF liegt mit 12,1 Prozent weiterhin in Front, muss allerdings bis Mai noch kräftig arbeiten, möchte man an die starken 12,7 Prozent der Vorsaison anknüpfen. Nach einem schwachen Saisonstart ist Das Erste hingegen schon wieder auf Tuchfühlung mit seinem Vorjahresniveau, was auch für RTL gilt - mit der stets vorhandenen Gefahr, in die Einstelligkeit abzurutschen. Die schlechte Dezember-Quote sollte man nun im Januar am besten mit deutlich über elf Prozent vergessen machen. Das gilt selbstredend auch für Sat.1, das mit derzeit 7,8 Prozent ohnehin droht, wieder einmal einen neuen Negativrekord nach ohnehin schon sehr miesen 8,1 Prozent im Vorjahr aufzustellen. Doch hier stellt sich anders als beim Mitbewerber die Frage: Womit soll der erhoffte Quotenhit folgen?
Wenig Bewegung ist bei ProSieben und VOX zu erkennen, wobei erstgenannter Sender versuchen muss, den Wegfall von Stefan Raab zu kompensieren. Hier kann man aber im Gegensatz zu RTL II auf ein gutes Gesamtgerüst bauen, wo hingegen es bei den Grünwaldern an diversen Ecken und Enden massiv hakt. Mit nur noch 3,4 Prozent dürfte man wohl deutlich hinter kabel eins zurückfallen, das sich derweil mit 3,8 Prozent beachtlich schlägt. In der Gesamtbetrachtung setzt sich der schon Jahre anhaltende Quoten-Blues der großen Sender ungemindert weiter fort: Mit nur noch 59,3 Prozent dürfte man wohl erstmals weniger als drei Fünftel aller Zuschauer ansprechen, in der Vorsaison waren es noch 60,9 Prozent. Wohl dem, der in diesen Zeiten zumindest nicht an Zuspruch einbüßt.
14- bis 49-Jährige (Fernsehjahr)
14- BIS 49-JÄHRIGE (FERNSEHJAHR)
6,6
6,6
5,7
6,0
12,8
13,4
5,7
6,2
6,7
6,9
9,2
9,6
11,0
11,1
5,2
5,3
Marktanteile in % | Sep. 2015 – Dez. 2015 ggü. Sep. 2014 – Mai 2015
Während RTL bei allen Zuschauern ab drei Jahren zumindest noch darauf hoffen darf, in dieser Saison einmal nicht weiter an Relevanz einzubüßen, spricht bei den besonders wichtigen 14- bis 49-Jährigen derzeit alles für weitere Verluste: Nur noch 12,8 Prozent stehen auf dem Papier, nachdem man schon in der Vorsaison alles andere als tolle 13,4 Prozent generiert hatte. In Anbetracht von 10,9 Prozent nutzt ProSieben diese Chance, seinem größten Konkurrenten ein Schnippchen zu schlagen, wohl abermals nicht, hält sich aber weiter erstaunlich konstant. Bei Sat.1 senkt sich hingegen der Daumen wieder leicht, mit nach aktuellem Stand nur 9,2 Prozent scheint man ohne Fernglas bald nicht mehr in Richtung Zweistelligkeit schauen zu können.
Auch weiter hinten gibt es zahlreiche Verlierer und eigentlich überhaupt keine Gewinner - sodass es zu einem umso größeren Gewinn wird, seine Vorjahreswerte stabil halten zu können. Das ZDF kann das nach aktuellem Stand nicht und wird möglicherweise erstmals in seiner Geschichte weniger als sechs Prozent generieren. Ob angesichts dessen der Rückfall von RTL II auf 5,7 Prozent schwerer wiegt, ist eine Frage der Perspektive: Historisch betrachtet ist die Dramatik sicher geringer, kam man doch erst 2012 auf einen Wert unterhalb der Sechs-Prozentmarke. Doch wie man sich nach den tollen 6,7 Prozent der Saison 2013/14 präsentiert, ist dann schon sehr enttäuschend - immerhin hatte man schon im Vorjahr einen halben Prozentpunkt eingebüßt. Insgesamt lief es mit 62,9 Prozent mal wieder schlecht wie nie zuvor für alle großen Vollprogramme - in der Vorsaison war man noch auf 65,1 Prozent gelangt.