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Die Kritiker: «Stralsund - Der Anschlag»

Als Thriller ein laues Lüftchen, als Psychodrama viel zu oberflächlich. Die neue Folge der «Stralsund»-Reihe bleibt weit unter ihren Möglichkeiten.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Katharina Wackernagel als Nina Petersen
Alexander Held als Karl Hidde
Wanja Mues als Max Morolf
Michael Rotschopf als Gregor Meyer
Peter Lohmeyer als Peter Marohn
Andreas Leupold als Dr. Steiger
Andreas Schršders als Techniker Stein

Hinter der Kamera:
Produktion: Network Movie Film- und Fernsehproduktion
Drehbuch: Sven S. Poser und Martin Eigler
Regie: Lars-Gunnar Lotz
Kamera: Philipp Kirsamer
Produzent: Wolfgang Cimera
Nina Petersen (Katharina Wackernagel) geht es nicht sonderlich: Sie hat Panikattacken und träumt nachts davon, bei einer Hetzjagd erschossen zu werden. Auswirkungen einer posttraumatischen Belastungsstörung nach einem schlimmen Ereignis, das ihr im Dienst zugestoßen ist.

Ähnlich dreckig geht es ihrem Kollegen Karl Hidde (Alexander Held). Ihm hat es bei einem Einsatz das rechte Bein zerfetzt. Es musste amputiert werden und Hidde hat sich noch nicht so richtig an seine Prothese gewöhnt. Außerdem plagen ihn schreckliche Phantomschmerzen.

Keine guten Voraussetzungen, um es mit Terroristen aufzunehmen, meint man. Aber es hilft alles nichts: Denn im Hinterzimmer einer miefigen Spelunke ist ein Typ aus der Hooligan- und Gewalttäterszene ermordet worden, der einige Monate auf Bewährung bekam, nachdem er in Heiligendamm beim G8-Gipfel randaliert hatte.

Man vernimmt den Eigentümer besagter Spelunke: Peter Marohn (Peter Lohmeyer) hat für die Tatzeit ein Alibi, entpuppt sich aber als knallharter Neonazi, der einen Haufen Gleichgesinnter um sich geschart hat, die einen Anschlag planen. Als man Marohn diesbezüglich ausquetschen will, verabschiedet der sich in die Psychiatrie, wo er sich wegen einer akuten Schizophrenie behandeln lässt. Ein Richter stuft ihn als nicht vernehmungsfähig ein. Doch Petersen, Held und ihr Team müssen den geplanten Anschlag in Stralsund verhindern.

„Der Anschlag“, so der Titel der neuen Folge, versucht dabei, neben der Durchexerzierung seines Thriller-Plots, zwei Dinge. Zum Einen will man die verachtenswerten rechtsextremen Motivationen der Attentäter darstellen und analysieren, und zum Anderen den schwierigen psychischen Zustand von Nina Petersen beackern. Doch beides klappt nicht so richtig.

Man muss vielleicht Zugeständnisse machen: «Stralsund» will auch diesmal wieder eher ein schneidiger Thriller sein und weniger ein Psycho- oder Extremisten-Drama. Trotzdem ist es unangenehm, überall dieses verschenkte Potential zu sehen, und diese blassen Charaktere, von denen man ahnt, dass sie wesentlich vielschichtiger und exemplarischer hätten werden können. Marohn lässt sein selbstgefälliges Neonazi-Blabla ab, eine andere Verdächtige macht rhetorisch aus allen Arabern Terroristen, und in der Bude eines Bombenbauers finden sich dumm zusammengestotterte Hetzschriften. Die zunehmende Radikalisierung der Gruppe wird vornehmlich mit der Schließung einer großen Werft begründet, durch die das Pack vor einigen Jahren seine Jobs verloren hatte. Doch diese Erklärungsmodelle greifen freilich zu kurz und sind eher grobschlächtige Ansätze, wo feinsinnige wirkungsvoller gewesen wären.

Auch Petersens psychischer Ausnahmezustand wird leider nur ziemlich oberflächlich erzählt. Das Psychogramm des durchgeknallten Peter Marohn gerät nur wenig vielschichtiger: „In meinen Sitzungen ist es eher der Doktor, der weint“, lässt man ihn aufsagen und in gewolltem Subtext schwafeln. Und während Marohn im Inneren der Psychiatrie munter intrigiert und von dort aus seinen Anschlag plant, braucht Petersen für eine patente Ermittlerin ziemlich lange, um auf Offensichtliches zu kommen. Eine an sich kluge Figur muss sich dumm stellen, um den Zweck der Narrative zu erfüllen – das ist noch nie gut gegangen.

Dieser «Stralsund»-Folge gelingen nur wenige treffende (und relevante) Parallelen zu den realen Zuständen: Etwa wenn der Verfassungsschutz behauptet, noch nie von der Terror-Bande gehört und die Observierung eines ihrer Mitglieder wegen Personalmangels vor Jahren eingestellt zu haben, am Schluss aber alle Lorbeeren einsammeln will. Oder wenn sich frappierende Ähnlichkeiten mit den Inkompetenzen bei den NSU-Ermittlungen ergeben. Diese Ansätze hätte man weiterverfolgen müssen, gerne auf Kosten all der eher läppischen Küchenpsychologie. Dann wäre „Der Anschlag“ mit seinem absolut relevanten Thema auch ein relevanter Film geworden.

Das ZDF zeigt «Stralsund – Der Anschlag» am Montag, den 28. Dezember um 20.15 Uhr.
26.12.2015 10:30 Uhr Kurz-URL: qmde.de/82779
Julian Miller

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Der Anschlag Stralsund Stralsund – Der Anschlag

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