Quotenmeter.de traf Hans-Joachim Heist alias Gernot Hassknecht zum Roundtable-Interview: Wie differenziert er seine Rolle der Wut in «Alles steht Kopf» vom berühmten «heute-show»-Wutnickel?
Zur Person
Hans-Joachim Heist wurde 1949 in Seeheim-Jugenheim geboren und spielte nach seiner Schauspielausbildung auf zahlreichen Bühnen in Deutschland. Außerdem war er in Serien wie «Diese Drombuschs» oder «SOKO Köln» zu sehen. Der Mime begann darüber hinaus, auch als Parodist und Komiker zu arbeiten, was ihn zu seiner berühmten Kunstfigur des Gernot Hassknecht aus der «heute-show» führte. Ab dem 1. Oktober 2015 ist er zudem als Stimme der Wut in «Alles steht Kopf» zu hören.Wie kam dieser Besetzungscoup denn zustande?
Die Leute von Disney Deutschland haben jemanden gesucht, der der Figur Wut nahe kommt. Sie meinten, dass sie da nicht lange überlegen mussten, sondern sofort an den Gernot Hassknecht gedacht haben. Das hat mir sehr geschmeichelt, weshalb ich ohne zu zögern zugesagt habe. Dennoch musste ich noch ein Casting durchlaufen.Die Aufnahmen aus diesem Casting wurden nach Amerika geschickt, wo ich dann als deutsche Stimme der Wut abgesegnet wurde.
Obwohl es auf der Hand liegt, wieso man Sie als Wut besetzt hat, ist mir in der Synchronfassung aufgefallen, dass Sie diese Figur nicht einfach genauso wie Hassknecht sprechen. Wie sah dieser Findungsprozess aus, um einen Ansatz zu finden, wie Sie diese zwei zornigen Rollen stimmlich voneinander trennen?
Als Schauspieler versuche ich, mich meinen Rollen immer individuell zu nähern. Als Synchronsprecher bekommt man dann ja zudem vorab immer die Originalfassung zu sehen, und die hat man dann bereits im Ohr, wenn man im Studio steht. Außerdem ist meine Aufgabe auch eine textbedingte, man hat ja gewisse Vorgaben zu befolgen, wie die Figur spricht. Ich mache mir da also eigentlich wenig Gedanken, die jeweiligen Stimmen für Wut und Hassknecht kamen eher aus dem Bauch heraus.
Werden Sie im Alltag häufig mit ihrer Kunstfigur Hassknecht verwechselt?
Ja, das passiert immer wieder. Wenn ich angesprochen werde, dann immer mit einem scherzhaften Unterton: „Aber bitte nicht anschreien!“ (lacht)
Was bringt Sie privat in Rage?
(lacht böse) Der Straßenverkehr! Das hat sich zuletzt so entwickelt. Früher fiel mir das gar nicht so auf, aber mittlerweile bin ich im Auto jemand, der sehr schnell zornig wird. Ich bin ja wegen meiner Bühnenprogramme viel unterwegs, und da werde ich dann schon mal ziemlich laut und rau. Auch, wenn ich nur Beifahrer bin! (lacht) Aber außerhalb des Autos bin ich privat kein Choleriker. Wobei auch ich erkenne, dass Wut eine Emotion mit Daseinsberechtigung ist. Es gibt Situationen, wo man lautstark seine Meinung verteidigen muss – und dabei hilft sie.
Ein kleines, faszinierendes Detail in «Alles steht Kopf» ist, dass jeder Mensch eine führende Emotion hat – eine, die im Normalfall die Kontrolle übernimmt. Welche ist es bei ihnen?
Die Freude!
Was ist Ihre Erklärung, wie kommt es, dass wir die meisten Emotionen negativ betrachten?
Das frage ich mich auch, denn wenn man drüber nachdenkt, haben alle Emotionen ihren Sinn. Die Wut etwa, so wie sie in «Alles steht Kopf» gezeigt wird, ist ja nicht schlecht. Sie ist eine Emotion, die nach Fairness strebt. Ihr größtes Interesse ist, dass Riley Gerechtigkeit erfährt – auch wenn sie dabei natürlich sehr explosiv vorgeht.
Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Animationsfilmmediums?
Ich finde dass es eine irre Entwicklung ist. Ich bin immer wieder erstaunt, was Disney und Pixar für tolle Filme machen. Die Idee von «Alles steht Kopf», Emotionen von Wut, Freude, Kummer, Angst und Ekel in sprechende, denkende Figuren zu verwandeln, finde ich klasse. Aber ich mag auch noch immer die Klassiker, mit denen ich aufgewachsen bin: «Bambi» etwa, oder natürlich «Das Dschungelbuch». Ich bin mit Disney groß geworden, habe auch die ganzen Cartoons mit Micky Maus oder Donald Duck gesehen und jede Woche das „Micky Maus Magazin“ verschlungen. Meine Lieblingsfigur war jedoch Balu aus dem «Dschungelbuch».
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Ich finde durchaus, dass man mit Synchronisationen einiges zum Positiven wenden kann. Disney sticht da ja auch immer wieder hervor.
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Hans-Joachim Heist
Wie stehen Sie generell zu Synchronisationen?
Es gibt in Deutschland sehr gute Synchronisationen! Bei «ALF» etwa höre ich immer wieder, dass die deutsche Fassung viel lebendiger und witziger sei als das amerikanische Original. Ich finde durchaus, dass man mit Synchronisationen einiges zum Positiven wenden kann. Disney sticht da ja auch immer wieder hervor. Gerade «Oben» oder «Die Monster AG» finde ich hervorragend synchronisiert.
Was macht eine gute Synchronisation für Sie aus?
Es soll sich schon an den Text des Originals halten. Natürlich gibt es Fälle, wo man einige Sätze eindampfen muss, weil es sonst nicht mehr lippensynchron wäre, aber die Essenz des Originals sollte erhalten bleiben.
Sie sind demnach kein Freund typischer Rainer-Brandt-Synchros wie «Die Zwei»?
(schüttelt vehement den Kopf und lacht) Neeeein!
Zum Abschluss noch eine alberne Frage: In der deutschen Fassung schwirren bereits zwei «heute-show»-Stimmen durch Rileys Kopf. Olaf Schubert als Angst und Sie als Wut. Wenn Sie die anderen Emotionen nur mit Kollegen besetzen dürften, wer wäre wer?
(lacht) Das ist gut! (überlegt) Freude wäre Martina Hill. Ich denke, sie würde das wunderbar hinbekommen. Und Ekel wäre natürlich die Kebekus! Aber Kummer … Kummer ist schwer, da wüsste ich spontan niemanden. Wir sind ja alle irgendwie auch Comedians, und generell fällt mir bei uns spontan kein Komiker ein, der überzeugend traurig sein kann. Ich fürchte, ich muss passen!
Vielen Dank für das Gespräch!
«Alles steht Kopf» ist ab dem 1. Oktober 2015 in vielen deutschen Kinos zu sehen – in 2D und 3D!