Rückkehr nach vier Jahren: Auf sixx beginnt die 12. Staffel «Big Brother» mit einer durchschnittlichen Einzugsshow und Kritik im Vorfeld.
Vor 15 Jahren und 105 Tagen endete die erste Staffel
«Big Brother» in Deutschland. Mit tollen Quoten und großer Resonanz. Nicht viele Formate kommen in solche Gefilde, gleichzeitig brach seinetwegen aber auch eine große Medienethik-Debatte aus. «Big Brother» sei ein „massiver Verstoß“ gegen den ersten Artikel des Grundgesetzes, kommentierte der damalige Bundesinnenminister Otto Schily und rief zum Boykott der Show auf. Natürlich ist eine solche Welle der Empörung nur Wasser auf den Mühlen der verantwortlichen Produzenten bei Endemol Shine Germany und RTL II, sodass «Big Brother» zum großen Erfolg mutierte – mit einer anschließenden zweiten Staffel noch im selben Jahr.
Vor 4 Jahren und 10 Tagen endete die elfte Staffel «Big Brother» in Deutschland. Es war bis heute die letzte Runde einer Show, die im Laufe der Zeit deutlich an Fahrt verloren hat. Das ist wohl der Leidensweg eines jeden erfolgreichen TV-Formats: Irgendwann ist die Luft raus. Das Finale wurde von nur noch 1,14 Millionen Menschen verfolgt. Es war das vorläufige Ende der Show – eine Auszeit war wohl dringend angeraten. 2013 nahm sich dann ein neuer Sender des Endemol Shine Germany-Formats an: Sat.1 adaptierte zunächst das britische Format «Celebrity Big Brother» und etablierte mit «Promi Big Brother» ein quotenstarkes TV-Format in der Sommerpause. Vier Jahre hat es gedauert, bis man sich wieder für eine reguläre Staffel «Big Brother» im deutschen Fernsehen entschieden hat. Verantwortlich ist nun der Spartensender sixx, der für die Staffel die
größte Werbekampagne seiner eigenen Geschichte auf die Beine stellte.
92 Tage, 13 Bewohner, 235 Quadratmeter, 58 Kameras, 100.000 Euro Siegprämie: Das sind die Eckdaten des wiederkehrenden TV-Dinos «Big Brother» auf sixx. Die Einzugsshow zeigte: Die Kandidaten sind interessant, wenn man auf den Unterhaltungswert der Gruppendynamik setzt. Gleich zu Beginn will man den Kandidaten „alles abfordern“, unter anderem mit der Einteilung in Zweierteams, der sofortigen Verbannung in den Strafbereich sowie der Nominierung aller Kandidaten für die nächste Woche.
«Big Brother» wirkt insgesamt etwas reduzierter. Das im Farbton des Senders gehaltene Studio ist nicht allzu groß; das Haus selbst ist nicht knallig eingerichtet, sondern stimmig und dezent. Im 245 Quadratmeter großen Garten befindet sich der Strafbereich in Form einer Kuppel, Matchfield und Challenges gibt es nicht mehr. Moderator Jochen Bendel machte seine Sache soweit ganz ordentlich, manchmal aber etwas unroutiniert. Er wird sich – angesichts seiner Leistungen bei der Late Night Show zu Promi Big Brother – im Laufe der Staffel wohl noch steigern.
Im Vorfeld gab es aber kritische Töne zum Start von «Big Brother». Dieses Mal nicht in Form medienethischer Bedenken, sondern bezüglich des Bewohner-Castings. „Back to the Roots“ ist das Motto der zwölften Normalo-Runde der Reality-Show, jedoch fühlten sich zahlreiche Fans vor den Kopf gestoßen, da sie eine Staffel ganz ohne bekannte Gesichter erwarteten. Die Kandidaten sind aber nicht ganz so unbeschriebene Blätter wie erhofft: Unter anderem ein ehemaliger Mr. Thüringen, der schon Auftritte bei «Punkt 12» und «Abenteuer Leben» hatte, eine Teilnehmerin des ProSieben-Formats «Catch the Millionaire», ein ehemaliger Darsteller von «Berlin Tag & Nacht» oder ein Facebook-Star mit Laiendarsteller-Erfahrungen bei einschlägigen Trash-Formaten.
Ob man das schon als Promi-Status bezeichnen kann, darf durchaus angezweifelt werden. Doch manchen Fans scheint diese Medienaffinität der Kandidaten aufzustoßen, da sie, vor allem im Hinblick auf ein Interview mit Moderator Jochen Bendel, in dem er sich keine „Medien-Profis“ im TV-Container wünschte, eine Normalo-Staffel erwarteten. Dem muss man jedoch entgegenhalten, dass auch schon in früheren Staffeln bekanntere Gesichter in den Container eingezogen sind.
Ist Medienerfahrung ein Malus für die Authentizität des Formats? Diese Frage gilt es zu bejahen, da «Big Brother» zumindest vom Konzept her keine Plattform für medienaffine Selbstdarsteller sein sollte, sondern eher an ein soziales Experiment à la Truman Show. Andererseits: Ist Medienerfahrung ein Malus für den Unterhaltungswert des Formats? Wohl eher nicht. Wer kann es den Verantwortlichen verübeln, dass sie eine unterhaltsame und spannende Show mit großen Egos und Konfliktpotenzial kreieren wollen? Oder will der Zuschauer den Bewohnern drei Monate lang beim Nichtstun zusehen?
Letztlich ist das Problem zwischen Unterhaltungswert und Authentizität eine Zwickmühle. Um beides im Gesamtpaket zu erhalten, braucht die Produktion reichlich Glück, worauf die Verantwortlichen offenbar nicht spekulieren wollten. Herausgekommen ist nun eine Art „Promi Big Brother light“, das zahlreiche medienaffine E-Promis nutzen, um ihre eigene Karriere voranzutreiben.
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Moderator Jochen Bendel im QM-Interview
Wird die zwölfte Staffel von «Big Brother» ein Erfolg? Gute Frage. Bei sixx stapelt man tief: Für Senderchefin Christina Kuby wäre schon eine Einschaltquote über dem Senderschnitt (1,4 Prozent) ein Erfolg. Für die weltweit bekannte Marke «Big Brother» sollte das aber kein Problem sein. Letztendlich kommt es – wie so oft in Reality-Formaten – auf die Dynamiken an, die sich im TV-Container entwickeln. Eine langweilige Kandidatenmischung ohne Zündstoff kann nicht mal durch eine hochkarätige Produktion wettgemacht werden. Die Verantwortlichen von «Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!» konnten dieses Jahr ein Lied davon singen. Die Einzugsshow an sich kann sich aber nicht gegen die klassischen Symptome von Eröffnungssendungen wehren: Sie war im Allgemeinen nicht wirklich spannend: Ein paar Einspieler, kurze Interviews und gegenseitige Begrüßungen. Wohl denen, die stattdessen die 5-Tore-Gala von Robert Lewandowski beim Gastspiel des VfL Wolfsburg in der Münchner Allianz Arena gesehen haben. Man darf gespannt sein, wie sich «Big Brother» auf dem ungewohnten Sendeplatz nach der langen Sendepause schlägt.
Die Tageszusammenfassungen von «Big Brother» laufen ab dem 23. September täglich um 22.10 Uhr auf sixx. Jeden Dienstag gibt es ab 20.15 Uhr die von Jochen Bendel moderierte zweistündige Live-Show «Big Brother – Die Entscheidung». Auf Sky Select wird ein kostenpflichtiger 24h -Livestream ausgestrahlt.
Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
23.09.2015 00:49 Uhr 1
23.09.2015 06:23 Uhr 2
Ich habe in die Wdhlg, kurz reingesehen und fands langweilig hoch 10....