Was will RTL mit noch einer Tanzshow? Vermutlich weiß der Sender das selbst nicht so genau. Und weil es sich in diesem Genre schwer variieren lässt, hat man einfach das Konzept des Erfolgsformats «Let's Dance» 1:1 übernommen. Das Ergebnis ist okay.
Als RTL bei der Programmkonferenz zur aktuellen Saison eine weitere Tanzshow ankündigte, war die Verwunderung erst einmal groß. Schließlich hat der Kölner Privatsender mit «Let’s Dance»
das Aushängeschild des deutschen Tanzentertainments in petto. Als sich dann auch noch bestätigte, dass die Jury- und Moderatorenposten zu «Let’s Dance» identisch sein würden, stellte sich doch rasch die Frage, was genau sich RTL mit diesem Programmpunkt denn für einen Mehrwert erhofft. Und ist man einmal ehrlich, so erschließt sich das beim Betrachten der Sendung für den Zuschauer ebenfalls nicht so ganz. In visueller Aufmachung und Show-Aufbau sind «Stepping Out» und «Let’s Dance» nämlich ziemlich identisch. Der einzige Unterschied: Bei der neuen Show wird dem Prominenten kein Profi an die Seite gestellt. Stattdessen tanzen echt Pärchen – beide mehr oder weniger prominent. Eine weitere Änderung ist das Bewertungsschema: In «Stepping Out» werden Mann und Frau getrennt voneinander bewertet, was den Vorteil hat, dass noch genauer auf die Einzelleistungen der einzelnen Akteure eingegangen werden kann. Denn diese sind gerade in dieser vom sportlichen Niveau her nicht ganz so berauschenden Sendung durchaus extrem unterschiedlich. Doch dann kommt auch schon die Frage: Aber sonst?
Ein Blick auf die Kandidatenliste offenbart bereits, auf welchem prominenten Parkett man sich bei «Stepping Out» bewegt. Man recyclet nämlich einfach munter Kandidaten, die das RTL-Stammpublikum aus anderen Shows des Senders kennt. Den Anfang macht das «Bachelorette»-Vorzeigepärchen Anna und Marvin. Es folgen Soap-Konstellationen (wie praktisch, dass sich offenbar auch in der Medienwelt herumgesprochen hat, dass der Arbeitsplatz das Datingportal Nummer eins ist), erfolgreiche «Bauer sucht Frau»-Verkuppelungen – und Natascha Ochsenknecht mit On-Off-Freund Umut. Vom sportlichen Niveau her sind die einzelnen Darbietungen äußerst unterschiedlich. Trainiert wird mit professionellen Tanztrainern. Die Trainingsfortschritte und die Ereignisse hinter den Kulissen werden formatskonform vor jedem einzelnen Auftritt eingespielt. Anschließend folgen der Tanz, die Bewertung und natürlich die Beweihräucherung von Sylvie Meis. Auch sämtliche ihrer Kollegen sind in jener Form, die sie bereits in «Let’s Dance» an den Tag legten. Alles andere hätte uns zugegebenermaßen auch enttäuscht. Schließlich haben Joachim Llambis Sprüche mittlerweile jenen Kultstatus, wie sie Dieter Bohlens Schimpftiraden zu besten «DSDS»-Zeiten hatten.
Doch bei all diesen Gemeinsamkeiten beider Formate bleibt «Stepping Out» trotzdem meilenweit hinter dem „Original“ zurück. Der Grund dafür ist nicht nur das Fehlen der Tanzprofis. Der Verlust ist zwar spürbar; schließlich konnten die Experten von «Let’s Dance» auch die untalentiertesten Hupfdohlen ins rechte Licht rücken, die das hier (zugegebenermaßen recht ordentlich) alleine richten müssen. In «Stepping Out» ist nicht bloß das sportliche Niveau sichtbar niedriger. Es ist allen voran das Offenlegen der vollkommenen Ideenlosigkeit, dank derer es «Stepping Out» an Charme mangelt. Das Produktionsniveau ist erwartungsgemäß hoch, die Musik- und Kostümauswahl ist einmal mehr sehr geschmackvoll. Und dennoch wirkt «Stepping Out» wie ein Lückenfüller. Wie die Promi-Edition einer normalerweise mit normalen Kandidaten gespickten Show. Wie ein Behelfsmittel. Wie eine Übergangslösung.
Liebhaber von «Let’s Dance», welche die Show gerade deshalb ins Herz geschlossen haben, weil ihnen interessante Tanz-Choreographien geboten werden, dürften an «Stepping Out» dennoch ihre Freude haben. Denn im Grunde bekommen sie hier ja genau das geboten, was sie erwarten. Doch bis zum Schluss bleibt die Frage, weshalb man nicht einfach die Produktionsrate von «Let’s Dance» um eine zusätzliche Staffel erhöht hat. Das hatte das Vertrauen in das Format sogar noch unterstrichen.