Anlässlich des 50. Geburtstages des WDR Fernsehens werfen wir einen Blick auf unsere Lieblingsformate.
Der WDR wird in diesem Jahr 50 Jahre alt und beschenkt seine Zuschauer anlässlich des runden Geburtstags mit einer Programmoffensive. In rund zwei Wochen werden etwa 20 neue Formate getestet, die man bei Erfolg fortsetzen möchte. Auch Quotenmeter.de möchte dem WDR zum 50. Geburtstag gratulieren und widmet dem Sender aus diesem Grund ein „5 Köpfe“. Fünf Quotenmeter-Redakteure stellen zum runden Geburtstag ihre liebste WDR-Sendung vor und sagen, warum sie eine Perle im Programm des Kölner Senders ist.
«Die Mockridges» von Antje Wessels
Ab dem 28. August zeigt der WDR mit «Die Mockridges» ein Format, das wie kein zweites für die Verjüngungskur des Kanals, aber auch für die gleichzeitige Besinnung auf die eigenen Wurzeln und den Anspruch an sich selbst stehen könnte. Um hervorzuheben, wie der WDR mit seinem Programm in Zukunft sämtliche Generationen gleichsam vor den Fernseher locken möchte, steht in der komödiantischen Mockumentary die Entertainer-Familie Mockridge im Mittelpunkt. Zwei vollkommen verschiedene Generationen, zwei ganz unterschiedliche Vorstellung von Humor und Unterhaltung und doch findet Regisseur Martin Busker («Dating Daisy») in seiner (erstmal) vier Folgen umfassenden Comedyserie einen sehr einheitlichen Grundton. Dabei erinnert «Die Mockridges» mehr an «Pastewka» denn an «Stromberg», konzentriert sich jedoch weniger auf das Promi-Gemauschel hinter den Kulissen, sondern rückt gezielt die Eskapaden innerhalb der Mockridge-Familie in den Mittelpunkt. Dabei spielen sich «Lindenstraßen»-Urgestein Bill Mockridge, seine Angetraute, die Kabarettistin Margie Kinsky sowie all ihre Söhne selbst und geben einen gewitzten Einblick in ein schon jobbedingt sehr lustiges Leben. Doch «Die Mockridges» als Fanservice für die Liebhaber dieser talentierten Unterhaltungskünstlerfamilie zu bezeichnen, wäre zu wenig.
Da der Zusammenhalt innerhalb der Mockridge-Family den Hauptfokus der Serie darstellt, beschäftigen sich die Folgen darüber hinaus mit einem Thema, dem sich nur wenige TV- sowie Kinoformate annehmen. Was passiert eigentlich mit den Eltern, wenn die Kinder aus dem Haus sind? Einfühlsam aber mit einem Augenzwinkern schafft es «Die Mockridge», dieses Thema sensibel in den humoristischen Kontext zu integrieren, ohne aufgesetzt zu wirken. Damit gelingt Martin Busker tatsächlich das Kunststück, das ein Prädikat verdient, das viel zu oft und viel zu leichtfertig vergeben wird: In «Die Mockridges» ist für jeden etwas dabei, da sich über kurz oder lang jeder in einem der Charaktere wiederfinden wird. Figuren so zu kreieren, ist dann eine Kunst, wenn man auf Stereotypen verzichten möchte. Busker tut das. Seine Figuren sind Charaktere mit Ecken und Kanten, die sich nicht in eine bestimmte Ecke drängen lassen. So lädt «Die Mockridges» ab dem 28. August um 21:45 Uhr nicht bloß zum Einschalten, sondern auch zum mehrmaligen Sehen ein.
«Die runde Ecke» von Sidney Schering
«Die runde Ecke» schon jetzt die beste WDR-Sendung zu nennen, geht möglicherweise zu weit. Denn der öffentlich-rechtliche Sender aus und für NRW hat allerhand gute Formate zu bieten. Und auch unter den im Fahrwasser des 50-jährigen Jubiläums gestarteten Projekten lassen sich manche Kleinode finden. Das vielversprechendste unter den „kleinen, neuen WDR-Kindern“ ist aber zweifelsohne «Die runde Ecke». Kein anderes der neuen WDR-Formate hat solch großes Potential, ein regelrechter Dauerrenner zu werden; ein neues «Domian» darzustellen. Dabei ist «Die runde Ecke» alles andere als eine bloße Kopie. Gemein haben beide Sendungen, dass sie ideale Nachtprogramme sind. Intim, authentisch, von mündlichen Erzählungen getragen. Doch wo «Domian» ein einfühlsames Call-In darstellt, ist «Die runde Ecke» ein feines Theaterexperiment. Stinknormale Menschen stellen sich auf eine winzige Bühne. Und tragen eine Geschichte aus ihrem Leben vor. Ohne Kostüm. Ohne Requisite. Nur sie, ein Mikro und ein überschaubares Publikum direkt vor ihnen. Das ist echter als jede Realityshow, das ist unberechenbarer als jede Dokusoap, das ist menschlicher als jede Talkshow. Und es könnte halt ewig weiterlaufen. Denn jeder hat solche Geschichten, die eigentlich auf die Bühne gehören. Sei es diese Entscheidung, die wir ewig bereuen. Die unglaubliche, aber wahre, unverschämt lustige Urlaubsanekdote. Eine traurige Story des Abschieds. Oder, oder, oder …
«Quarks & Co.» von David Grzeschik
Naturwissenschaften in der Schule? Das war für viele ein Horror. Wer keine Begabung oder kein grundsätzliches Verständnis mitbringt, ist in Chemie oder Physik schnell raus und versteht vom Stoff nichts. Mit derartig anspruchsvollen Themen in den Medien Erfolg zu haben, ist ohnehin eine wahre Herausforderung. Wenn es aber ein Format gibt, das ihr gewachsen ist, dann ist es
«Quarks und Co». Das wöchentliche Wissenschaftsmagazin (Dienstag, 21 Uhr) existiert bereits seit 1993 und hat sich längst als eine Art «Sendung mit der Maus» für Erwachsene im WDR etabliert.
Seien es Fragen zum menschlichen Körper, der Natur, Medizin oder physikalische Sachverhalte – «Quarks & Co» schafft es, sie allesamt verständlich zu erklären. Durch die sympathischen Moderatoren Ranga Yogeshwar und Ralph Caspers (präsentiert vertretungsweise «Quarks & Caspers») gelingt es der Sendung zudem, nie von oben herab, sondern immer auf Augenhöhe mit dem Zuschauer zu sein.
Im Rahmen der WDR-Offensive zeigte man unlängst erstmalig eine Folge der Sendung unter dem Titel «Quarks & Du »- ein Beweis dafür, dass die Verantwortlichen nicht müde werden, das Format immer wieder neu zu denken. Da bei aller Information auch ein unterhaltsamer Ansatz nie zu kurz kommt, geht der Daumen bei «Quarks & Co» für uns ganz klar nach oben!
«Das Lachen der Anderen» von Timo Nöthling
Als das
wichtigste Format der WDR-Programmoffensive bezeichnete Autor Micky Beisenherz sein Format «Das Lachen der Anderen» im Interview mit Quotenmeter.de. Bei der Prämisse des Formats stellen sich einigen Beteiligten wohl erst einmal die Nackenhaare auf: Micky Beisenherz und der befreundete Comedian Oliver Polak treffen Minderheiten und Randgruppen und machen sich dann in Form eines Stand-Up-Programms am Ende jeder Folge über diese Personen lustig. In der ersten Ausgabe bekamen ‚Ökos‘ ihr Fett weg, in der zweiten Folge werden es Menschen sein, die an ‚Multipler Sklerose‘ erkrankt sind. Hatte man noch nicht das Vergnügen das Format zu betrachten, scheint man den aufkommenden Shitstorm gegen «Das Lachen der Anderen» bereits zu riechen.
Wer sich aber der wohl ersten Comedy-Doku nicht verweigert, wird Zeuge eines Pionier-Formats, das es als eine der wenigen Doku-Produktionen schafft, das Thema seiner Ausgaben würdevoll aufzuarbeiten und besonderen Lebensumständen ein Gesicht zu verleihen. Herkömmliche Dokus über ‚Multiple Sklerose‘ induzieren beispielsweise entweder Betroffenheit durch die dargestellten Implikationen für das Leben der Erkrankten oder arbeiten die Diagnostik staubtrocken und wissenschaftlich auf. «Das Lachen der Anderen» verschreibt sich einem Fokus, der auf den Menschen liegt und auf dem ganz normalen Umgang mit selbigen - ohne Samthandschuhe. Man sieht Menschen, die entgegen der gemeinen Vorstellungen der Gesellschaft, insbesondere was behinderte Menschen angeht, sehr wohl über ihr Leiden oder ihre Lebensweise lachen können. Am Ende der Folge hat sich die Sichtweise auf diese Personengruppe geändert: Man erkennt in ihnen ganz normale Menschen, die schlicht und ergreifend eine Eigenschaft besitzen, durch die die Gesellschaft ihnen gerne mal einen Stempel aufdrückt.
«Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs» von Jan Schlüter
«Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs» ist so ziemlich das Beste im Fernsehen, was um das runde Leder gezeigt wird – abseits der Live-Spiele selbstverständlich. Humorvoll skizziert Moderator Arnd Zeigler den Bundesliga-Spieltag und spricht mit Fans, teilweise auch prominenten Gästen über die Highlights der Partien. Die Liebe zum Sport zeigt sich aber vor allem auf andere Weise: durch die wundervoll chaotische Dekoration diverser Fanartikel und Devotionalien im Studio, durch die sehenswerten Inhalte in den sozialen Medien. Aber vor allem durch das Archivmaterial aus früheren Bundesliga-Zeiten, das Zeiglers Redaktion immer wieder ausgräbt. Die Show ist eine wundervoll kultivierte Alternative zum Stammtisch-Niveau der meisten anderen Fußballsendungen im deutschen Fernsehen.
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