Quotenmeter.de spricht mit der «Die Höhle der Löwen»-Jurorin Lencke Steiner über fiese Facebook-Kommentare und darüber, weshalb das Format so gut ankommt.
Die erste Staffel «Die Höhle der Löwen» lief bekanntlich sehr erfolgreich – wie schnell stand fest, dass es eine weitere geben wird, und mussten Sie dann erst einmal abwägen, überhaupt zurückkehren zu wollen?
Wenn ich mich recht erinnere, fiel die Entscheidung im Oktober 2014, und für mich war sofort klar, dass ich an Bord bleibe. Die erste Staffel hat mir wahnsinnigen Spaß gemacht und ich fand es klasse, dass so viele gute Sachen aus ihr entstanden sind. Daher stand außer Frage, dass ich meinen Teil dazu beitragen will, das weiterzuentwickeln und weiterzutragen. Gerade auch wegen dem, was gerade in Deutschland so passiert. Es hat sich total viel getan, wo man hinschaut, entstehen neue, kleine Firmen. Immer mehr Menschen werden in der Wirtschaft aktiv. Ich habe das Gefühl, dass «Die Höhle der Löwen» etwas bewegt hat, und somit stand für mich fest, dass ich der Sendung treu bleiben muss.
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Das Netz ist so groß und zum Teil so anonym, diesen Schuh, sich mit jeder Form von Pöbelei zu befassen, sollte sich niemand anziehen.
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Lencke Steiner über unverschämte Kritik im Internet
In der ersten Staffel entwickelte sich bei einigen «Die Höhle der Löwen»-Zuschauern der Running Gag, dass Sie bei jedem Pitch als erstes aussteigen. Dies führte in den sozialen Medien zu allerlei Sprüchen. Wie nehmen Sie solche Reaktionen auf?
Sehr unterschiedlich. Alles, was nur ansatzweise konstruktiv war, habe ich auch beantwortet. Das war eine Mordsarbeit. Dennoch finde ich, dass ich darauf eingehen sollte, wenn mich jemand kritisiert und sagt: 'Dies gefällt mir nicht und jenes sollte man anders machen.' In dem Moment aber, in dem jemand persönlich wird und direkt unter die Gürtellinie geht, weiß ich genau, in welche Kategorie ich solche Beiträge einzuordnen habe. Solche Kommentare versuche ich mir nicht nahe gehen zu lassen, und das ist ein Ratschlag, den wohl jeder befolgen sollte. Denn das Netz ist so groß und zum Teil so anonym, diesen Schuh, sich mit jeder Form von Pöbelei zu befassen, sollte sich niemand anziehen. Was mich da eher trifft, sind Fälle, wenn Leute mit einem vollständigen, unanonymisierten Profil viel an mir auszusetzen hatten. Da habe ich aber durch den weiteren Kontakt auch viele positive Erfahrungen gemacht. Ja, manche haben direkt nach meiner Antwort ihr Posting stillschweigend gelöscht, das ist nicht ganz so hübsch. Viele haben aber dann zurückgeantwortet und sich dafür bedankt, dass ich ihre Kritik respektiere und über sie nachdenke. Oft hat sich auch gezeigt, dass die Kritiker etwas falsch aufgefasst oder schlicht aus einer anderen Perspektive betrachtet haben – vor allem was die Bewertung von Pitches angeht. Da habe ich die Beobachtung gemacht, dass sich die Gemüter schnell beruhigen, wenn ich meine Entscheidungen nochmal in aller Ruhe persönlich begründe. Klar, ich möchte nicht lügen: Zwischendurch war das alles nicht sehr schön, gerade weil ich so etwas in der Form vorher nicht gekannt habe, jedoch habe ich gelernt, es einzusortieren. Und als ich verstärkt mit Verständnis und Selbstironie damit umgegangen bin, kam auch immer mehr Lob und Zuspruch, was mich natürlich gefreut hat.
Stimmt, gegen Ende der Staffel hat sich die Dynamik geändert, das ist mir auch aufgefallen.
Das war ganz spannend, wie sich das auf meiner Webseite entwickelt hat. Es gab ja ein Trinkspiel, das auch bei Twitter die Runde gemacht hat. Ich habe mir auch ein T-Shirt machen lassen mit dem Aufdruck '#IchBinRaus', was super ankam. Und die User haben sich irgendwann auch untereinander an die Wand argumentiert: Die einen fragen mich „Warum machst du das?“, und ehe ich antworten kann, schreiben schon mehrere andere „Ja, ist doch klar, weil ...“.
Haben Sie sich denn vorgenommen, dieses Jahr investitionsfreudiger zu sein?
Ja, durchaus. Dass ich in Staffel eins so aufgetreten bin, wie man es in der Sendung dann erlebt hat, lag unter anderem auch daran, dass ich überhaupt nicht wusste, was mit «Die Höhle der Löwen» überhaupt auf mich zukommt. Ich habe in vielerlei Hinsicht eine andere Herangehensweise als meine Kollegen. Ich bin Familienunternehmerin und weiß daher, wie lange es teils dauert, um wichtige Unternehmenswerte überhaupt erst einmal zu erschaffen. Mein Vater hat über 40 Jahre gebraucht, um seinen Kindern diese Werte zu übertragen, die wir nun aufrechterhalten wollen. Und wenn dann beim Pitch jemand ankommt und zum Teil schwindelerregende Summen verlangt, ist das für jemanden, der direkt aus der Start-up-Szene kommt völlig normal. Ich habe mit der Zeit festgestellt, dass solche Forderungen recht alltäglich aufgefasst werden – aber für mich war das in Staffel eins noch ein Brief mit sieben Siegeln. Und zudem habe ich dieses Jahr das Gefühl, dass die Gründer sich gegenüber denen aus Staffel eins verändert haben. Zu sagen, sie seien qualifizierter, wäre ein bisschen unfair, jedoch wecken sie in mir mehr Vertrauen, dass eine Investition meinerseits angebracht wäre. Sie sind in dieser Staffel richtig, richtig gut und bringen tolle Ideen mit. Hinzu kommt, dass auch ich mich geändert habe: Ich weiß, was ich hier mache, ich fühle mich daher wohler und betrachte deswegen alles gelassener.
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Die Gründer sind nicht mehr so skeptisch. Wir müssen uns da ja nichts vormachen: Bei einer neuen Sendung wie dieser weiß man vorab doch nie, was da letzten Endes passiert. Das war bei mir nicht anders. Vorab kann dir keiner sagen, welche Richtung eine Fernsehsendung einschlägt.
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Lencke Steiner
Was ist Ihre Erklärung, weshalb die Gründer dieses Jahr noch besser sind als vergangenes Jahr?
Ich schätze, das hat einen ganz simplen Ursprung: Die Gründer sind nicht mehr so skeptisch. Wir müssen uns da ja nichts vormachen: Bei einer neuen Sendung wie dieser weiß man vorab doch nie, was da letzten Endes passiert. Das war bei mir nicht anders. Vorab kann dir keiner sagen, welche Richtung eine Fernsehsendung einschlägt. Man kann aus einer Person im Schneideraum so vieles machen, und ich glaube, die Gründer haben nun in Staffel eins gesehen, dass diese Sendung allen Beteiligten gegenüber sehr fair ist. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass daher viele Gründer jetzt gesagt haben: 'Ich bin dabei, ich will da auch mitmachen!'
Um daran anzuschließen: Ich habe ein wenig in die internationalen Versionen von «Die Höhle der Löwen» reingeschaut, und was mir in vielen der Schwesternformate aufgefallen ist: Die Investoren treten öfters zynischer auf, als ihr Löwen. Da werden Gründer viel häufiger niedergemacht oder vorgeführt, während in «Die Höhle der Löwen» der Tonfall konstruktiver ist. Woher rührt diese freundlichere Herangehensweise?
Jede Gründerin und jeder Gründer verdient erst einmal Respekt. Denn sie alle lösen sich gegen die normale gesellschaftliche Norm, einfach ein klassischer Angestellter zu sein, um stattdessen etwas zu riskieren und selber etwas aufzubauen. Ganz egal in welcher Ausgestaltung, gebührt meiner Meinung nach so etwas eine gewisse Grundachtung. Wenn ich aber merke, dass mich jemand verarscht, dann lasse ich das nicht zu und dann bekommt derjenige auch den entsprechenden Spruch reingedrückt. Da bin ich direkt. Bisher hatten wir einfach viele gute Gründer. Wir hatten einmal jemanden hier, bei dem ich das Gefühl hatte, er sei nur da, um durch die Sendung Gratiswerbung für sein Unternehmen abzuholen, demjenigen habe ich entsprechende Anmerkungen mitgegeben. Doch davon abgesehen hatten wir in der «Höhle der Löwen» einfach keinen Anlass, frech zu werden.
Gibt es dennoch Fehler, die sich bei den Gründern, die bei euch Löwen vorsprechen, auffällig oft wiederholen?
Was mir besonders ins Auge sticht, ist eine Sache, die Gründerteams betrifft. Da fehlt ab und an eine Kompetenz. Entweder steht vor uns der Vertriebsexperte, und er hat sämtliche technische Fakten vergessen, oder es stellt sich uns der technische Experte gegenüber, der aber keinerlei Wirtschaftszahlen nennen kann. Das gibt es immer wieder. In der Summe sind die Gründer aber dieses Jahr sehr gut vorbereitet und vor allem wissen sie genau, wo sie mit ihrem Pitch hinwollen.
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Ich achte durchaus verstärkt darauf, dass Produkte, die hier vorgestellt werden, auch nachhaltig sind. Wenn ich in etwas investiere, sollte es ökologisch vertretbar sein und im Idealfall auch einen gesellschaftlichen Sinn erfüllen.
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Lencke Steiner
Würden Sie, selbst wenn der Pitch an sich perfekt abläuft, manche Ideen prinzipiell ablehnen?
Ich achte durchaus verstärkt darauf, dass Produkte, die hier vorgestellt werden, auch nachhaltig sind. Wenn ich in etwas investiere, sollte es ökologisch vertretbar sein und im Idealfall auch einen gesellschaftlichen Sinn erfüllen. Natürlich würde bei «Die Höhle der Löwen» nie jemand vorbeischauen, der eine Waffe vorstellt. Allerdings hatten wir letztes Jahr ja diesen 'Plöpper', einen Bieröffnungsmechanismus, den man durchaus als Schusswaffe missbrauchen könnte. Ganz zu schweigen, dass das Gerät jede Menge Müll macht. Bei solchen Pitches bin ich generell sofort raus.
Wie sieht Ihre übliche Vorbereitung auf einen «Die Höhle der Löwen»-Drehtag aus?
Ich bereite mich praktisch gar nicht vor. Ich steige aus dem Bett, werde im Studio chic gemacht, wofür ich sehr, sehr dankbar bin. Und auf die normalen Drehtage bereite ich mich auch daher nicht vor, weil wir ja eh nicht wissen, was auf uns zukommt. Was ich aber vor Staffelbeginn einmalig gemacht habe, war, dass ich mir nochmal Folgendes bewusst gemacht habe: Wir wissen ja nicht, wie der Fernsehzuschauer etwas aufnimmt. Jedoch ist es wichtig, dass das Publikum dasselbe weiß wie wir, die im Studio sitzen und ein Produkt oder eine Idee vorgestellt bekommen. Daher habe ich nochmal verinnerlicht, meine Gedankengänge und Beobachtungen besser zu beschreiben. Wenn ich etwa ein Textilprodukt in der Hand halte, dann muss ich das, was ich da fühle, so erläutern, dass der Fernsehzuschauer auf demselben Stand ist wie ich. Das sind ganz einfache Mechanismen für Fernsehleute, aber ich als Unternehmerin musste mich damit vor der Sendung niemals auseinandersetzen. Dass zwischen unseren Erlebnissen im Studio und dem Betrachter eine Barriere ist, ist logisch, nur musste ich lernen, wie man die überwindet.
Ich konnte ja eben drei Pitches in voller Länge verfolgen, und auch wenn ich das durchgehend spannend fand, ging mir ein Gedanke durch den Kopf: Wenn ich jetzt einer der Löwen wäre, und das mehrere Tage lang machen würde – würde ich da noch immer die ganze Zeit konzentriert zuhören? Denn, ehrlich gesagt: Es wäre doch vollkommen vertretbar, abzuschalten, wenn irgendwann klar wird: Okay, das ist kein Produkt für mich, sollen die Anderen mal weiterverhandeln …
Man entwickelt in den ersten fünf Minuten schon ein Gespür dafür, ob der Pitch von Interesse ist oder nicht. Das entwickelt sich aus dem ersten Eindruck: Wie performt jemand, wie sicher tritt er auf, wie ist sein Verhältnis zu seinem Produkt … Darauf achte ich am Anfang natürlich sehr genau. Aber die Fragen, die sich daraufhin entwickeln, sind so entscheidend, dass man sich tatsächlich nonstop konzentrieren muss.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
«Die Höhle der Löwen» ist ab dem 18. August 2015 immer dienstags um 20.15 Uhr bei VOX zu sehen.
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