Das Erste, ZDF, RTL, kabel eins und vor allem VOX: Zahlreiche große Sender hatten im Juli wieder empfindliche Verluste hinzunehmen. Klar besser als zuletzt lief es derweil für kaum jemanden.
Die Ferienzeit lässt auch das deutsche Fernsehen nicht unbeeindruckt, denn die Zuschauerzahlen fallen in diesen Tagen oft selbst bei erfolgreichen Formaten erschreckend schwach aus. Ein wenig verwundert es bei allen saisonbedingten Abschlägen dann allerdings schon, dass es im gesamten Juli nicht einmal ansatzweise gelang, einem zweistelligen Millionenwert nahe zu kommen. Die höchsten Reichweiten erzielten überraschend zwei «Brennpunkt»-Ausgaben zum Thema Griechenland-Krise, die am 5. und 12. Juli jeweils sonntags zur besten Sendezeit auf 7,53 und 7,51 Millionen Fernsehende zu verweisen hatten. Die anschließenden «Tatort»-Folgen «Scheinwelten» und «Schutzlos» stellten mit 7,27 und 6,12 Millionen die Positionen drei und vier - zumindest unter der Prämisse, dass man Ausstrahlungen vor 20:15 Uhr außen vor lässt. Andernfalls bestücken drei «Tagesschau»-Folgen die Plätze vier bis sechs mit 6,41 bis 7,07 Millionen Interessenten. Auch hier ragten übrigens die Sonntags-Ausgaben heraus. Erst auf Rang elf im Monatsranking folgt mit der letzten «In aller Freundschaft»-Folge des Monats eine nicht am Sonntag gezeigte Ausstrahlung. Die Klinikserie kam hier auf 5,54 Millionen.
Das sonst beim Gesamtpublikum so starke Zweite Deutsche Fernsehen ließ seinen öffentlich-rechtlichen Kollegen und Mitbewerber diesmal an der Spitze weitgehend geähren, neben zwei «heute-journal»-Folgen und den Kult-Formaten «Das Traumschiff» und «Inga Lindström» gelang es einzig dem Spielfilm «Herzversagen», mehr als fünf Millionen Zuschauer zu unterhalten - mit 5,24 Millionen war man sogar die stärkste ZDF-Ausstrahlung des Monats. RTL kann dank der Formel 1 aber zumindest auf die besten Marktanteile des Monats verweisen, mit 33,1 für das Ungarn-Rennen sowie 30,2 Prozent für jenes in Großbritannien konnten ARD und ZDF nicht konkurrieren. Die Zuschauerzahlen lagen aufgrund der Ausstrahlungszeit von etwa 14 Uhr dennoch nur bei vergleichsweise überschaubaren 4,64 und 4,66 Millionen. Ebenfalls sehr gefragt: das letzte WM-Spiel der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft, das erst um 22 Uhr auf Sendung ging. Entsprechend reichten hier schon 5,39 Millionen für einen tollen Marktanteil von 30,1 Prozent.
Höchste ProSieben-MAs am Mittwoch seit 2007
- «Under the Dome» (Folgen 1-3, 09/13): 23,1%
- «The 100» (F. 1-3, 07/15): 22,5%
- «Under...» (F. 4-6, 09/13): 21,3%
- UEFA-Cup (Bayern-Thessaloniki, 12/07): 19,5%
- «Desperate Housewives» (04/08): 19,1%
Liste der fünf am Mittwoch um 20:15 Uhr gezeigten Ausstrahlungen des Senders seit 2007.
In der werberelevanten Zielgruppe konnte die neue ProSieben-Serie «The 100» vor allem bei ihrer Premiere auf sich aufmerksam machen, mit den 1,95 Millionen jungen Zuschauern und überragenden 22,5 Prozent erreichte der Unterföhringer Sender wahre Sensationswerte (siehe auch Infobox). Zumindest zur Primetime hatten die privaten Mitbewerber nicht einmal ansatzweise etwas in petto, das für ähnlich große Erfolge zu haben war. Zum Vergleich: RTL verzeichnete am letzten Tag des Monats mit seinem «Duell der Jahrzehnte» immerhin 18,0 Prozent - und damit den höchsten Monatswert um 20:15 Uhr. Und Sat.1? Da kamen nur drei Primetime-Ausstrahlungen überhaupt auf etwas mehr als zwölf Prozent: zwei «Criminal Minds»-Folgen und der Spielfilm «Noch tausend Worte». Selbst beim Gesamtpublikum startete «The 100» mit 3,06 Millionen und 12,5 Prozent für ProSieben-Verhältnisse grandios.
Und bei den Kleinen? Da machte überraschend der 27 Jahre alte «Crocodile Dundee II» auf sich aufmerksam, da der Streifen mit 2,26 Millionen die einzige Ausstrahlung mit mehr als zwei Millionen Interessenten war. In der Zielgruppe allerdings war erwartungsgemäß «Sing meinen Song» mit 1,10 Millionen Zuschauern und 11,7 Prozent unschlagbar, besagtes kabel-eins-Filmangebot hatte "nur" 9,8 Prozent bei 0,90 Millionen vorzuweisen. RTL II verbuchte seine größten Erfolge am Montagabend mit den Dokusops «Die Wollnys» und «Sarah & Pietro». Einen Totalausfall zur besten Sendezeit leistet sich der Sender derzeit am Samstag mit der Serie «Teen Wolf», die mit nur 0,29 bis 0,38 Millionen Zuschauern - wohlgemerkt beim Gesamtpublikum - die letzten vier Plätze aller 20:15-Uhr-Ausstrahlungen des Monats belegt. Sehr weit unten mit dabei ist allerdings auch Samu Habers Musik-Projekt «Die Band», das am ersten Donnerstag des Monats nicht über debakulöse 0,55 Millionen Fernsehende hinaus kam - und anschließend irgendwo im ProSieben-Programm-Nirgendwo versendet wurde.
Alle Zuschauer (Juli 2015)
ALLE ZUSCHAUER (JULI)
11,0
12,1
12,3
12,7
9,2
9,7
3,8
3,7
4,8
4,9
8,2
8,0
5,3
5,2
4,0
4,2
Marktanteile in % | Juli 2015 ggü. Juni 2015
Das ZDF hat es geschafft: Zum zwölften Mal in Folge konnte der Mainzer Sender die Marktführung für sich verbuchen, einzig im April musste er sie sich mit dem Ersten Deutschen Fernsehen teilen. Davon war man diesmal ein gutes Stück entfernt: Gute 12,3 Prozent entsprachen zwar einem deutlichen Verlust gegenüber dem Vormonat, dennoch war das Zweite klar meistgesehener Sender. Das Erste hatte sich derweil mit 11,0 Prozent aller Fernsehenden zu begnügen, nachdem man seit Februar stets auf deutlich bessere 11,6 bis 12,2 Prozent zu verweisen hatte. Zu allem Überfluss hatte man damit einen neuen Allzeit-Tiefststand hinzunehmen, nachdem mit 11,1 Prozent ein solcher bereits im Oktober vergangenen Jahres verzeichnet worden war.
Mit Hiobsbotschaften kennt sich derweil RTL bestens aus, sind die Kölner doch mittlerweile schon einstellige Marktanteile gewöhnt. Dennoch waren die diesmal verzeichneten 9,2 Prozent ganz nah dran, historische Dimensionen anzunehmen. Einzig den mit nur 8,4 bis 9,0 Prozent dramatisch miesen Sommermonaten des Vorjahres - allerdings zum Teil auch in direktem Wettbewerb zur Fußball-WM - hat man es zu "verdanken", dass Allzeit-Tiefs verhindert werden konnten. Durchaus brisant: Da sich der Sender ein wenig auf 8,2 Prozent verbesserte und generell seit gut zwei Jahren schon konstant bei immerhin noch gut acht Prozent liegt, liegt Sat.1 gar nicht mehr in allzu weiter Ferne.
In der hinteren Reihe blieb ProSieben recht konstant bei 5,3 Prozent, während VOX nach ohnehin schon schwachen 4,9 Prozent noch einmal ein wenig verlor und sich mit nur noch 4,8 Prozent zu begnügen hatte. Immerhin RTL II verhinderte einen weiteren rabenschwarzen Monat der größten Vertreter der RTL-Gruppe: Mit 3,8 Prozent verbesserte man sich leicht gegenüber dem Vormonat und kam auch Hauptkonkurrent kabel eins wieder näher, da dieses gleichzeitig auf 4,0 Prozent nachgab. Für letztgenannten Sender dürfte dies allerdings verkraftbar sein, denn mit 4,2 Prozent war man zuletzt so stark unterwegs wie seit fast zwei Jahren nicht mehr.
Erstmals überhaupt im Kalenderjahr 2015 muss auch wieder auf einen neuen kumulierten Marktanteils-Tiefstwert hingewiesen werden, nachdem man sich zuletzt immerhin bei zumeist etwas mehr als 60 Prozent eingependelt hatte. Die deutlichen Verluste von ARD, ZDF und RTL sorgten allerdings maßgeblich dafür, dass mit 58,6 Prozent das bisherige Allzeit-Tief von 59,8 Prozent sogar noch recht deutlich unterboten wurde. Zum Vergleich: Noch vor einem Jahr erreichten die "Big Player" des TV-Markts etwa 63 Prozent aller Fernsehenden ab drei Jahren, vor zwei Jahren waren es sogar noch rund 65 Prozent. Die Defragmentierung bleibt also ein allgegenwärtiges Phänomen des deutschen Fernsehens.
14- bis 49-Jährige (Juli 2015)
14- BIS 49-JÄHRIGE (JULI)
6,2
7,2
5,4
6,1
12,3
12,7
6,3
5,8
6,2
6,5
9,2
9,3
11,2
10,8
5,4
5,8
Marktanteile in % | Juli 2015 ggü. Juni 2015
Beim jungen Publikum bleibt RTL einerseits Marktführer, hatte allerdings auch in diesem Juli wieder auf ein arg enttäuschendes Resultat zu verweisen. Mit gerade einmal 12,3 Prozent wurde der Saison-Mittelwert von 13,4 Prozent deutlich unterboten, nur ein einziges Mal lief es seit September noch schlechter: im Dezember mit 12,2 Prozent. Mittlerweile überrascht auch nicht mehr der geringe Abstand von ProSieben, das allerdings zuletzt vier Mal in Folge die Elf-Prozentmarke verfehlte. Wer darin schon eine Abwärtstendenz sah, sollte dieses Urteil noch einmal überdenken, denn mit 11,2 Prozent lief es diesmal gut wie seit vergangenen November nicht mehr.
Etwas anders als beim Gesamtpublikum entwickelte sich Sat.1, das in der Gruppe der 14- bis 49-Jährigen sogar leicht auf 9,2 Prozent nachgab - trotz der Gewinne bei allen Fernsehenden. Auch musste der zweitschwächste Wert seit vergangenen Juli hingenommen werden, einzig im Januar lief es mit 9,0 Prozent noch ein wenig mieser. Hinter dem Treppchen tat sich dann eine erhebliche Diskrepanz auf: Das Erste, das zuletzt drei Mal in Folge sehr starke 7,2 Prozent verzeichnet hatte, fiel diesmal ohne große Sport-Unterstützung drastisch auf nur noch 6,2 Prozent zurück. Damit war man sogar RTL II unterlegen, das allerdings auch einen deutlichen Satz nach oben machte. Nach zuletzt nur noch 5,8 Prozent verbesserten sich die Grünwalder auf 6,3 Prozent.
Dramatisch lesen sich mittlerweile die Zahlen von VOX, das derzeit schlicht kein Mittel zu finden scheint, dem sukzessiven Abwärtstrend gegenzuwirken. Nach ohnehin schon dramatisch schwachen 6,5 Prozent zuletzt fiel man abermals auf 6,2 Prozent zurück - im Mai wurden noch 6,9 Prozent generiert. Auch die temporäre Juni-Euphorie von kabel eins hielt nicht lange, hier gab es Abschläge von 5,8 auf 5,4 Prozent zu verkraften. Dennoch gab es in jüngerer Vergangenheit auch schon deutlich schlechtere Tage. Das ZDF muss hingegen aufpassen, bei allen Erfolgen beim Gesamtpublikum nicht die jüngeren Zuschauer komplett zu verprellen, denn mit nur 5,4 Prozent wurde bereits zum vierten Mal seit Februar die Sechs-Prozentmarke deutlich verfehlt. Der historische Flopwert der Mainzer datiert vom Februar 2012 und liegt bei 5,2 Prozent.
Wo wir grad bei historischen Flopwerten sind: Einen solchen müssen die großen deutschen Sender diesmal auch wieder in der Gesamtbetrachtung hinnehmen. Mit 62,2 Prozent lag der Gesamtwert zwar noch deutlich höher als beim Gesamtpublikum, doch auch bei den 14- bis 49-Jährigen wurden die 64,2 Prozent vom Vormonat deutlich verfehlt. Bislang waren 63,6 Prozent das tiefste der Gefühle, diese Summe datiert erst vom Februar dieses Jahres.
Alle Zuschauer (Fernsehjahr)
ALLE ZUSCHAUER (GESAMTES JAHR)
11,6
11,6
12,6
12,7
10,1
10,2
3,9
3,9
5,1
5,2
8,1
8,1
5,5
5,5
3,8
3,7
Marktanteile in % | Sep 2014 – Jul. 2015 ggü. Sep. 2014 – Mai 2015
Beim Vergleich des durchschnittlichen Marktanteils in der Hauptsaison (September bis Mai) mit jenem der vergangenen elf Monate tun sich auch diesmal nicht allzu dramatische Veränderungen auf. RTL verliert ein weiteres Zehntel, dürfte allerdings wohl trotzdem auch nach dem August soeben noch zweistellig in die neue Saison gehen. Auch Schwestersender VOX gibt noch ein wenig nach und landet bei gerade einmal noch 5,1 Prozent. Leicht bergauf geht es derweil nach zwei starken Monaten für kabel eins - wenn auch in ähnlich überschaubarem Ausmaß wie bei den beiden zuvor genannten Sendeanstalten.
14- bis 49-Jährige (Fernsehjahr)
14- BIS 49-JÄHRIGE (GESAMTES JAHR)
6,6
6,6
5,9
6,0
13,2
13,4
6,2
6,2
6,8
6,9
9,5
9,6
11,1
11,1
5,4
5,3
Marktanteile in % | Sep 2014 – Jul. 2015 ggü. Sep. 2014 – Mai 2015
In Anbetracht der Bewegungsarmut, die sich bei der hier genutzten Vergleichsform gemeinhin auftut, liest sich der Rückgang RTLs um gleich 0,2 Prozentpunkte schon beinahe dramatisch - er verwundert aber nach zuletzt zwei Werten unterhalb der 13-Prozentmarke in Folge nicht. Leichtere Rückgänge haben auch das ZDF, Sat.1 und VOX zu verkraften - und wenn es um Gewinne geht, lässt sich auch hier nur kabel eins benennen. Der Vergleich mit dem Vorjahres-Juli ist insofern wenig zielführend, da dieser noch erheblich von der Fußball-WM geprägt war und ARD und ZDF mit jeweils rund zehn Prozent ungleich stärker abschnitten als unter normalen Bedingungen. Bemerkenswert aber: Während alle anderen Privatsender im Juli 2014 schlechtere Zahlen generierten als in diesem Juli, lag VOX diesmal wie schon im Vorjahres-Juli bei 6,2 Prozent..
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