Popcorn und Rollenwechsel: Framerates in 6 Schritten
Unsere Kinokolumne blickt aus aktuellem Anlass auf die Geschichte von Bildraten im Kino.
12fps aufwärts, Phi-Phänomen: Wie der Wissenschaftler Max Wertheimer 1912 in einem Artikel erläuterte, kann das menschliche Auge elf bis zwölf Einzelbilder in der Sekunde als solche wahrnehmen. Alles, was schneller ist, täuscht eine Bewegung vor – bei niedriger Bildrate selbstredend ruckelnder als bei höherer Rate. Thomas Edison baute auf diesen Forschungsergebnissen auf und urteilte, dass ab 46 Bildern pro Sekunde bei einer Film-Projektion kein Lichtflackern mehr bemerkbar ist.
rund 16fps, Stummfilm-Standard: Um Geld zu sparen, wurden üblicherweise 16 Bilder pro Sekunde gedreht, und jedes Einzelbild zur Tilgung des Lichtflackerns jeweils drei Mal auf die Leinwand geworfen. Diese Faustregel wurde jedoch aus diversen Gründen nicht durchgehend korrekt befolgt.
24fps, Tonfilm-Standard: Bei der Entwicklung des Tonfilms stellte sich heraus, dass der Klang einer auf einen 16fps-Filmstreifen kopierten Tonspur dumpf ausfällt. Daher musste eine höhere Bildrate zum Indstriestandard ernannt werden, die dennoch gering genug ist, um Kosten für Filmstreifen zu sparen und sich obendrein den technischen Standards anpasst. Die magische Zahl: 24!
48fps, «Der Hobbit»-Trilogie: Peter Jackson versuchte, mit seiner zweiten Mittelerde-Trilogie für eine technologische Revolution zu sorgen und setzte auf die doppelte Anzahl an Bildern pro Sekunde als üblich. Die Intention des Regisseurs war es, durch die höhere Bildrate für flüssigeres 3D zu sorgen, das zudem beinahe frei von Unschärfen respektive Fehlbildern ist. Die Publikumsreaktion allerdings war bestenfalls durchwachsen. Während manche Kinogänger eben diese Aspekte lobten, kritisierten andere die HFR-Version des Films als befremdlich. Wissenschaftler erklärten dies unter anderem mit einem 'Uncanny Valley'-Effekt, als dass die klassischen 24fps schnell genug sind, um dem Auge Bewegung vorzutäuschen, aber langsam genug, um dem Gehirn die Illusion auch als solche begreiflich zu machen. 48fps derweil lande in einer Grauzone zwischen guter Illusion und schlechter Kopie der Realität. Andere urteilten, dass das realere Bild im Kontrast zur Fiktion der Geschichte stünde und wieder andere kritisierten, dass durch das schärfere Bild die Imperfektionen im Produktions- und Kostümdesgin auffälliger werden würden.
60fps, «The Neon Demon»: Nicolas Winding Refn dreht, wie Nebendarstellerin Jena Malone via Instagram enthüllte, seinen Horrorfilm in dieser erhöhten Bildfrequenz – oder zumindest einige Sequenzen des Films. Somit arbeitet er mit der Rate, die Kameralegende Douglas Trumbull, unter anderem verantwortlich für «Shining», seit Jahrzehnten als Kino-Mindeststandard einführen will, da sie wenigstens die Hälfte dessen darstellt, was Trumbull als perfekt ansieht: Wie er mit einem Kurzfilm namens «UFOTOG» Branchenmitgliedern vorführte, bringt diese nämlich klare Bilder ohne jegliche Bewegungsunschärfe mit sich.
120fps, «Billy Lynn's Long Halftime Walk»: Ang Lees 3D-Satire über den Umgang Amerikas mit dem Irakkrieg mit Vin Diesel, Kristen Stewart, Garrett Hedlund, Beau Knapp, Ben Platt und Steve Martin bringt 2016 die von Trumbull gefeierte Framerate in den Mainstream. Lee, dessen 3D-Drama «Life of Pi» gefeiert wurde, möchte sich somit weiter darin betätigen, neue technologische Gewässer auszutesten.