Es geht nicht um den Ruhm, sondern um den Spaß: «Marvel's Agent Carter»-Frontfrau Hayley Atwell spricht mit Quotenmeter.de darüber, weshalb Hauptrollen besser sind als Nebenrollen. Außerdem erörtert sie ihre enge Zusammenarbeit mit den Showrunnern und ihre Hoffnungen für Staffel zwei.
Zur Person: Hayley Atwell
Hayley Atwell wurde 1982 in London als einzige Tochter eines US-amerikanischen Fotografen und einer englischen Immobilienmaklerin geboren. 2002 begann sie ein Schauspielstudium an einer renommierten Londoner Musik- und Dramaschule. Es folgten diverse Theaterrollen, 2007 wurde sie durch Woody Allens Drama «Cassandras Traum» erstmals einem internationalen Publikum bekannt, ein Jahr später folgte das Kostümdrama «Die Herzogin» mit Keira Knightley. Seit 2011 ist sie Teil des Marvel-Universums, in dem sie die taffe britische Offizierin Peggy Carter spielt, die sich in Captain America verliebt.Das Publikum hat dich als Peggy Carter bereits in den «Captain America»-Filmen gesehen, du wirst auch in einem kommenden Kinofilm in diese Rolle schlüpfen, du hast sie außerdem bereits in einem Kurzfilm gespielt und letztlich in deiner eigenen Serie. Kurzum: Du bist die Geheimwaffe der Marvel Studios geworden. Fühlst du dich dadurch unter Druck gesetzt?
Zum Glück fühle ich mich keinerlei Druck ausgesetzt. Als ich zum Marvel-Universum hinzugestoßen bin, war es ursprünglich nicht so, dass die Fans mit der Erwartung herangetreten sind, dass meine Rolle groß oder bedeutungsvoll ausfallen wird. Da die Reaktion auf Peggy nach ihrem ersten Auftritt aber gemeinhin sehr positiv war, haben wir es so aufgefasst, dass die Fans auch mehr von ihr sehen wollen. So kam es zum Kurzfilm, der ebenfalls toll ankam, weshalb wir dann die Serie gedreht haben. Insofern fühlt es sich für mich nicht so an, als ruhe eine schwere Last auf mir – ich empfinde es eher als enormes Privileg, wiederholt eine Figur spielen zu dürfen, die so beliebt ist.
Was mir, und vielen Fans, an «Marvel's Agent Carter» so sehr zusagt, ist der Umstand, dass es mehr ist als nur irgendeine weitere Agenten-Abenteuerserie. Sie macht Spaß, die Action ist spannend, der Look ist großartig, hinzu kommt aber, dass sich die Serie sehr clever und unaufdringlich dem Thema Sexismus annimmt. War diese Balance aus anspruchsvollen Elementen und leichtfüßiger Unterhaltung von vornherein dein Ziel mit dieser Serie, oder hat es sich nach und nach in diese Richtung entwickelt?
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Einerseits liebe ich an Marvel, dass deren Produktionen solch eine humorvolle Seite aufweisen. Auf der anderen Seite habe ich mir erhofft, dass «Marvel's Agent Carter» eine große emotionale Tragweite aufweist.
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Hayley Atwell
Dieser Balanceakt ist tatsächlich unser oberstes Ziel und mir sehr wichtig an der Serie. Darüber habe ich auch direkt zu Beginn der Planungsphase ausführlich mit den Produzenten und Autoren gesprochen, denn einerseits liebe ich an Marvel, dass deren Produktionen solch eine humorvolle Seite aufweisen. Auf der anderen Seite habe ich mir erhofft, dass «Marvel's Agent Carter» eine große emotionale Tragweite aufweist. Denn ich finde, dadurch wird es noch spannender, der Geschichte zu folgen und es ermöglicht auch, dass meine Figur der Peggy mehr von ihrer Persönlichkeit zeigen und einem so stärker ans Herz wachsen kann. Die Showrunner waren da mit mir auf einer Wellenlänge, weshalb wir in der Serie solche thematischen Bezüge eingearbeitet haben.
Das hört sich so an, als hätten die Showrunner eine sehr enge Zusammenarbeit mit dir gepflegt?
Ja, auf jeden Fall. Die Showrunner Christopher Markus & Stephen McFeely haben von Anfang an klar gemacht, dass sie sich mein Feedback wünschen, weil sie wissen wollten, was ich über Peggy denke. Ihnen waren meine Gefühle für die Figur wichtig, da ich mich ja schon für «Captain America – The First Avenger» in sie eingearbeitet habe. Daher haben wir uns zu Beginn der Planungsphase zusammengesetzt und intensiv darüber ausgetauscht, was ich mit Peggy ausdrücken möchte. Das war für mich eine traumhafte Erfahrung, weil es bedeutete, dass ich nicht einfach nur ans Set komme und meine Zeilen vortrage. Es war wirklich so, dass die Showrunner darauf eingingen, wie ich meine Rolle sehe und was ich mir für sie wünsche. Und mir war es besonders wichtig, sowohl Peggys Verletzlichkeit als auch ihre Scharfsinnigkeit aufzuzeigen, sowie ihre Fähigkeit, sich als Frau in solch einer männerdominierten Welt durchzuschlagen.
© Hannes Magerstädt / Syfy
Hayley Atwell (links) auf dem Münchener Vorabscreening-Event, bei dem Journalisten und Marvel-Fans «Marvel's Agent Carter» auf der großen Leinwand sehen und mit der Schauspielerin plaudern durften.
Welche besonderen Herausforderungen gibt es für dich als Hauptdarstellerin, wenn eine Serie tonal so breit gefächert ist wie «Marvel's Agent Carter»?
Für mich ist das Vereinen dramatischer und humorvoller Momente kein Problem. Die größte Herausforderung war für mich, dass ich die Texte bloß schrittweise lernen konnte, da Marvel aus Furcht vor Leaks die Drehbücher vorab stets nur in kleinen Etappen herausgab. Deswegen musste ich relativ flink sein, wenn es darum ging, Entscheidungen zu treffen, wie ich Peggy in manchen Situationen anlege. Solche Überlegungen zügig, aber trotzdem mit voller Überzeugung zu treffen, stellte eine große Hürde dar, der ich mich aber gern gestellt habe.
Was fiel dir denn schwerer: Mit «Marvel's Agent Carter» eine eigene Serie zu tragen, oder Peggy als Nebenfigur in Filmen wie «Captain America – The First Avenger» darzustellen?
Ich finde es generell schwieriger, in einer Nebenrolle zu agieren. Das Lustige daran, die Hauptrolle zu haben, ist dass man so viel erledigen muss, dass man gar nicht dazu kommt, sich in Sorgen darüber zu verrennen, ob man seinen Job richtig macht. Für diese Gedanken ist einfach keine Zeit, weil man sich andauernd auf das konzentriert, was ansteht. Das bedeutet zudem, dass es nie langweilig wird, weil man ja einfach nicht zur Ruhe kommt. Agiert man dagegen in einer kleineren Rolle, muss man bei den Dreharbeiten auch viel Zeit mit Warten verbringen. Und ich bin von Natur aus jemand, der lieber zu viel zu tun hat, als sich zu langweilen.
Den Eindruck erweckst du auch auf deinem Twitter-Account, auf dem du zahlreiche lustige Fotos vom Set veröffentlicht hast. Die lassen dich wie einen regelrechten Scherzkeks dastehen …
Das liegt daran, dass ich einer bin. [lacht] Es fing damit an, dass ich mich in dunklen Ecken oder in den Cast- und Crew-Wohnwagen versteckt und versucht habe, meine Schauspielkollegen zu erschrecken, indem ich hervorspringe und grauenvolle Geräusche mache. Wir haben aber auch alberne Wettbewerbe veranstaltet, wie etwa dieses Spiel, bei dem man die Hände hinterm Rücken verschränkt und versucht, mit dem Mund Trauben in die Luft zu schleudern, ehe man sie wieder auffängt. Oder auch solche Verrücktheiten, wie das Tauschen unserer Kostüme untereinander… Mir war es am Set wichtig, dass wir alle stets großen Spaß haben und dadurch eine Kameradschaft zueinander entwickeln. Denn ich glaube, dass es sich auf die Serie überträgt, wenn wir bei der Produktion Freude verspüren.
Das ist euch gelungen! Nicht nur die Fans hatten große Freude an der ersten Staffel, auch die professionellen Kritiken fielen sehr positiv aus – nur die Quoten ließen bekanntlich leider zu wünschen übrig. Üben die Quoten und Kritiken einen Einfluss darauf aus, wie du deine Arbeit angehst?
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Mir geht es hauptsächlich darum, schauspielerisch das mir Bestmögliche zu geben. [...] Die Quoten zu verfolgen, ist dagegen nicht mein Job, dafür schaue ich aber regelmäßig, wie die Fans bei Twitter reagieren.
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Hayley Atwell
Nein, nicht direkt, denn ich finde, dass diese Sachen nicht in meinen Aufgabenbereich fallen. Mir geht es hauptsächlich darum, schauspielerisch das mir Bestmögliche zu geben, ansonsten bin ich noch etwas in die Marketing- und Publicity-Arbeit involviert. Die Quoten zu verfolgen, ist dagegen nicht mein Job, dafür schaue ich aber regelmäßig, wie die Fans bei Twitter reagieren. Denn mir ist es wichtig zu wissen, wie die Zuschauer, die tatsächlich einschalten, die Serie finden. Und das Feedback dort ist überwältigend, ich spüre wirklich, dass die Fans sehr loyal sind und eine persönliche Bindung zu den Figuren aufbauen. So etwas zu sehen, ehrt mich sehr und geht mir näher als die reinen Zuschauerzahlen.
Marvel-Fans sind ja mitunter sehr engagiert und kreativ. Gibt es Fantheorien über «Marvel's Agent Carter», die dir besonders in Erinnerung geblieben sind?
Oh, da gibt es so viele… Die meisten drehen sich um Peggys Liebesleben, und diese Theorien sind, finde ich, auch am besten. Wir wissen ja aus «The Return of the First Avenger», dass Peggy eines Tages heiraten und Kinder kriegen wird, und die Fans sind sehr erfinderisch, was die Identität ihres Mannes angeht und wie sie sich kennenlernen, oder wie es sich auf Peggy auswirkt, Mutter zu sein. Unsere Autoren möchten auch sehr gerne auf diese Theorien eingehen, sollten wir eine zweite Staffel kriegen, was sich ja leider noch in der Schwebe befindet. Darüber hinaus haben die Fans viele Ideen, was Peggys Hintergrundgeschichte anbelangt – wie sie zu der einzigartigen Person wurde, als die wir sie erleben. Und davon inspiriert würde ich mich sehr freuen, wenn wir die Gelegenheit bekämen, auch das in etwaigen neuen Folgen auszuloten.
Sofern es den Fans gelingt, ABC von der Idee zu einer zweiten Staffel zu überzeugen: Gibt es auch etwas, was du dir persönlich von den neuen Folgen wünschst?
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Ich möchte sehen, welche Rolle Peggy in der Bürgerrechtsbewegung gespielt hat, oder wie sie sich in der Frauenbewegung betätigt. Denn ich finde, dass Peggy eine Figur ist, die sich an diesen Änderungen beteiligt – und ich stelle es mir unterhaltsam vor, ihr dabei zuzusehen.
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Hayley Atwell
Das liegt für mich auf der Hand: Ich finde, es wäre sehr interessant, den besagten Fantheorien zu folgen, und sowohl Peggys Liebesleben als auch ihre Herkunft näher zu beleuchten. Des Weiteren würde ich einfach sehr gerne sehen, welche Abenteuer Peggy noch in späteren Jahren im Rahmen ihrer Spionagearbeit erlebt. Bisher haben wir sie ja vornehmlich in den 40er-Jahren gesehen, aber ich hätte große Freude daran, nach und nach in der Zeit vorzurücken und Peggy in den 50ern, 60ern, 70ern, 80ern und in den 90ern anzutreffen. Denn im Laufe dieser Jahrzehnte gibt es so viele soziopolitische Wendepunkte, auf die sie reagieren könnte. Ich möchte sehen, welche Rolle Peggy in der Bürgerrechtsbewegung gespielt hat, oder wie sie sich in der Frauenbewegung betätigt. Denn ich finde, dass Peggy eine Figur ist, die sich an diesen Änderungen beteiligt – und ich stelle es mir unterhaltsam vor, ihr dabei zuzusehen.
Also, ich würde mir das auf jeden Fall gerne ansehen! Ich drücke daher ganz fest die Daumen, dass «Marvel's Agent Carter» eine zweite Staffel bekommt. Auch, weil es dann weitere Möglichkeiten für interessante Gastauftritte gäbe. Daher meine Frage: Wenn es mit der Serie weitergeht, welche Marvel-Figuren würdest du am liebsten in einer Gastrolle dabei haben? Du darfst dir zwei Stück aussuchen, ohne dir dabei irgendwelche Sorgen bezüglich der Marvel-Kontinuität zu machen!
Natürlich steht Steve Rogers für mich an allererster Stelle, das steht außer Frage! Chris Evans ist ein guter Freund von mir – er ist einfach wundervoll und ich habe ihn richtig lieb gewonnen. Und dann würde ich mir noch Black Widow wünschen. Es wäre klasse, noch eine richtig starke Frauenfigur mit ins Boot zu holen, und ich fände es super, dadurch mit Scarlett Johansson arbeiten zu können. Ich finde ihr Schauspiel großartig und ich kann mir vorstellen, dass der Dreh mit ihr eine richtig spaßige Angelegenheit wäre.
Zwar befanden sich Frauen im Autorenteam der ersten Staffel von «Marvel's Agent Carter», allerdings musste die Serie bislang ohne eine Regisseurin auskommen. Sollte es grünes Licht für Staffel zwei geben, könntest du dir vorstellen, selber auf dem Regiestuhl Platz zu nehmen, um das zu ändern?
Sollten wir eine zweite oder gar dritte Staffel machen, und sollte sich dabei die Gelegenheit ergeben, dass ich eine Episode selber inszenieren kann: Vielleicht! Es wäre jedenfalls eine fantastische Erfahrung. Ich glaube, ich kenne Peggy als Figur mittlerweile gut genug, und weil ich in unserer Serie in fast jeder Szene dabei bin, konnte ich den Regisseuren auch immer wieder ein wenig über die Schulter gucken. Insofern wäre es eine tolle Gelegenheit, mich bei «Marvel's Agent Carter» als Regisseurin zu versuchen.
Vielen herzlichen Dank für das Interview! Und ich drücke nun weiter die Daumen für neue Folgen von «Marvel's Agent Carter».
«Marvel's Agent Carter» ist ab dem 27. Mai 2015 immer mittwochs um 21 Uhr bei SyFy als deutsche Fernsehpremiere zu sehen.
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