Der digitale ZDF-Sender lädt zum Geschlechtertausch ein; und präsentiert damit wenig Überraschendes.
Hinter den Kulissen von «sexchange»
- Projekteitung: Uwe von Grafenstein
- Produzent: Gillad Osterer
- Produktionsleitung: Ben Kose
- Redaktion: Meike Trautmann
- Buch und Regie: Ali-Reza Bawandi, Gilda Losing D'souza
- Kostüm: Caterina di Fiore
- Produktionsfirma: SEO Entertainment
Brainstorming in der Eilversion: Was fällt ein zum Thema Geschlechtertausch? Genau: Jungs, die froh sind, überall pinkeln zu können wo sie wollen. Jungs, die froh sind, dass sie morgens binnen fünf Minuten das Haus verlassen können und Mädels, die meinen, sie hätten einen Titten-Bonus. Willkommen in ZDFneos
«sexchange», dem neuen Vorabendexperiment des digitalen ZDF-Ablegers, der in dieser Woche fünf Mal das Geschlecht tauschen lässt. In einem Format von SEO Entertainment, das in exakter gleicher Form und Aufmachung auch in Sat.1 vermutet werden könnte, ziehen drei Männer und zwei Mädels aufwändig gestaltete Masken auf, die sie zum anderen Geschlecht werden lassen.
Sie bekommen Sprachtraining, arbeiten mit Schauspiellehrern und werden dann auf ihre Umgebung losgelassen. Auf Überraschungen muss der Zuschauer dabei weitesgehend verzichten, wie auch der Off-Sprecher betont. Ja, den Männern fiel es bei den Dreharbeiten erwartungsgemäß schwerer „eine Frau“ zu sein. Die Mädels taten sich etwas leichter. „Provokativ und gleichzeitig unterhaltsam werden auf diese Weise im Gender-Experiment gesellschaftliche Mechanismen offengelegt. Das Spiel mit geschlechtlicher Identität – wie es aktuell Künstlerinnen wie Conchita Wurst u.a. betreiben – und das Hinterfragen der Unterschiede zwischen Mann und Frau, gelten einigen als fundamentaler Angriff auf bürgerliche Grundwerte, für viele jedoch ist dies ein Ansatz für eine moderne, freiere Gesellschaft,“ versucht neo-Redakteur Christian Liffers dem Experiment eine echte Daseinsberechtigung zu geben.
Fragen wie „Was bestimmt unsere Selbst- und Fremdwahrnehmung als Frau oder Mann?“ oder „Wie inszenieren wir uns als Frau oder Mann?“ und „Wie viel vom anderen Geschlecht steckt in uns?“ sollen die fünf Teile von «sex Change» beantworten. Die im TV gezeigte erfüllt das nicht immer. Kurzum: Es wird viel zu viel geredet; die Einführung und die Erklärungen sind zwar notwendig, ziehen sich aber wie Kaugummi. Das eigentlich Interessante – der wirkliche Geschlechtertausch – geht mit nur wenigen Minuten pro Folge unter. Stattdessen wird neben der Vorbereitung auch viel Raum für die Reflexion eingeräumt.
Empirisch erscheint dies sinnvoll, weil die letztlichen Erkenntnisse aber so überragend nicht sind, wäre mehr Aktion besser gewesen. Immerhin aber weiß der Zuschauer nun, dass eine Kandidatin auch mit aufgeklebtem Bart prima ein echtes Brat-Hendl essen kann. Immerhin bei ihrer nächsten Aufgabe wird die zum Handwerker Ryan gewordene Alexis (mit sauberem Bart) in einen Strip-Club geschickt. Ein Mädel unter Mädels. Und auch hier ist das Ergebnis keine Überraschung. Keine direkten, sondern eher scheue Blicke. Selbst dies sei, so erklärt der Sprecher aus dem Off, „geschlechtlich codiert.“
Das überraschungsarme «sexchange» liefert unter dem Strich nur eine Erkenntnis. ZDFneo macht den privaten Programmen wie VOX mit dem «perfekten Dinner» oder ProSiebens «Galileo» in dieser Woche noch etwas mehr Konkurrenz als sonst mit alten Wiederholungen von ZDF-Krimiserien.
ZDFneo zeigt die fünf Folgen ab Montag, 4. Mai 2015, werktags um 19.30 Uhr.