Cast & Crew
Vor der Kamera:
Simone Thomalla als Hauptkommissarin Eva Saalfeld
Martin Wuttke als Hauptkommissar Andreas Keppler
Susanne Wolff als Monika Prickel
Jens Albinus als Wolfgang Prickel
Picco von Groote als Judith Harries
Alexander Scheer als Matthias Harries
Martha Keils als Magdalena Harries
Hinter der Kamera:
Produktion: Saxonia Media
Drehbuch: Sascha Arango
Regie: Claudia Garde
Kamera: Carsten Thiele„Was ist der Sinn des Lebens? Die Frage ist doch: Soll das Ganze ein Scherz sein? Oder mehr eine Tragödie?“ Mit diesen – etwas gestelzten – Fragen beginnt der allerletzte «Tatort» aus Leipzig. Hauptkommissar Andreas Keppler spricht sie direkt in die Kamera, stellt sie dem Zuschauer – und wirkt damit ein bisschen, als wolle er den Prolog
des Wiesbadener Über-«Tatorts» nachbauen. Nur eben ein bisschen banaler, ein bisschen weniger intellektuell, ein bisschen zugänglicher.
So mag das wirken, war aber wahrscheinlich nicht so intendiert. Denn was auch immer die Macher dazu bewogen hat, beim Schwanengesang hin und wieder die vierte Wand einzureißen: „Im Schmerz geboren“ wird es kaum gewesen sein. Als der Film lief, waren die Dreharbeiten zu „Niedere Instinkte“ längst abgeschlossen.
Die Parallelen halten sich ohnehin in Grenzen. Denn obwohl diese Folge eine der besseren ihrer Reihe ist, ist sie doch meilenweit von der qualitativen «Tatort»-Spitze entfernt.
MDR/Saxonia Media/Junghans
Das Ehepaar Vivien (Monika Wolff, links) und Rolf Prickel (Jens Albinus, rechts) führt, unschwer zu erkennen, nichts Gutes im Schilde.
Man will eine Fritzl-Geschichte erzählen: Ein Gesamtschullehrer und seine attraktive Frau, sozial bestens integriert, wohnend in einem teuren Haus in einem adretten Neubaugebiet, entführt ein kleines Mädchen. Wie sich schnell heraushören lässt, machen sie das nicht zum ersten Mal. Sie halten es in einem hübsch eingerichteten Versteck in ihrem Haus gefangen und nähern sich dem Kind nur mit weißen Masken vor dem Gesicht. Wahrscheinlich, um es später wieder freilassen zu können. Die Tat ist nicht sexuell motiviert: Es scheint um „ein Spiel“ zu gehen, in dem dieses Ehepaar (auf freilich eine sehr gruselige und gemeingefährliche Art) seine Vorstellung ausleben will, ein Kind zu haben, was ihnen biologisch unmöglich ist.
Währenddessen leiten Keppler und Saalfeld die Großfahndung nach dem Mädchen. Dessen Eltern sind streng religiös und ziemlich schräg drauf, lassen ihre Tochter nächtelang unbeaufsichtigt. Bei Keppler brennt gleich die erste Sicherung durch.
Das hat auch mit der angespannten Beziehung zu seiner Kollegin/Ex-Partnerin zu tun, die sich in dieser Folge ein letztes Mal entladen darf: Zu Beginn will Keppler eigentlich vorübergehend bei ihr einziehen, weil in seiner Wohnung das Wasser kniehoch steht. Doch Saalfeld hat keinen Bock auf ihn, er soll sich lieber ein Hotelzimmer suchen. Da kommt ihm Saalfelds hübsche Nachbarin, die „Nebenan-Uschi“, gerade recht, die ihm ihr freies Zimmer und, für Saalfeld später schwer zu überhören, ein erotisches Abenteuer anbietet. Ein letztes Mal marschiert man durch diese verhinderte Romanze, in der sich die beiden wollen, aber irgendwie doch nicht. Gut, dass das endlich sein Ende findet.
„Niedere Instinkte“ kämpft auch anderswo mit den üblichen Problemen, die die Leipziger Reihe auf die Abschussliste gebracht haben: Mit ihren albernen, zu oft und zu plump eingesetzten Motiven – die Scheiße, in die Keppler tritt und die er in der Kirche des Gebetskreises verteilt, dem die Eltern des vermissten Mädchens angehören. Die Kriegen-sie-sich-oder-nicht-Spielchen und die abgestandenen Szenen, in denen sie durchexerziert werden, wenn Saalfeld die Bude von Kepplers Geliebter auskundschaftet (und umgekehrt). Die drögen, auserzählten Privatprobleme der beiden Ermittler, die zu viel Sendezeit in Beschlag nehmen, die eigentlich besser auf das Psychogramm der beiden Entführer entfiele, die umso eindimensionaler und klischeehafter bleiben.
Und obwohl die Geschichte doch ein bisschen mitnehmender ist als viele andere, die man in den letzten Jahren erzählt hat, und Thomalla und Wuttke diesmal angenehm unaufgeregt spielen, ist dies doch kein krönender Abschluss geworden, sondern vielmehr: ein typischer.
In Dresden wird’s besser. Hoffentlich.
Das Erste zeigt «Tatort – Niedere Instinkte» am Sonntag, den 26. April um 20.15 Uhr.