Etliche Mitarbeiter sorgten sich beim Amtsantritt Valerie Webers um die Zukunft des WDR. Die ehemalige Antenne Bayern-Chefin initiiert einige Änderungen, die jedoch eventuell überbewertet werden könnten.
Zur Person
Valerie Weber wurde am 27. Dezember 1965 in München geboren. Nach einem Studium der Germanistik, Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte volontierte Weber zunächst bei Radio Downtown in Erlangen, bevor sie als Moderatorin und Redakteurin bei Privatradios in Franken tätig war. Nach einem Engagement als Programm- und Redaktionsleiterin in Stuttgart übernahm sie 1995 die Ostseewelle in Rostock als Programmdirektorin, ehe sie 1998 in gleicher Funktion zu Hit-Radio Antenne nach Stuttgart zurückkehrte. Ab 2004 übernahm Antenne Bayern die Radiofrau als Programmdirektorin, 2006 stieg sie zur Geschäftsführerin von Antenne Bayern und Rock Antenne auf, ehe sie Ende 2013 zur Hörfunkdirektorin des WDR gewählt wurde.Bei besonderen Personalien kann man auch mal eine Ausnahme machen. Das dachte sich der WDR, der Valerie Weber am 22. November 2013 zur ersten Hörfunkdirektorin wählte, die nie zuvor bei einer öffentlich-rechtlichen Anstalt arbeitete. Ihre Sporen verdiente sich Weber ab 2004 bei Antenne Bayern, wo ihr eine enorme Steigerung der Hörerzahlen gelang. Webers Erfolg sprach sich bis Nordrhein-Westfalen herum, wo Tom Buhrow sie schließlich als neue WDR-Hörfunkdirektorin vorschlug. Neue Personalien bringen natürlich auch Änderungen mit sich, einige davon will Weber bereits in naher Zukunft in die Tat umsetzen.
Der bedeutendste Schritt findet sich darin wieder, dass Weber plant, WDR 2, WDR 4 und 1Live, die reichweitenstärksten Sender des Westdeutschen Rundfunks, unter einer gemeinsamen Führung senden zu lassen. Details über die neu zu besetzende Führungsposition sollen jedoch erst einmal noch nicht besprochen werden, vorher wird der Schritt einer eindringlichen Prüfung unterzogen. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ vermutet unterdessen bereits 1Live-Chef Jochen Rausch in der neu angelegten Führungsposition. Rausch wurde zuvor bereits als neuer WDR-Hörfunkdirektor gehandelt, ehe sich Buhrow für Valerie Weber aussprach.
Auf die Qualität der Radio-Sender soll sich diese Entscheidung nach Weber jedoch nicht auswirken, des Weiteren soll die gemeinsame Führung auch nicht zu einer inhaltlichen Annäherung der drei Kanäle führen. Das Wort „Umstrukturierung“ geht sonst auch mit Stellenkürzungen und Jobverlusten einher, Weber ließ jedoch verlautbaren, dass die festangestellten WDR-Mitarbeiter nicht um ihre Beschäftigung fürchten müssen. Vielmehr plant Weber, 1Live, WDR 2 und WDR 4 so zu konzipieren, dass ihr Programm jeweils von einander trennscharfen Altersgruppen entspricht, sodass Hörer, die mit wachsendem Alter ihre Interessen neu ausrichten, nur innerhalb des WDR von einem Sender auf den anderen Sender wechseln. Das erklärte Ziel von Weber ist dabei, Hörer der WDR-Sender nicht zur Konkurrenz abwandern zu lassen und mit den einzelnen Programmen ein möglichst großes Alterssegment zu bedienen. 1Live adressiert die 15- bis 35-Jährigen, WDR 2 und WDR 4 verjüngten sich inhaltlich, um an die Altersgrenze besser anzuschließen. Weber erklärt diesen Schritt mit den veränderten Interessen der älteren Hörerschaft über 50, die nicht nur noch vorwiegend Schlagermusik rezipiert.
Während das Musikprogramm der drei Sender Überschneidungen aufweisen darf, sollen die Wortbeiträge der drei Sender jedoch gänzlich individuell bleiben. Als Ergebnis des Schrittes, aus der Chefredaktion eine eigene Hauptabteilung zu konstruieren, sollen Themen zunächst allgemein recherchiert werden, bevor darüber entschieden wird, auf welchem der Sender die Beiträge Einzug ins Programm halten. Mehrfachverwertungen sind dabei nicht ausgeschlossen, allerdings soll sich zumindest der Wortlaut, beziehungsweise die genaue Aufarbeitung, unterscheiden.
Beim WDR-Personal hat Weber jedoch weiterhin einen schweren Stand. Sie befürchten, dass ihre neue Hörfunkdirektorin die Anstalt kommerzialisiert. Der deutliche Hörerzuwachs bei Antenne Bayern ging nämlich nicht ohne von vielen Beobachtern wahrgenommene Qualitätsverluste einher - etwa dadurch, dass das bayrische Privatradio verstärkt auf Gewinnspiele setzte. Zwar bietet der WDR gänzlich andere Voraussetzungen für Weber als Antenne Bayern, in NRW braucht die Radiofrau weniger auf finanzielle Aspekte achten, dennoch scheinen in ihren Gedanken marktstrategische Argumente gegenüber journalistischen Zielen eine höhere Priorität zu besitzen, so der „Kölner Stadtanzeiger“. Zuletzt setzte Weber bei WDR 2 konkrete Änderungen in die Tat um. Die Maxime war, den Sender auf ein jüngeres, weibliches Publikum auszurichten. Als Folge wurden die Wortanteile in der Morningshow nach Angaben der Mitarbeiter drastisch gesenkt, auch Interviews soll weniger Zeit eingeräumt werden. Nach internen Meinungen gehe dies stark zu Lasten des Programmanspruchs. Des Weiteren wurde kritisiert, dass Weber weniger Wert auf Auslandsberichterstattung lege als zuvor und wenig inspirierte investigative Recherchen initiiert. Viele Mitarbeiter sehen die Einführung eines gemeinsamen Leiters von 1Live, WDR 2 und WDR 4 als Teil einer hierarchisch geprägten Neuorientierung.
Dem gegenüber stehen Webers Argumente, damit schnellere Entscheidungswege durch klare Zuständigkeiten zu pflastern, die sich einer rasch verändernden Mediennutzung ihrer Hörer anpassen, so die Hörfunkdirekotrin gegenüber „DWDL“. Damit wolle sie auch den 80 auslaufenden Stellen gerecht werden, die nicht neu besetzt werden und schlankere Führungsstrukturen erfordern. Der inhaltlichen Kritik entgegnet Weber, dass sie sehr wohl weiterhin relevante Inhalte verbreiten will und Qualität wichtiger sei als Quote. Auch die Kürzung von Wortanteilen streitet Weber ab. Fakt ist: Der WDR steht vor einem Umbruch, das wahre Ausmaß der Änderungen könnte jedoch durch die Ängste der Belegschaft und die lauten Stimmen der Sorge in Wirklichkeit kleiner sein als gedacht.
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27.02.2015 20:35 Uhr 1