Die «Stromberg»-Macher Ralf Husmann und Arne Feldhusen präsentieren im Ersten eine clevere Hochstaplerkomödie über den Betrüger in jeden von uns.
Cast und Crew
- Regie: Arne Feldhusen
- Drehbuch: Ralf Husmann und Peter Güde – nach der Romanvorlage von Ralf Husmann
- Mit Charly Hübner, Michael Maertens, Lina Beckmann, Natalia Belitski, Christian Hockenbrink, Jörn Hentschel, Alexander Hörbe, Marion Breckwoldt
- Kamera: Jan Fehse
- Schnitt: Benjamin Ikes
- Musik: Carsten Meyer
- Szenenbild: Vicky von Minckwitz
Ralf Husmann und Arne Feldhusen: In der deutschen Fernsehlandschaft kann man sich derzeit nur wenige Namen vorstellen, die mehr versprechen, wenn sie hinter den Kulissen eines komödiantischen Stoffes stehen. Husmann ist Autor solcher Serien wie «Stromberg» und «Dr. Psycho», Feldhusen wiederum ist als Regisseur nicht nur für «Stromberg», sondern auch für den «Tatortreiniger» verantwortlich. Nun bringen sie zusammen mit Ko-Autor Peter Güde den «Vorsicht vor Leuten» betitelten Betrügerroman Husmanns als Fernsehkomödie ins Erste.Weit in den Himmel schießende Erwartungen wären nunmehr übertrieben: Die Geschichte eines kleinen Mannes, dessen Leben voll von kleinen Lügen ist, und seiner neuen Bekanntschaft, einem professionell lügenden Mann der gehobenen Gesellschaftsschicht, reicht nicht an die jeweils besten Arbeiten Feldhusens und Husmanns heran. Dennoch kann sich die Hochstaplerkomödie wahrlich sehen lassen:
Für Lorenz Brahmkamp läuft es derzeit nicht rund. Der notorische Dauerflunkerer arbeitet seit langer Zeit als Sachbearbeiter im Baureferat und genießt es, dass sein Job nahezu unkündbar ist – doch dann findet er heraus, dass dieser Eindruck nur eine Illusion ist und er kurz davor steht, entlassen zu werden. Ähnliches gilt für seine Ehe: Die Beziehung zu seiner Gattin Katrin manövrierte sich in eine Sackgasse, erstens, weil er faul geworden ist, und zweitens, weil Lorenz es halt nicht so ernst mit der Wahrheit nimmt. Dann aber lernt er den wortgewandten Self-Made-Millionär Alexander Schönleben kennen, der Lorenz' Heimatstädtchen Osthofen mit einem Megapark nebst Golfanlage bereichern will. Mittels Unverfrorenheit, Hartnäckigkeit und schier endlosen Notlügen klettet er sich an Schönleben heran, um etwas von seinem Esprit und Erfolg abzubekommen …
Der von Charlie Hübner mit trockenem Witz verkörperte, blauäugige Beamte Lorenz hat ein rammdösiges Lebensmotto: Ein Loser ist nur der, der gewinnen will und das nicht hinkriegt. Er wollte aber nie gewinnen – also ist er auch keineswegs ein Loser. Wenn er lügt, dann nur, um den gemütlichen Status quo aufrecht zu erhalten. Der schmierige Blender Alexander Schönleben dagegen lügt unentwegt, um noch höher hinauszukommen. Sein Motto: Wenn eine Lüge oft genug erzählt wird, wird sie zur Wahrheit. Michael Maertens spielt diese Karikatur eines verlogenen, raffgierigen Geschäftsmannes mit solch einer derben Selbstverliebtheit, dass es eine Freude ist. Schönleben wird innerhalb weniger Minuten zu einem Fiesling, den man zu hassen liebt – und der eine glaubwürdige Verführung für den eingangs so bescheidenen Lorenz darstellt.
Die Frage, ob es besser ist, arm und ehrlich oder reich und verlogen zu sein, wird in Film, Literatur und Fernsehen regelmäßig gestellt. Auch manche Donald-Duck-Comicautoren packen sie nur zu gerne an. «Vorsicht vor Leuten» bettet sie aber in eine andere Thematik: Überall wird gelogen und betrogen. Es ist eine ernüchternde, irgendwie auch beschämende Erkenntnis, doch sie ist, so paradox es auch sein mag, nur zu wahr. Durch eben diese Einsicht ergibt sich zwischen den Protagonisten eine interessante Dynamik, die dieser mit gelegentlichen satirischen Seitenhieben gewürzten Komödie ihren ganz eigenen Drive gibt.
Das Skript und die zügige, versierte Inszenierung sehen zudem nicht auf das Publikum herab. Stattdessen trauen die Filmemacher dem Fernsehenden zu, auch ohne entsprechenden musikalischen Glockenschlag oder im Dialog offen gelegten Stichsatz eigenständig ein moralisches Urteile zu fällen. Ohne explizit ausformulierten Moralhammer (gleichwohl nicht ohne ethische Haltung) hat «Vorsicht vor Leuten» mehr Raum, seine Gags und die wandelbare Figur des Lorenz Brahmkamp zu entfalten. Und so mausert sich «Vorsicht vor Leuten» zu einer starken, smarten Komödie. Nicht ganz so geistreich, zitierfähig und kultverdächtig wie der «Tatortreiniger» oder «Stromberg». Aber auch bei weitem kein kleines Nebenherprodukt.
«Vorsicht vor Leuten!» ist am 25. Februar 2015 ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.
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