Mit «Meine Tochter Anne Frank» ist den Machern ein erwartungsgemäß erschütternder Film gelungen, der inmitten all der Tragik auch unprätentiöse hoffnungsvolle Momente fand.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Mala Emde als Anne Frank
Götz Schubert als Otto Frank
Lion Wasczyk als Peter van Pels
Bettine Scheuritzel als Edith Frank
Rosalie Ernst als Margot Frank
Hannah Schröder als Auguste van Pels
André Hennicke als Hermann van Pels
Hinter der Kamera:
Produktion: AVE Gesellschaft für Fernsehproduktion mbH
Drehuch: Hannah und Raymond Ley
Regie: Raymond Ley
Kamera: Philipp Kirsamer
Produzent: Walid NakschbandiEs gibt wenige Filme, die so herzerwärmend wie erschütternd sind, die eine fassungslos machende Tragik zeigen, und in dieser Tragik noch komische Momente finden. Und sie dann auch noch zulassen. «Meine Tochter Anne Frank» ist einer dieser Filme.
Amsterdam im August 1945: Otto Frank kehrt zurück in das Hinterhaus, in dem er seine Familie zwei Jahre verstecken konnte. Bis sie verraten und deportiert wurden. Seine Töchter Anne und Margot sind wie seine Frau in Konzentrationslagern umgekommen. Nun ist er nach Amsterdam zurückgekommen und steht wieder in den engen Räumen, in denen die Franks und ihre gleichsam verfolgten Leidensgenossen zwei Jahre ausharren mussten, zwei Jahre – so gut es eben ging – lebten, sich stritten, versuchten, einen geregelten Tagesablauf zu bewahren, hofften, verzweifelten, schrieben. Nach außen hin wirkt er mitgenommen, aber gefasst. Doch man spürt, was dieser Ort mit ihm macht, wie er ihm zusetzt und wie er ihm gleichzeitig eine (wenn auch noch so kleine) Möglichkeit der Aufarbeitung gewährt. Götz Schubert hat die Ehre, ihn zu spielen – und er spielt ihn großartig.
Von diesem Punkt ausgehend, erzählt «Meine Tochter Anne Frank» unprätentiös und nahegehend die bekannte Geschichte. Man muss sie hier nicht noch einmal ausführen. Sie ist bedrückend, aber auch hoffnungsvoll. Denn in ihrem Zentrum steht eine junge Frau, die auch unter den entsetzlichsten Umständen ihren Lebensmut mit allen Widersprüchen und Widrigkeiten bewahren konnte. Zumindest können wir das aus ihren Schriften erkennen, die der Nachwelt auch dank ihres Vaters erhalten geblieben sind.
Das zu verfilmen ist schwierig. Schwierig, weil diese Geschichte unweigerlich emotional aufwühlt und es so müßig wie leicht wäre, ins Pathetische zu rutschen, was dem Stoff und seiner Protagonistin intellektuell nicht gerecht werden würde. «Meine Tochter Anne Frank» bemüht sich dagegen – zumeist erfolgreich -, sie in all ihrer Komplexität darzustellen.
Unterfüttert werden die manchmal verstörenden, manchmal erheiternden nachgestellten Szenen durch Gespräche mit Zeitzeugen, den Jugendfreunden Anne Franks, und Archivmaterial eines Interviews, das Otto Frank 1969 in französischer Sprache gegeben hat, sowie Montagen, in denen Anne Frank außerhalb des Handlungsgerüsts von Leinwänden umgeben gezeigt wird, auf denen Originalaufnahmen von Judenverschleppungen abgespielt werden, was es der Doku-Fiction ermöglicht, ihre Themen auch jenseits der narrativen Ebene und der historisch-persönlichen Einordnungen im nahezu Surrealen zu reflektieren.
Man muss auch die erschütternde Konsequenz loben, mit der dieser Film das traurige letzte Kapitel seiner Hauptfigur erzählt: die letzten Einstellungen sind Schwarz-weiß-Aufnahmen aus einem Konzentrationslager, in denen ausgemergelte Leichen in Massengräber geworfen werden. Viele Biopics hätten sich diese – tragischerweise stimmige – Resolution angesichts des lebensbejahenden Leitmotivs nicht getraut.
Und dann ist da noch Hauptdarstellerin Mala Emde, die in ihrer schweren, sehr anspruchsvollen Rolle brillieren kann, die eine wundervolle Anne Frank gibt und diesen Film umso schwerer erträglich und umso wundervoller macht.
Das Erste zeigt «Meine Tochter Anne Frank» am Mittwoch, den 18. Januar um 20.15 Uhr.