Der „Skandalfilm“ des Jahres 2014: Seth Rogen und James Franco wollen in «The Interview» Kim Jong-un umbringen.
Filmfacts «The Interview»
- Kinostart: 5. Februar 2015
- Genre: Komödie
- FSK: 12
- Laufzeit: 112 Min.
- Regie: Seth Rogen, Evan Goldberg
- Drehbuch: Dan Sterling
- Darsteller: James Franco, Seth Rogen, Randall Park, Diana Bang, Lizzy Caplan, Reese Alexander
- OT: The Interview (USA 2014)
Über keinen anderen Film wurde im Jahr 2014 wohl so viel und kontrovers diskutiert wie über «The Interview». Die Komödie, bei der die Genre-Spezialisten Seth Rogen und Evan Goldberg nach «Das ist das Ende» zum zweiten Mal gemeinsam auf den Regiestühlen Platz nahmen, sorgte für einen regelrechten Aufruhr, der international hohe Wellen schlug. Zwei kapitalistische US-Fernsehmacher, die nach Nordkorea reisen, um den amtierenden Machthaber Kim Jong-un zur Strecke zu bringen? Für die nordkoreanische Regierung kam diese herrlich absurde Prämisse einer Kriegserklärung gleich. Es folgten Drohungen, die eine Streichung des Kinostarts forderten, abgesehen von vereinzelten, minimalen Änderungen am Film aber nahezu ergebnislos blieben. Im Dezember 2014 kam es dann allerdings zu einem massiven Hacker-Angriff auf den Verleiher Sony Pictures, bei dem die dafür verantwortliche Gruppe eine Vielzahl studiointerner Informationen erbeuten konnte.
Als die Hacker, von denen das FBI glaubte, sie hätten Verbindungen zu Nordkorea, mit Anschlägen auf Spielstätten drohten, die «The Interview» zeigen würden, gaben zunächst einige amerikanische Kinoketten und schließlich gar Sony nach. Der geplante Kinostart wurde (vorerst) zurückgezogen, wofür die Filmfirma vielerorts herbe Kritik einstecken musste. Kurzzeitig entbrannte eine Grundsatzdiskussion über Meinungs- und Pressefreiheit, bei der sich selbst US-Präsident Barack Obama einmischte. Schließlich konnte sich Sony dann doch dazu durchringen, «The Interview» online zur Verfügung zu stellen (womit mal eben die erfolgreichste digitale Veröffentlichung in der bisherigen Firmengeschichte gefeiert werden konnte) und auch in einigen wenigen Kinos zu zeigen. Ob nun abgefahrener PR-Gag oder tatsächlicher Angriff auf die Meinungsfreiheit: Fest steht, dass der eher unspektakuläre «The Interview» das ganze Theater keinesfalls wert ist. Abseits dessen ist die Blödel-Komödie, die nun auch endlich in den deutschen Kinos startet, bei all ihrer zotigen Albernheit über weite Strecken aber äußerst amüsant geraten.
Der so einfältige wie gutmütige Dave Skylark (James Franco) ist Moderator von «Skylark Tonight», seiner eigenen Boulevard-Talkshow, in der er Promis, immer auf der Suche nach dem nächsten großen Skandal, auf den Zahn fühlt. Obwohl die Sendung beachtliche Erfolge feiern kann, sehnt sich vor allem Daves Produzent und bester Freund Aaron (Seth Rogen) danach, endlich auch als seriöser Journalist ernst genommen zu werden. Als die beiden erfahren, dass ausgerechnet der nordkoreanische Diktator Kim Jong-un (Randall Park) ein Riesenfan ihrer Show ist, scheint sich die Gelegenheit für einen aufsehenerregenden medialen Wurf schneller zu bieten, als zunächst gedacht.
Kurzerhand bemühen sich Dave und Aaron um ein Interview mit dem verhassten Despoten und tatsächlich lädt sie dieser wenig später in sein Land ein. Doch noch vor ihrer Abreise tritt die CIA in Gestalt der Agenten Lacey (Lizzy Caplan) und Botwin (Reese Alexander) an die zwei Fernsehmacher heran. Der US-Geheimdienst möchte die einmalige Möglichkeit nutzen, um das Regime in Nordkorea endgültig zu stürzen und beauftragt daher die völlig überrumpelten Männer damit, Kim Jong-un zu töten.
„Mögen eure Frauen von Biestern aus dem Dschungel vergewaltigt werden, während eure Kinder zusehen müssen.“ Diese an die Vereinigten Staaten gerichteten Worte gehen (auf Koreanisch) einem kleinen Mädchen direkt zu Beginn von «The Interview» in Form eines lieblichen Propaganda-Gesangs über die Lippen, ehe im Bildhintergrund mehrere Atomraketen in die Lüfte steigen. Mit diesem eigenwilligen Einstieg geben die Regisseure Seth Rogen und Evan Goldberg sowie ihr Autor Dan Sterling schon in den ersten Minuten den Ton für die kommenden knapp zwei Stunden Film vor, obgleich die überspitzte Begrüßung noch wesentlich frecher und trotzdem feinsinniger daherkommt, als vieles, was im weiteren Verlauf geboten wird.
Am Ende fällt «The Interview» nämlich angesichts der brisanten Schlagzeilen im Vorfeld doch eher harmlos aus. Löblich ist, dass sich der Film nicht mit allzu viel mokierenden Klischees über das nordkoreanische Volk an sich aufhält. Im Zentrum des Spotts stehen in der Tat in erster Linie der zum Größenwahn neigende Kim Jong-un und seine direkten Untergebenen. Die Idee, den von Randall Park («Sex Tape») wunderbar überdreht verkörperten Diktator als verzogenes Gör anzulegen, das der westlichen Unterhaltungsindustrie ganz und gar nicht abgeneigt ist, sich jedoch von seinem Vater unter Druck gesetzt und von seiner Umwelt missverstanden fühlt, ist zugleich auch Ausgangspunkt für einige kritische Spitzen in Richtung USA. Im Zuge dessen kriegen insbesondere die amerikanische Popkultur sowie die sie vermittelnden Massenmedien ihr Fett weg.
Doch unterm Strich ist «The Interview» nur selten wirklich bissig. Das Regieduo Rogen und Goldberg verliert sich stattdessen viel lieber in albernem und häufig unter die Gürtellinie rutschendem Humor, der wiederum vom Hauptdarstellerduo Rogen und Franco absolut hemmungslos zelebriert wird. Besonders letzterer lässt seinen Entgleisungen in Mimik und Gestik völlig freien Lauf und überschreitet dabei nicht nur einmal die Grenze zum Over-Acting. Gerade im Zusammenspiel sind die auch im wahren Leben eng befreundeten Schauspieler immer wieder für Lacher gut, auch wenn die „Bromance“ zwischen ihnen zeitweise vielleicht etwas zu sehr auf die Spitze getrieben wird. Die Freude an ihren gemeinsamen Auftritten ist Rogen und Franco aber stets anzumerken, viele ihrer Dialoge wirken gekonnt und charmant improvisiert.
Das ändert allerdings nichts daran, dass trotz vieler zündender Pointen auch mehrere der Comedy-Einlagen in Sachen Timing zu wünschen übrig lassen. Obwohl einige der skurrilen Situationen ihren Witz überhaupt erst daraus beziehen, dass sie übermäßig ausgereizt werden, wird hin und wieder auch der Punkt überschritten, bis zu dem ein Gag noch funktioniert und ab dem er letztlich nur noch unerträglich lächerlich wirkt. Ein etwas früherer Ausstieg aus der einen oder anderen Szene hätte dem Endprodukt eventuell noch ganz gut getan.
Fazit: Bösartige Provokation sieht definitiv anders aus. «The Interview» ist weit weniger bissige Satire als einfach nur infantiler, alberner Spaß mit zwei perfekt eingespielten Hauptdarstellern, die an der Grenze zum Over-Acting und über diese hinaus ihr ganzes Improvisationstalent an den Tag legen dürfen. Dabei zündet zwar längst nicht jeder der derben Gags, doch werden zweifellos genügend Pointen verwandelt, um gerade Fans von Rogen und Goldberg zwei Stunden vergnügliche und mit amüsanten Gastauftritten sowie einer teils aberwitzigen Musikauswahl gespickte Unterhaltung zu bescheren.
«The Interview» ist ab dem 5. Februar in den deutschen Kinos zu sehen.