Der Deutsche Fernsehpreis ist Geschichte. Gut so. Und doch bräuchte das deutsche Fernsehen einen Abend, um seine herausragenden Formate zu würdigen. Ein Kommentar.
Die Analyse aus Sicht des Zynikers ist schnell geschrieben: Weil es im deutschen Fernsehen so wenig Preiswertes gibt, ist es nur eine logische Konsequenz, dass sich der Deutsche Fernsehpreis gleich selber abschafft.
Natürlich wird diese Sicht den zahlreichen herausragenden Formaten im deutschen Fernsehen nicht gerecht. Auf einen Deutschen Fernsehpreis müssen sie trotzdem verzichten. Denn nachdem schon vor einiger Zeit angekündigt worden war, 2015 große Veränderungen an den Modalitäten vorzunehmen, sind nun die Ergebnisse und Protokolle der monatelangen Verhandlungen zwischen ARD, ZDF, RTL und Sat.1 in die Tonne gekloppt worden: In absehbarer Zeit will man ganz auf eine im Fernsehen übertragene Preisverleihung verzichten.
Sicherlich hat das Aus des Deutschen Fernsehpreises zahlreiche selbstverschuldete Gründe. Allen voran die mangelnde Preiswürdigkeit mancher Nominierungen («Berlin – Tag & Nacht» als Beste Unterhaltung Doku) und das Übergehen qualitativ besonders positiv auffallender Produktionen («Verbrechen») zugunsten einer Aufwertung des Regelfernsehens («Hubert & Staller», «Christine – Perfekt war gestern»). Qualität schien von der Jury nicht (ausschließlich) nach den inhaltlichen Maßstäben renommierter Experten bewertet worden zu sein, und wurde wohl oft von der zwanghaften Einbindung bestenfalls zweitklassiger, aber bekannter und massentauglicher Formate überlagert. Zwei konträre Ansprüche, die kaum sinnvoll miteinander in Einklang zu bringen sind.
Wer die Quadratur des Kreises will, hat am Schluss weder einen Kreis noch ein Quadrat, sondern sowas wie den Deutschen Fernsehpreis. Ein bisschen Auszeichnen hervorragender Leistungen, aber auch ganz viel Anbiedern an den Massengeschmack, auch wenn der nicht mit inhaltlichen Überlegungen d’accord geht. Dieses Elend zu beenden, ist nicht nur konsequent. Es ist eine Erlösung. Für alle Beteiligten.
So ganz ohne ein Forum, um im Medium Fernsehen selbst die großen Leistungen dieses Mediums zu würdigen, das dürfte auf lange Sicht aber auch kein haltbarer Zustand sein. Natürlich gibt es da noch den – zurecht renommierten – Grimme-Preis, der ohne die Schizophrenie des Deutschen Fernsehpreises auskommt und sich tatsächlich ausschließlich auf das Inhaltliche konzentriert. Doch so ehrenwert wie er ist, so altbacken sieht oft seine Gala aus. Der fehlt der Schmiss, der Blütenzauber einer großen Fernsehshow.
Ein Abend, an dem sich die Branche für ihre herausragenden Leistungen selbst feiern kann, und an dem engagierte Fernsehzuschauer durch eine Übertragung partizipieren können, wäre gerade auch vor dem Hintergrund, in Zukunft mehr hochwertige Serien zu erzählen und somit den Anschluss an die angelsächsischen und skandinavischen Märkte zu schaffen, ein starkes Signal. Dass Fernsehen nicht nur marktwirtschaftliche Pflichterfüllung oder eine Reihe von Verwaltungsakten ist, sondern – ganz unprätentiös gesagt – ein Metier der Leidenschaft sein kann, ein Medium, in dem spannende, relevante Geschichten erzählt werden können, nahbar und intelligent und emotional. Und preiswürdig.