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Daniel Budiman: 'Wir machen das, was sich viele nicht trauen'

Im Interview mit Quotenmeter.de spricht Daniel Budiman, Mitgründer und Gesellschafter von Rocket Beans Entertainment und ehemaliger „Game One“-Moderator, über die Pläne des neuen Internetsenders „RocketBeans TV“ und das Ende von «Game One».

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Über RocketBeansTV

RocketBeansTV ist ein YouTube-Channel und baldiger Internetsender über Videospiele, Filme und Popkultur von den «Game One»-Schöpfern, hinter denen über 300 Folgen ihres Videospielmagazins im Fernsehen liegen. Hinter dem Kanal steht das Medienproduktionsunternehmen Rocketbeans Entertainment, das 2011 von Simon Krätschmer, Etienne Gardé, Nils Bomhoff, Daniel Budiman und Arno Heinisch gegründet wurde.
Der Twitch-Sender wurde zu sehr großen Teilen durch Crowdfunding finanziert. Habt ihr mit einer derart großen Beteiligung gerechnet?
Als wir vor ein paar Monaten die Support-Aktion ausgerufen haben, war das letztendlich die Konklusion aus unglaublich langen und schwierigen Grundsatzdiskussionen, weil wir im Team alle Ansätze durchgegangen sind, alle Plattformen analysiert und alle Möglichkeiten durchgerechnet haben, um das weiter finanzieren zu können, was wir gerne tun möchten. Als Kompromiss kam dann diese Support-Aktion heraus. Kein klassisches Crowdfunding im Sinne von „Stretch Goals“ oder ähnlichem, weil wir überhaupt erstmal ermitteln wollten, ob es eine Nachfrage gibt bei so viel Content, der gerade zur Verfügung steht.

Die Support-Aktion hat uns vollkommen weggeblasen, weil wir damit überhaupt nicht gerechnet haben. Den unglaublichen Support haben wir nicht nur finanziell erfahren, sondern auch einfach darin, was viele Leute uns gesagt haben. Anwälte haben ihre Hilfe angeboten - warum gerade die, weiß ich nicht. Wir machen rechtlich immer alles richtig (lacht). Aber es sind auch Leute vorbeikommen, die gefragt haben, ob sie etwas helfen können, weil sie gut handwerkern.


In was genau habt ihr das Geld investiert und wie stark seid ihr noch immer auf Support angewiesen?
Das Finanzielle, was dabei reingekommen ist, haben wir vollständig in unser Team investiert. Wir als Produktionsfirma stecken eigentlich das ganze Geld in Menschen rein, weil wir unterschiedliche Farben präsentieren wollen und dazu unterschiedliche Menschen mit einem unterschiedlichen Meinungen und Handwerk brauchen.

Wir sind aber bei weitem nicht so naiv, wie es nach außen hin den Anschein hat, sondern wir trauen uns vielleicht einfach ein bisschen mehr. Der Inhalt, den wir kreieren wollen mit der Community, ist uns so viel wert, dass wir es jetzt einfach mal machen.
Daniel Budiman
Der Channel wird auch nur dann bestehen bleiben, wenn die Support-Aktion weiter voranschreitet und die Zuschauer von sich aus sagen, dass sie das mit monatlichen Zahlungen von drei oder fünf Euro, mit einmaligen Zahlungen, durch einen T-Shirt-Kauf oder ganz simpel durch Weiterempfehlungen unterstützen. In der Planbarkeit dahinter sehen viele Kollegen aus der Industrie, Freunde, Fernsehsender oder Produktionsfirmen ein riesiges Fragezeichen. Wie will man Mitarbeiter langfristig halten, wenn man keine langfristige finanzielle Planbarkeit hat? Wir sind aber bei weitem nicht so naiv, wie es nach außen hin den Anschein hat, sondern wir trauen uns vielleicht einfach ein bisschen mehr. Der Inhalt, den wir kreieren wollen mit der Community, ist uns so viel wert, dass wir es jetzt einfach mal machen. Hoffentlich funktioniert es und hoffentlich sind die Zuschauer auch gewillt, diese Idee zu unterstützen.

Wenn mögliche Kunden und Kooperationspartner sehen, dass unsere Zuschauer freiwillig da sind und sogar Bock haben, das gemeinsame Projekt finanziell zu unterstützen, umso wahrscheinlicher treffen Kunden die Entscheidung, daran partizipieren zu wollen und zwar nicht wie im klassischen Gewerbe, wo ein Kunde dafür Geld bezahlt, dass wir ihr Produkt hochleben lassen. Kunden sollen für die Idee und die Community zahlen und nicht für die Bewerbung eines Produkts.

Es gibt auch gewisse Formate, die wir speziell auf die Kunden zuschneiden. Das wissen sie noch nicht, werden sie aber bald (lacht). Wir haben sehr gute redaktionelle Inhalte, die prädestiniert sind für einen oder sogar mehrere Kunden, dass sie gemeinsam die Party bezahlen. Dadurch wird hoffentlich bald die Planbarkeit eintreten, die wir aber Stand jetzt bereits deutlich erkennen können. Für mehr Content, für hochwertigere Produktionen, benötigen wir aber selbstverständlich auch ein entsprechendes Budget. Die Bombe ist eh explodiert, jetzt schauen wir, wie lange wir fliegen und dann gucken wir, ob wir wieder aufstehen – so wie immer (lacht). Alles ist möglich. Wir haben uns jetzt auch auf einen Claim geeinigt: „Alles muss, nix kann.“ (lacht) Das ist natürlich mit einem deutlichen Augenzwinkern versehen, aber wir wollen versuchen allen Leuten klarzumachen, dass das Netz anders agiert als das klassische Fernsehen und daran wollen wir alle öffentlich teilhaben lassen.


Wie rentabel ist Twitch im Vergleich zu Fernsehformaten und YouTube-Channels aus finanzieller Sicht? Ihr habt bereits betont, dass ihr mit eurem YouTube-Channel keinen Gewinn erzielt
.
Es gibt bei Twitch die klassischen Subscriptions, ein monatliches Abo-System. Je mehr Leute sich entscheiden, uns über Twitch zu supporten, desto klarer wird auch für uns eine Planbarkeit. Twitch wird in der Form lukrativ sein, weil das einfach die feste Plattform ist. Über den Sender an sich haben wir auch die Möglichkeiten, mithilfe von Support-Flächen Kunden länger zu binden. Darin können sie ihre Aktionen und ihre Form der Partizipation entsprechend darstellen. Man muss sich den RocketBeansTV-Channel so vorstellen, dass wir versuchen alle Plattformen so zu nutzen, wie sie im Netz vorhanden sind. Wir werden alle Kanäle und Plattformen zusammenzählen und so Summen generieren, um unsere Planung entsprechend weiterzuführen.


Sicherlich seid ihr bei Twitch viel freier in euren Entscheidungen als in den acht Jahren mit «Game One». Was ist bei Twitch möglich, was bei Viacom nicht möglich war? In welcher Hinsicht musstet ihr euch bei „Game One“ einschränken?
Das war für uns eben oftmals schade, weil wir Ideen hatten, die erst Jahre später aufgekommen sind und auch als Erfolge gefeiert wurden, während wir mit guten Datenauswertungen und Strategien eigentlich schon ein paar Jahre zuvor dran waren. Genau das können und müssen wir jetzt machen.
Daniel Budiman über die Arbeit mit Viacom
Das Modell bei Viacom war ganz einfach – das ist ein Megakonzern, keine Frage. Dort hatten wir einfach nicht das Recht eigene Geschäfte zu führen, was völlig normal und legitim ist. Das, was da vielleicht manchmal frustrierend war, war dass wir uns in der Games-Industrie besser auskannten und den direkteren Kontakt zu möglichen Kooperationspartnern hatten. Bei einem so großen Sender ist das einfach untergegangen, das soll aber jetzt mitnichten ein Nachtreten sein. Meckern tun wir nicht, das ist ein riesengroßer Konzern, der international agieren muss. Das war für uns eben oftmals schade, weil wir Ideen hatten, die erst Jahre später aufgekommen sind und auch als Erfolge gefeiert wurden, während wir mit guten Datenauswertungen und Strategien eigentlich schon ein paar Jahre zuvor dran waren. Genau das können und müssen wir jetzt machen. Die ganzen Ideen und Konzepte, die vielleicht auch das „Geschäft von Morgen“ anpeilen, werden wir jetzt auch selbst vertreten können. Etwas, das wir als Auftragnehmer von Viacom nicht machen durften.

Wir können jetzt frei reden, ihnen unsere Ideen und Konzepte vorstellen und eigenständig verhandeln. Unsere eigenen Daten können wir unmittelbar auswerten, was ein riesengroßer Vorteil ist, wenn man Kooperationsgespräche machen möchte, die nicht auf die klassische Werbefinanzierung abzielen.

Werden sich «Game One»-Rubriken oder -Charaktere auch auf rocketbeans.tv wiederfinden?
Das werden wir sehen. Wir befinden uns tatsächlich immer noch im Gespräch und unsere Gespräche mit Viacom sollen auch gar nicht enden. Vielleicht müssen wir auch an der Stelle nochmal dringend kommunizieren: Wir sind extrem dankbar! Kein anderer Sender hätte uns acht Jahre machen lassen – das ist wirklich Wahnsinn. An der Stelle noch einmal ein dickes Danke an die Kollegen, auch die, die innerhalb der acht Jahre wieder verschwunden sind. Wir glauben zwar nicht, dass «Game One» so mit uns noch einmal auftauchen wird, aber wir wollen nichts ausschließen.

Ob die Charaktere wieder auftreten werden, müssen wir sehen. Das steht einfach noch nicht fest. Was wir bei «Game One» gemacht haben, war unser Kreativ-Pool und unsere Plattform all die Jahre. Darin haben wir ganz viele kreative Ideen reingefeuert und ausprobiert, das wird auf unserem eigenen Channel nicht anders sein. Es kam auch oft die Frage, ob wir etwas Vergleichbares wie «Game One» zum Start unseres Senders produzieren werden. Das werden wir aktuell nicht schaffen. Wir haben stark darüber diskutiert, aber um diese Qualität zu erreichen, müssten wir sehr viele Kollegen an das Format binden, was wir anlässlich des Channel-Starts nicht gewährleisten können. Obwohl wir viele Leute sind, wollen wir den Fokus erstmal auf den Sender legen und diese Basis ausbauen. Es soll nicht passieren, dass sich auf Kundenseite ein Unternehmen aus der Games-Industrie unsere redaktionelle Meinung erkauft, vielleicht können wir aber viele aus der Games-Industrie daran begeistern, dass sie gemeinsam partizipieren. Dann haben wir auch Bock, genau das wieder zu produzieren. Was diese Formatierung angeht, sind wir auch im Gespräch mit anderen Sendern. Fernsehen und Gaming können wir. Außerdem können wir das Konzept von «Game One» auch frei skalieren. Wir können das Format seriöser, länger oder sogar noch klamaukiger machen, wobei letzteres schon ein bisschen schwer ist.

«Game One» war bei den Viacom-Sendern als Eigenproduktion eine absolute Ausnahmeerscheinung, zudem habt ihr euch über acht Jahre Laufzeit eine große Fanbase aufgebaut. Wie hat Viacom euch die Einstellung erklärt? Für viele Betrachter machte die Entscheidung von außen wenig Sinn.
Die Diskussion, ob «Game One» weitergeht oder nicht, ist für uns als Arbeitnehmer, Kooperationspartner und Dienstleister nicht neu. Wir haben jedes Jahr neu verhandelt. Viacom sagt auch selbst, dass es der Zeit geschuldet ist. Alles steht und fällt im wirtschaftlichen Vergleich zur Konkurrenz. Ein YouTuber braucht nur eine HD-Cam und damit generiert er 33 Millionen Views. Dann wird uns die Frage gestellt, warum wir das nicht auch so machen können. Das ist ein Extrem, das in der ganzen Budgetplanung bei jedem Geldgeber mitschwingt. Wir hätten selbstverständlich gerne weitergemacht und Viacom auch, aber schlussendlich liegt dem eine internationale Strategie zugrunde, auf die ich nicht weiter eingehen kann und werde, die aber schlussendlich zu dieser Entscheidung geführt hat.

Leider ist es jetzt so passiert und vielleicht ist das auch durch eine, den Feiertagen geschuldete, Miskommunikation falsch rübergekommen. Die Entscheidung ist zahlenbasiert und menschlich gesehen sind sich alle einig, dass es eine extrem coole Sache war.
Daniel Budiman über das Ende von "Game One"
Wir finden es selbst schade, aber die Erde dreht sich weiter. Alle Geschäftsfelder sind in einem so starken Umbruch, dass so eine klassische Formatierung, wie wir sie hatten, für die Partei einfach nicht mehr geklappt hat. Für uns ist es natürlich in dem Sinne traurig, denn «Game One» sind wir. So oder so war das immer ein stetes Hin-und-Her, sonst hätten wir gar nicht die acht langen Jahre produzieren können, wenn nicht gegenseitig Zugeständnisse gemacht worden wären. Leider ist es jetzt so passiert und vielleicht ist das auch durch eine, den Feiertagen geschuldete, Miskommunikation falsch rübergekommen. Die Entscheidung ist zahlenbasiert und menschlich gesehen sind sich alle einig, dass es eine extrem coole Sache war. Das ist ja auch nicht selbstverständlich so einen Schwachsinn acht Jahre lang zu zeigen (lacht).

Besteht durch die Einführung eures Senders bei Twitch überhaupt noch eine Notwendigkeit für den YouTube-Kanal oder werdet ihr die Angebote miteinander verbinden, vielleicht auch exklusive YouTube-Formate beibehalten?
Das bleibt definitiv weiter bestehen. Eine Bedingung von uns war es, dass wir auch weiterhin unsere Formate On-Demand auf YouTube positionieren können. Viele Leute sehen heutzutage den linearen Ablauf eines Senders als unmodern an. Die Leute wollen On-Demand bestimmen, welche Formate, sie sich zu welcher Uhrzeit ansehen können, das ist uns bewusst. Wenn jemand etwas verpasst hat, dann kann er auf den YouTube-Channel gehen und sich nach seiner Vorliebe und in seinem Zeitrhythmus die Formate ansehen, die wir produziert haben. Der Twitch-Sender wird die Plattform sein, wo es zuerst ausgestrahlt wird. Twitch hält hierbei das Live-Element dagegen, das YouTube nicht hergibt und live ist immer etwas Besonderes. Die Leute, die live dabei sein wollen und auch die Interaktion nutzen möchten, finden die Formate bei Twitch und diejenigen, die arbeiten müssen oder zu dem Zeitpunkt lieber etwas anderes machen, die können auf YouTube zugreifen.

Vielen Dank für das Interview, Daniel Budiman.

RocketBeansTV nimmt seinen Sendebetrieb ab dem 15. Januar um 19 Uhr auf.
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13.01.2015 16:01 Uhr Kurz-URL: qmde.de/75647
Timo Nöthling

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schade

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Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Chris_23
14.01.2015 16:13 Uhr 1
Sehr ausführliches Interview! Danke dafür :D
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