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Daniel Budiman: 'Wir machen das, was sich viele nicht trauen'

Im Interview mit Quotenmeter.de spricht Daniel Budiman, Mitgründer und Gesellschafter von Rocket Beans Entertainment und ehemaliger „Game One“-Moderator, über die Pläne des neuen Internetsenders „RocketBeans TV“ und das Ende von «Game One».

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Über Twitch

Bei Twitch, auch unter den Namen Twitch.tv oder TwitchTV bekannt, handelt es sich um ein Live-Streaming-Videoportal. Die Plattform fokussiert sich vor allem auf Videospiele und wird überwiegend dazu genutzt, das Gameplay verschiedener Spieler für ein größeres Publikum zu übertragen. Darunter fallen zum Beispiel auch Übertragungen aus dem Bereich des eSports, dem professionellen Videospiel. Twitch wurde am 6. Juni 2011 eröffnet und ist in 28 Sprachen zugänglich. Im August 2014 erwarb Amazon das Unternehmen für 970 Mio. Dollar. Durch eine Registrierung können Nutzer Kanälen folgen, Kommentare verfassen und selbst streamen - das Prinzip ähnelt YouTube.
Mit „Rocketbeans.tv“ startet ihr nun Deutschlands ersten 24-stündigen Internetkanal auf der Live-Streaming-Plattform Twitch. Welche Ziele habt ihr euch mit dem Sender gesteckt?
Das, was wir vorhaben, ist eine inhaltliche Neuformatierung, die es vielleicht in der Form in Deutschland noch nicht gibt. Als Kreative und als Leute, die das Fernsehhandwerk gelernt haben, haben wir uns immer gedacht, dass das Angebot, das es auf den klassischen Fernsehsendern gibt, ein bisschen aus der Zeit gefallen ist. Die Frage war: Welche Möglichkeiten gibt es, die Dynamiken, die im Internet existieren, in so etwas Passives wie einen Sender zu packen? Es kam dann zu der Entscheidung, dass wir es jetzt einfach mal versuchen. So sind wir als Produktionsfirma, so sind wir als Typen geeicht. Wir machen jetzt erstmal das, was sich viele Leute einfach nicht trauen. Das heißt, wir stecken selbst viel Budget und sehr viel Herzblut in eine Projektphase und die nennt sich „RocketBeansTV“. Wir haben eine wunderbare Vorstellung, von der wir hoffen, dass wir sie zum Start erreichen können und wir werden schauen, dass wir diese Sendestrecke mit so vielen Live-Formaten wie wir stemmen können gestalten. Aber der Sender an sich soll genau die Zielgruppe ansprechen, die eigentlich keine Zielgruppe ist: Das sind Content Creator und alle Leute da draußen, die sich am liebsten im Netz oder auch im Fernsehen berieseln lassen, sich dort sowohl Information als auch Inspiration holen und sich dann selbst an Rechner, Instrumente oder sonstige Gadgets setzen, um ihren eigenen Content zu kreieren.

Der Sender ist als generisches, dynamisches Ding geplant. Wir starten mit eigenem Content und sind in unglaublich vielen Gesprächen mit unterschiedlichsten Produzenten und Kreativen. Und zwar von beiden Seiten: Zum einen auf der YouTube-Seite, beziehungsweise der, der Web Video Creators und zum Anderen auf der klassischen Seite mit der Fernsehlandschaft.


Warum habt ihr euch dabei für Twitch entschieden?


Twitch brauchten wir natürlich, weil es für uns als kleine Produktionsfirma nicht wirtschaftlich sinnvoll war, eine komplett eigene Plattform zu bauen. Auch darüber haben wir viel diskutiert. Wir haben ewig lange über Bezahlmodelle geredet und detailliert recherchiert, welche Möglichkeiten und Anbieter es gibt. Twitch ist einfach die Plattform, die von sich aus wahnsinnige Errungenschaften gemeistert hat, was schlussendlich auch in dem Kauf von Amazon gemündet ist. Die Zahlen, die sie generieren, sind einfach unglaublich. Twitch ist aktuell, was Live-Streaming angeht, der Platzhirsch. Das sieht man auch an offiziellen Zahlen: Allein im Dezember war Twitch, was klassische Online-Portale angeht, die über den Rechner aufgerufen wurden, auf Platz fünf mit 135 Millionen Visits. Ein ganz wichtiger Aspekt ist auch, dass Twitch im Mobile-Bereich mit 107 Millionen Visits auf Platz zwei liegt. Twitch positioniert sich dort, wo Zuschauer auch selbst Content kreieren und veröffentlichen möchten, natürlich vor allem im Gaming-Bereich, aus dem wir ja kommen. Jetzt schauen wir erstmal gemeinschaftlich, wie viele Leute das gucken wollen. Das hört sich immer ein bisschen anarchisch an, aber genau so ist es auch geplant (lacht). Falls man Anarchie überhaupt planen kann.

Kommt diese Entscheidung auch einer mittelfristigen oder sogar endgültigen Abkehr vom Fernsehen gleich? Oder könnt ihr euch neben „Rocketbeans.tv“ auch noch Fernsehengagements vorstellen?
Wir gestalten einfach am Liebsten Formate und Inhalte, die etwas moderner sind. Wir probieren neue Gadgets aus, unsere visuelle Ansprache ist in der Regel auch eine andere – das haben wir mit der Produktion von „Game One“ bewiesen. Das ist aber etwas, was die klassische Fernsehlandschaft oftmals nicht haben will.
Daniel Budiman über die unterschiedlichen Ansprüche von Produzenten und Programmchefs
Wir können uns auf jeden Fall die klassische Formatierung als auch die Dienstleistung im Fernsehgeschäft weiter vorstellen. Das ist das, was wir gelernt haben und von dem wir das Handwerk beherrschen. Das Problem bei uns lag immer darin, dass wir stets sehr verkopft an die Sache herangegangen sind. Wir gestalten einfach am liebsten Formate und Inhalte, die etwas moderner sind. Wir probieren neue Gadgets aus, unsere visuelle Ansprache ist in der Regel auch eine andere – das haben wir mit der Produktion von „Game One“ bewiesen. Das ist aber etwas, was die klassische Fernsehlandschaft oftmals nicht haben will. Im Fernsehen wird immer noch das größte Budget hin- und hergeschoben, da will man als Kunde verständlicherweise Sicherheit haben. Sei es mit der klassischen Verwertung oder einer anderweitigen Refinanzierungsmöglichkeit. Das begrenzt aber auch eine gewisse Innovation bei der Formatierung. Wir stecken als Macher gefühlt zwischen den beiden Welten Fernsehen und Internet. Zwischen diesen beiden Seiten findet gerade ein starker Dialog statt. Viele Leute wollen wissen, was dort gerade passiert und wie man partizipieren kann. Fernsehmacher und Agenturen kommen heutzutage nicht mehr umhin, sich das Internet und alle Content Creator, die dort agieren, anzugucken.

Wir haben natürlich nach wie vor ein paar Konzepte in der Schublade und damit gehen wir auch hausieren, das ist völlig normal. Aber gleichzeitig sagen wir auch mit „RocketBeans.TV“, dass es unser Weg wird, die Sachen ein bisschen anders zu gestalten. Die Zielsetzung ist es, durch unsere inhaltlich-getriebenen Strategien einen erfolgreichen Businesscase zu schaffen, der sinnig und zeitgemäß den Generationswechsel beschreiben und begleiten kann. Wir liefern mit Formaten ein paar Beispiele, die irgendwo zwischen den Welten Internet und Fernsehen liegen, zwischen Jump- und Hard-Cut-Videos von YouTubern und zwischen klassischen Fernsehproduktionen. Wir wollen selbstverständlich Geld verdienen, aber es ist nicht so, dass wir dauerhaft darauf schielen. Das große Geld wird aktuell noch im Fernsehen gemacht, aber für eine wesentlich ältere Zielgruppe.


Die angesprochene Problematik wird auch für zwei eurer Formate relevant gewesen sein. Ihr habt für euren Piloten zu «Quelle: Internet» den Webvideopreis gewonnen, habt es aber nicht geschafft das Format an einen Fernsehsender zu pitchen. Ähnliches gilt für eure «Green-Screen-Show», in der ein Protagonist vor einem Green-Screen von der Regie in verschiedene Szenarien versetzt wird. Woran haperte es bei diesen Ideen noch und wo liegen die Unterschiede zwischen euren Ansprüchen und denen der Sender?

Die meisten Fernsehsender geben uns ein positives Schulterklopfen, aber oftmals war es das dann schon. Der Hauptgrund wird darin liegen, dass ein Großteil der präsentierten Konzepte nicht refinanzierbar ist. Die Formate, die wir vorschlagen, sind redaktionell und in der Produktion meist sehr aufwändig, auch wenn man das von den Formaten, die wir bisher produziert haben, vielleicht noch nicht gesehen hat. Aber es steckt sehr viel Arbeit und sehr viel Herzblut dahinter und schlussendlich muss man Arbeit auch entsprechend bezahlen. Allgemein gilt für viele Kreative, Freiberufler und kleine Produktionsfirmen: Wenn man neue TV-Formate starten möchte, muss im Vorfeld die Quote bestenfalls schon feststehen und sich dann bei der Ausstrahlung auch noch vervielfachen. Das kann man mit Neuformatierungen schwer planen, hinzu kommt das finanzielle Risiko, dass viele Sender einfach nicht tragen können und wollen.

In Bezug auf «Quelle: Internet» sind wir schon ein bisschen über’s Ziel hinaus geschossen. Die Grundvoraussetzung war, das wir damit beauftragt wurden, eine Art Clipshow über Internetsachen herzustellen … Eigentlich wollten sie nur irgendwelche lustigen Videos zeigen, fertig. Wir haben daraus ein redaktionelles Format gemacht, weil wir uns sehr sicher waren, dass es dadurch eine stärkere Anbindung der Zuschauer gibt und dass die Leute das haben wollen, weil sie die kleinen YouTube-Videos auch anders kriegen.

Die schnelle Quote muss halt sein und das geht oftmals über Fremdschämen und Sich-Lustig-Machen. Das ist aber auch etwas, was wir einfach nicht wollen. Dann verkommt das Handwerk nur zum Beiwerk und es geht nur darum passiv Leute zum Lachen zu bringen, weil man als Zuschauer in einer besseren Situation ist, als diejenigen, die vor der Kamera entblößt werden.
Daniel Budiman
Bei der «Green-Screen-Show» lag es glaub ich daran, dass der Aufwand das zu bewerkstelligen in den ersten Zügen sehr teuer gewesen wäre. Wir hatten von der Formatierung und Konzeptionierung schon gewisse Namen eingeplant. Das sollte eine moderne Impro-Comedy-Show sein, aber eben mit modernen, digitalen Möglichkeiten. Wir haben Beispiele genannt wie Mirco Nontschew und Tommy Krappweis, vielleicht auch Moritz Bleibtreu, der Sender antwortete mit anderen, vermeintlich „lustigeren“ Kalibern. Da war es aber schon klar, dass der Sender sich etwas anderes ausgedacht hatte. Er wollte eher etwas fremdschämiges, während wir das Handwerk der Impro-Comedy nach vorne stellen wollten. Da merkt man schon einen starken Unterschied, allein schon, wie diese Idee aufgenommen wird und wie Sender schnell agieren wollen. Die schnelle Quote muss halt sein und das geht oftmals über Fremdschämen und Sich-Lustig-Machen. Das ist aber auch etwas, was wir einfach nicht wollen. Dann verkommt das Handwerk nur zum Beiwerk und es geht nur darum passiv Leute zum Lachen zu bringen, weil man als Zuschauer in einer besseren Situation ist, als diejenigen, die vor der Kamera entblößt werden – etwas, das wir als Grundgedanken nicht mögen. Die einzige Ausnahme sind wir selbst – über uns selbst machen wir uns immer gerne lustig.

Ihr übernehmt Formate, die ihr bereits bei YouTube etabliert habt, für euren Twitch-Sender. Welche sind das und kannst du diese den Lesern erklären, die euren Channel bislang nicht kannten und nur mit euren Beiträgen rund ums Gaming vertraut sind?
Die klassischen Formate werden wir auf jeden Fall weiter laufen lassen. Das ist zum einen «Almost Daily». Die Sendung besteht einfach aus einem Tisch und ein paar Stühlen. Es gibt unterschiedliche Themenlagen, über die man einfach nur redet. Das klingt genauso spektakulär, wie es letztendlich auch ist (lacht). Das steht und fällt mit den Teilnehmern und dem Thema, aber es ist eben nicht gescripted. Das ist aktuell unser erfolgreichstes Format.

Es gibt noch eine «Pen-and-Paper»-Strecke, die wir weiterführen. Da möchte ich noch nicht zu viel verraten. Das ist ein für unsere Verhältnisse sehr erfolgreiches Live-Rollenspiel, also etwas aus dem klassischen Nerd-Kosmos. Da haben wir bereits zwei Folgen von produziert und es wird noch mehr davon geben. Wir kreieren dabei ein Rollenspiel in einem postapokalyptischen Setting. Es geht darum, wie wir in diesem Szenario agieren und bestenfalls überleben (lacht).

Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Einzelheiten über die verschiedenen Formate bei RocketBeansTV, den Schlüssel zu einer guten Communitybindung, die Support-Aktion, die den Sender finanzierte und das Ende von «Game One»
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13.01.2015 16:01 Uhr Kurz-URL: qmde.de/75647
Timo Nöthling

super
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Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Chris_23
14.01.2015 16:13 Uhr 1
Sehr ausführliches Interview! Danke dafür :D
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