Die kleine aber feine Produktion «The Loft» ist das US-amerikanische Remake eines Films, der in Belgien nicht nur der erfolgreichste aller Zeiten ist, sondern gar schon längst eine Neuverfilmung erhalten hat. Quotenmeter.de hat ihn vorab gesehen und rät zum Kinobesuch.
Filmfacts: «The Loft»
- Kinostart: 11. Dezember 2014
- Genre: Thriller
- FSK: 16
- Laufzeit: 102 Min.
- Kamera: Nicolas Karakatsanis
- Musik: John Frizzel
- Buch: Bart De Pauw, Wesley Strick
- Regie: Erik Van Looy
- Darsteller: Wentworth Miller, Rhona Mitra, James Marsden, Matthias Schoenaerts, Karl Urban, Isabel Lucas, Eric Stonestreet, Rachael Taylor
- OT: The Loft (USA 2014)
Es ist nicht das erste Mal, dass ein und derselbe Regisseur sowohl das Original, als auch das Remake seines eigenen Filmes in Personalunion übernimmt. Hitchcock («The Man Who Knew Too Much»), Ole Bornedal («Nightwatch – Nachtwache») und Michael Haneke («Funny Games») sind nur drei von vielen Namen diverser Filmemacher, die sich bewusst dazu entschlossen, ihrem eigenen Werk einen neuen Anstrich zu verpassen. Der Belgier Eric Van Looy («Mörder ohne Erinnerungen») inszenierte bereits 2008 ein aufwühlendes Kammerspiel um fünf Männer, fünf Schlüssel und ein großes Geheimnis und versammelte für «Loft – Tödliche Affären» eine Handvoll weitgehend unbekannter, flämischer Darsteller. Das Ergebnis: Mit knapp 1,2 Millionen Zuschauern stellte Van Looys wegweisender Thriller den Rekord von Stijn Coninx‘ 1990 erschienener Romantikomödie «Koko Flanel» als erfolgreichstem Film Belgiens ein und hat seither die Pole-Position der dortigen Rangliste aller veröffentlichten Produktionen inne. Unter diesen erfolgsverwöhnten Umständen mutet es fast ein wenig überheblich an, dass Van Looy mit einem eigenen Remake nun erneut auf Zuschauerfang zu gehen versucht. Gleichzeitig ist die Idee dahinter umso bodenständiger: Als man innerhalb der verantwortlichen Filmstudios den internationalen Vermarktungswert der Vorlage erkannte, war es schlicht die naheliegendste Lösung, erneut Erik Van Looy mit der Inszenierung zu beauftragen. Auch Drehbuchautor Bart du Pauw, der in Teilen schon für das Originalskript verantwortlich zeichnete, ist wieder mit an Bord. Gemeinsam kreieren das Duo und seine Darsteller ein ebenso spannendes wie erotisches Katz-und-Maus-Spiel vor minimaler Kulisse, die sich mit den großen Vorbildern aus Hollywood durchaus messen kann.
Fünf verheiratete Männer teilen sich ein luxuriöses Loft, um dort heimlich ihre Geliebten zu treffen. Alles läuft reibungslos, bis sie eines Morgens im Loft die bestialisch zugerichtete Leiche einer jungen Frau vorfinden. Jeder der fünf Freunde behauptet, nicht zu wissen, wer die Frau ist und wie sie in das Loft gelangen konnte. Doch es gibt nur fünf Schlüssel, von denen jeder der Fünf einen besitzt. Und niemand außer ihnen kannte den geheimen Treffpunkt. Schon bald beschuldigen sich die Männer gegenseitig, das grausame Verbrechen begangen zu haben und es scheint, als wüssten sie viel weniger voneinander, als sie bisher glaubten…
Der dieser Tage hierzulande in die Kinos kommende Thriller «The Loft» ist nicht das erste Remake der erfolgreichen, belgischen Vorlage. Schon 2010 erkannte die niederländische Filmemacherin Antoinette Beumer («Jackie – Wer braucht schon eine Mutter») das Potenzial der Vorlage und brachte das dazugehörige Skript – übrigens ebenfalls von Bart du Pauw, der somit bereits drei verschiedene Drehbücher zur selben Geschichte verfasste – auf die Leinwand. Während es manch einer wohl auf den mangelnden Einfallsreichtum europäischer Filmemacher schieben mag, rechtfertigt die Qualität der Story durchaus eine derartige Dichte an Verfilmungen von ein und derselben Geschichte. Das führt im Umkehrschluss dazu, dass sich sämtliche Ausführungen ebenjener in Auftritt und Verlauf ähneln. Im Falle der internationalen Fassung «The Loft» aufgrund der anklingenden (!) Shot-by-Shot-Prämisse selbstredend umso mehr. Kurzum: Wer das Original sowie die vielen Wendungen und falschen Fährten kennt, dem fehlt an vielerlei Stelle vermutlich der notwendige Überraschungseffekt. Gleichzeitig entfernt sich Regisseur Van Looy insgesamt doch so stark davon, eine exakte Kopie der Ursprungsversion zu schaffen, dass der Film selbst für Kenner nie an Atmosphäre einbüßt. Regisseur Van Looy macht dafür insbesondere seinen Kameramann Nicolas Karakatsanis («The Drop – Bargeld») verantwortlich, dessen Bilder nichts mit denen der beiden vorherigen Filme gemein haben.
Karakatsanis hält sich mit seiner Kamera angenehm zurück und verharrt stetig in einer beobachtenden Position. Das schwüle Wabern aus «Loft – Tödliche Affären» sowie «Loft – Liebe, Lust, Lügen» fängt der Bilderkünstler nicht ein. Karakatsanis‘ Arbeit konzentriert sich ganz auf ein edles, fast schon ausstaffiertes Erscheinungsbild, das seine Stimmung weniger aus der Kulisse denn aus der Interaktion der Darsteller zieht. Und die haben nicht bloß große Namen, sondern es in ihren Rollen regelrecht in sich. Zum Stammcast der fünf Hauptdarsteller gehören Serienstar Karl Urban («Almost Human»), Hollywood-Herzblatt James Marsden («Mädelsabend»), der durch die Actionserie «Prison Break» bekannt gewordene Wentworth Miller, das «Modern Family»-Mitglied Eric Stonestreet sowie der aktuell auch in «The Drop – Bargeld» zu sehende Belgier Matthias Schoenaerts – quasi ein Zugeständnis an die belgischen Wurzeln des Originalfilms. Mit seiner Mischung aus amerikanischen Schauspielgrößen und internationalen eher unbekannten Charaktermimen gelingt Erik Van Looy nicht nur auf dem Papier eine sehr interessante Chemie. Auch untereinander haben sämtliche Darsteller die Ecken und Kanten, die es braucht, um die innere Spannung durchgehend aufrechtzuerhalten. Die Dialoge sind spitz, treffend und werden von sämtlichen Darstellern mit einnehmender Inbrunst vorgetragen. Mal erreichen die Worte aus du Pauwns Drehbuch schon für sich genommen die notwendige Durchschlagkraft, die die Szenerie vorantreibt. Dann wiederum ist es die individuelle Art des Vortragens, die, von den Figuren ausgehend, zum stimmigen Gesamtbild der beklemmenden Atmosphäre beiträgt. Das ist sehr gelungen – Liebhaber des Effektkinos werden trotz einer hohen Überraschungsdichte jedoch immer wieder auf die Geduldsprobe gestellt.
Die Geschichte selbst verbindet die interessanten Ansätze einer fünffachen Psychoanalyse mit dem Suspense-Gehalt eines ruhigen, wenn auch vielfach verworrenen Thrillers und kehrt damit recht früh einen wichtigen Aspekt der international tatsächlich sehr dankbaren, da zeitlosen Geschichte hervor: In «The Loft» ist niemand der, der er scheint und auch, wenn derartige Story- respektive gar Genrepfade schnell ausgetreten anmuten, so gewinnt Erik Van Looy seinem Herzensprojekt selbst in der dritten Variante noch neue Facetten ab. Öfter als in den beiden Vorgängern verlassen die Inszenatoren hier die Kulisse des titelgebenden Lofts und beleuchten in Rückblenden die Ereignisse, in welche diverse, äußerst chic in Szene gesetzte Frauen verwickelt sind. Leider gewinnt der Drehbuchautor ebenjenen, für die Handlung immens wichtigen Grazien nur oberflächliche Charakterzüge ab. Das ist zwar förderlich, um den Fokus konstant auf den fünf Protagonisten zu halten, ein wenig mehr dramatische Fallhöhe hätte allerdings auch den weiblichen Darstellern gut getan.
Fazit: Erik Van Looy gelingt mit «The Loft» eine ebenso zeitgemäße wie für den internationalen Markt attraktive Variante seines einnehmenden Kammerspiels von 2008 und beweist dabei einmal mehr, dass der wahre Thrill in der Betrachtung psychischer Abgründe liegt. Sein namhafter Cast entschädigt auch für das adrenalinsuchende Publikum über das Fehlen wirrer Verfolgungsjagden sowie wüster Schießereien.
«The Loft» ist ab dem 11. Dezember in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen!