In Scott Franks Romanverfilmung «Ruhet in Frieden - A Walk Among the Tombstones» ist Liam Neeson einmal mehr in der Hauptrolle eines knallharten Thrillers zu sehen. Dem Charaktermimen steht die bleihaltige One-Man-Show gut zu Gesicht. Doch der Streifen ist kein konventioneller Actionthriller.
Filmfacts: «Ruhet in Frieden»
- Kinostart: 13. November 2014
- Genre: Thriller
- FSK: 16
- Laufzeit: 114 Min.
- Kamera: Mihai Malaimare Jr.
- Musik: Carlos Rafael Rivera
- Buch: Scott Frank
- Regie: Scott Frank
- Darsteller: Liam Neeson, Dan Stevens, David Harbour, Laura Birn, Maurice Compte, Adam David Thompson, Kim Rosen, Dan Stevens, Brian Bradley
- OT: A Walk Among the Tombstones (USA 2014)
Multitalent Scott Frank hat in seiner 27-jährigen Karriere schon allerhand ausprobiert. Der Filmemacher ist auf vielen Ebenen der Strippenzieher ganz unterschiedlicher Projekte. Er nahm auf dem Regiestuhl Platz, schrieb Drehbücher oder nahm die Produktion solch unterschiedlicher Streifen wie «Die Regeln der Gewalt», «Marley und ich» oder auch «Wolverine – Weg des Kriegers» in die Hand. Zu einer solch farbenfrohen Vita passt es auch, dass Frank mit seinem neuesten Streifen «Ruhet in Frieden», der Leinwandadaption des Bestsellers „A Walk Among the Tombstones“ von Lawrence Block, das Genre des Noir-Thrillers erneut aus der Mottenkiste holt. In der Vergangenheit versuchten sich ganz unterschiedliche Filmemacher immer wieder einmal an diesem Unterfangen. Doch daraus entstehende Genre-Variationen wie Ruben Fleischers «Gangster Squad» oder zuletzt Antoine Fuquas «The Equalizer» wirkten nicht bloß unentschlossen, sondern wurden darüber hinaus auch nicht dem gerecht, was der klassische Noir-Film einmal war. Der klassische Hollywoodfilm hinterlässt eben überall seine Spuren. Dass das Abschütteln gängiger Traumfabrik-Erfolgsfaktoren nun ausgerechnet einem solchen Genrehopper wie Scott Frank gelingt, der in der Vergangenheit wahrlich wenig Gelegenheit zum Üben einer solch speziellen Aufgabe hatte, passt zur Unentschlossenheit des Filmemachers. Gleichzeitig offenbart gerade dieser fast beiläufige Geniestreich das genaue Auge des Regisseurs, der in «Ruhet in Frieden» wenig Wert auf gängige Sehgewohnheiten legt. Das einzige Zugeständnis an den Massengeschmack ist die Wahl des Hauptdarstellers; Liam Neeson unterstreicht auch in «A Walk Among the Tombstones» einmal mehr seinen Status als knallharter Alleinunterhalter.
Acht Jahre ist es her, dass Matthew Scudder (Liam Neeson) den Polizeidienst quittierte, nachdem er beim Versuch, die Täter eines Überfalls zu stellen, eine unschuldige Passantin erschoss. Inzwischen verdient er seinen Lebensunterhalt als Privatermittler, hat dem Alkohol entsagt und lebt zurückgezogen. Als Scudder von dem Drogendealer Kenny (Dan Stevens) den Auftrag erhält, die Männer ausfindig zu machen, die seine Frau gekidnappt und brutal ermordet haben, führt ihn der Fall tief in die Unterwelt von New York. Langsam offenbart sich, dass die Entführung nicht die einzige war, sondern Teil einer ganzen Serie äußerst gewalttätiger Straftaten – immer mit tödlichem Ausgang. Scudder sieht sich auf seiner Suche nach Gerechtigkeit gezwungen, selbst die Grenzen des Gesetzes zu überschreiten, während die Täter bereits ihr nächstes Opfer ins Visier nehmen…
Ob als griechischer Gott Zeus in «Zorn der Titanen», hassgetriebener Geheimagent in der «96 Hours»-Reihe oder zuletzt als abgewrackter Air Marshal im explosiven Flugzeugthriller «Non-Stop»: Oscar-Gewinner Liam Neeson scheint nach seiner Zeit als Charaktermime eine zweite Karriere als Actionheld begonnen zu haben. Dass ihm diese Rolle gut bekommt, steht angesichts berauschender Besucherzahlen außer Frage. Neeson begeistert Massen an Zuschauern wie es auch Denzel Washington oder Bruce Willis in den Rollen diverser One-Man-Weltenretter getan haben. Wie es schon das simple und doch kraftvolle Plakat zu «Ruhet in Frieden – A Walk Among the Tombstones» andeutet, steht Liam Neeson auch in dieser Romanverfilmung im Mittelpunkt eines bleihaltigen Infernos. Doch anders als er es zuletzt unter Beweis stellte, verlässt sich die Formung seiner neuesten Heldenfigur nicht bloß auf eine ausgeprägte Physis. Scott Frank, der für seinen Film eines der vielen Abenteuer von Lawrence Blocks Serienhelden Matthew Scudder adaptiert, kreiert an dieser Stelle kein weiteres Actionheldenfranchise. Dazu würde die schon zu Beginn von «Ruhet in Frieden» angedeutete Hintergrundgeschichte von Detective Scudder wohl auch nur dann einladen, wenn man aus dem lizenzlosen Privatermittler einen richtigen Superhelden der Marke «Batman» formen wollen würde. Doch nichts dergleichen geschieht.
Schon der Prolog kündet an, dass es das Publikum hier mit einem Thriller härteren Kalibers zu tun bekommt. Eine gefesselte und offenbar gedemütigte, vielleicht sogar hier und jetzt gefolterte Frau wird so elegant in Szene gesetzt, dass das Publikum bis zu einem bestimmten Moment gar nicht ahnt, dass die vermeintlich so gemütliche, gar aufreizende Szenerie lediglich dazu dient, den Zuschauer in Sicherheit zu wiegen. Nun erhält Matthew Scudder seine Einführung. Die tragische Lebensgeschichte des von Liam Neeson so eindringlich verkörperten Detectives nimmt sich viel Zeit für das Formen diverser Ecken und Kanten. Dadurch geht Scott Frank mit seinem nur spärlich ausgestatteten Thriller ein großes Wagnis ein: So nahbar Frank seinen Protagonisten auch zeichnet und so nachvollziehbar sich der Lebenslauf von Scudder auch gestaltet, so fern bleibt die Figur doch dem Publikum.
Vollständig humorreduziert legt der Regisseur und Autor das Hauptaugenmerk weniger auf die Gestaltung eines Sympathieträgers. Stattdessen konstruiert er auf Basis der Buchvorlage einen Fall, der nicht umsonst mit einer gewissen gesellschaftspolitischen Brisanz daherkommt. Was zunächst fast wie ein stereotyp gezeichneter Entführungsthriller anmutet, gewinnt mit fortschreitender Laufzeit immer mehr an Tiefe und Durchschlagkraft. Auch deshalb, weil der Verfasser des Drehbuchs viel Wert darauf legt, das Milieu und all jene Umstände zu beleuchten, welche die Antagonisten – in diesem Fall also die Kidnapper – zu dem gemacht haben, was sie heute sind. Dabei trifft Frank keine moralisch allgemeingültige Aussage über die Entstehung des Bösen. Vielmehr gelingt es ihm in seiner langsamen Erzählweise, das Szenario aus vielen verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und daraus zusätzliche Spannung zu generieren. Eine Szene, in der ein junges Mädchen die Aufmerksamkeit ihrer potenziellen Entführer auf sich zieht, wird nicht umsonst so von einem Balladen-Evergreen untermalt, als stamme diese Szene direkt aus einer Hollywoodromanze. Das sind durchaus kontroverse Mittel, um die Sichtweisen der nihilistischen Triebtäter zu unterstreichen. Doch nur so schafft es «Ruhet in Frieden», die Dramatik der Story so zu gestalten, dass der Streifen nicht zu einem weiteren, x-beliebigen Thriller wird.
Diesen Status des realistischen, harten Suspensestückes, das seine Unterhaltungsqualitäten nicht aus gängigen Blockbuster-Versatzstücken sondern einer durchgehend äußerst bedrohlichen Atmosphäre zieht, untermauert auch die technische Gestaltung. Als Kulisse dient nicht etwa die bekannte Hochglanzfassade der Weltmetropole New York City. Stattdessen wählte Regisseur Scott Frank Orte der US-amerikanischen Stadt aus, die nicht einmal mehr genaue Rückschlüsse auf den Drehort schließen lassen. Kameramann Mihai Malaimare Jr. («The Master») fängt so unbeteiligt und minimalistisch wie möglich all jene Orte ein, die man so in der Form wohl nur ungern allein aufsuchen möchte. Schmutzige Hinterhöfe und verwinkelte Gassen, die in einen kontrastarmen, farbreduzierten Look daherkommen, unterstreichen die Desillusionierung der Hauptfiguren. Zu denen gehört neben Liam Neeson insbesondere der heranwachsende Jungschauspieler Brian Bradley («Leben und Sterben in L.A.»), dessen Figur eines orientierungslosen Straßenjungen so ziemlich das einzige Zugeständnis an die gängigen Sehgewohnheiten des Publikums ist. Dank Bradleys Kodderschnauze fügt sich der Schauspielnachwuchs angenehm in das Gesamtbild, auch wenn es den Charakter per se nicht gebraucht hätte.
Fazit: In seinem dialoglastigen Noir-Thriller «Ruhet in Frieden – A Walk Among the Tombstones» verlässt sich Regisseur Scott Frank ganz bewusst auf die Zugkraft der intensiven Geschichte. Effekthascherei in Form ausgedehnter Kampfchoreographien oder bleihaltiger Schusswechsel braucht es nicht. Liam Neeson erweist sich einmal mehr als Idealbesetzung eines zwielichtigen Antihelden, dessen stoischer Gerechtigkeitssinn das Publikum immer wieder in seinen Bann zieht.
«Ruhet in Frieden – A Walk Among the Tombstones» ist ab dem 13. November bundesweit in den Kinos zu sehen.
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Aus wessen Feder stammt die Romanvorlage, die «Ruhet in Frieden» zugrunde liegt?
Tipp: Der Titel findet sich auch in der obigen Filmkritik.
Teilnahmeschluss ist am 23. November 2014 um 23:59 Uhr. Viel Glück!
Weitere Informationen zu den Teilnahmebedingungen findet ihr unter http://tinyurl.com/QuotenmeterGewinn.