Am Tag des Mauerfalls widmet sich Quotenmeter.de den beiden größten Zuschauerhits am Sonntagabend: Dem «Tatort» und dem «Polizeiruf 110». Wie erfolgreich war das einstige «Tatort»-Pendant zuletzt? Und welche Teams ragen heraus?
«Polizeiruf 110» - Geschichte
- Seit 1971 im DFF (Deutscher Fernsehfunk, DDR) produziert
- Gegenstück zum BRD-«Tatort»
- Fortsetzung nach DFF-Auflösung Ende 1991 fraglich, 1993 aber von diversen ARD-Anstalten wieder ins Leben gerufen
- Aktuell vier Ermittler-Teams aus Potsdam/Brandenburg (RBB), Rostock (NDR), Magdeburg (MDR) und München (BR)
Am heutigen Sonntag, den 9. November 2014, jährt sich der Fall der Berliner Mauer zum 25. Mal. Dieses für die jüngere deutsche Zeitgeschichte symbolträchtige Ereignis wurde bereits in den vergangenen Tagen in zahlreichen Fernsehtalks und Dokumentationen zum Anlass genommen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede im heutigen West- und Ostdeutschland zu thematisieren. Im deutschen Fernsehen hat sich der ARD-Sonntagabend für viele Millionen Menschen zur festen wöchentlichen Instanz für qualitativ herausragende Krimi-Reihen entwickelt. Häufig wurde in der jüngeren Vergangenheit über die zum Teil sensationellen Einschaltquoten des
«Tatorts» berichtet. Doch wie schlägt sich auf diesem Sendeplatz eigentlich der ebenfalls regelmäßig ausgestrahlte
«Polizeiruf 110», der Anfang der 1970er-Jahre als DDR-Pendant etabliert wurde und schnell zum Publikumsliebling der ostdeutschen Bevölkerung avancierte?
Blickt man auf die zehn Monate des aktuellen Kalenderjahres zurück, fällt zunächst auf, dass es eine klar Produktions- und Ausstrahlungsdivergenz zugunsten des «Tatorts» gibt: Knapp 30 neue Folgen der Krimi-Reihe stehen gerade einmal sechs «Polizeiruf»-Premieren gegenüber. Im November werden erstmals seit April 2012 gleich zwei neue Folgen des einstigen DDR-Formats ausgestrahlt, während beim BRD-Pendant drei bis vier neue Filme pro Monat - abgesehen von der Sommerpause - Normalität sind. Wo die Prioritäten bei den ARD-Anstalten liegen, lässt sich also unschwer erkennen. Doch sind sie auch richtig verteilt?
Zumindest aus Sicht der Einschaltquoten kann man diese Frage recht leicht bejahen. Zwar rangieren beide Reihen auf einem quasi durchgehend hervorragenden Niveau, doch die Sensationswerte weit oberhalb der Zehn-Millionenmarke hat der «Tatort» im Jahr 2014 exklusiv. Neun Mal durfte man sich bisher schon über Reichweiten von zehn Millionen und mehr freuen, wobei hier die beiden Folgen aus Münster mit 12,78 und 13,13 Millionen noch einmal gesondert hervorzuheben sind. Gleich viermal positionierte sich das Team aus Köln mit 10,09 bis 11,29 Millionen oberhalb dieser magischen Marke, dazu gesellt sich je eine Episode aus Hamburg und Ludwigshafen. Die rein westdeutschen Folgen kommen im Schnitt auf 9,84 Millionen Interessenten, was unschlagbaren 27,7 Prozent des Gesamtpublikums und 22,4 Prozent der 14- bis 49-Jährigen entspricht.
Wer den letzten Abschnitt aufmerksam verfolgt hat, wird vielleicht gemerkt haben, das eine Folge über zehn Millionen noch fehlt. Die steuerte der MDR Mitte März bei, als 10,24 Millionen Fernsehende die Leipziger Ausgabe «Frühstück für immer» verfolgten - und für ähnlich tolle 27,7 bzw. 21,5 Prozent sorgten wie die West-Teams. Der zweite MDR-Beitrag «Türkischer Honig» lief an Neujahr angesichts von 21,1 und 15,3 Prozent bei 7,98 Millionen hingegen weitaus weniger herausragend. Und die beiden Folgen aus Berlin? Die lagen mit jeweils knapp zehn Millionen voll im «Tatort»-Soll, zogen die Werte der Krimi-Reihe jedoch weder signifikant nach oben noch nach unten.
Für den «Polizeiruf 110» wiederum waren in diesem Jahr bisher die vier ARD-Anstalten tätig, die das Format bereits seit einigen Jahren mit verantworten: Der NDR und BR mit jeweils zwei Folgen sowie RBB und MDR mit je einer - wobei nur die Folgen aus München fernab der Grenzen der ehemaligen DDR produziert wurden. So gesehen gab es 2014 nur zwei "West-«Polizeirufs»", die jeweils zwischen sieben und acht Millionen Menschen vor die TV-Geräte lockten und auf durchschnittlich 22,7 Prozent Marktanteil zu verweisen hatten. Bei den jüngeren Zuschauern erreichten die BR-Produktionen 15,9 Prozent bei immerhin 2,05 Millionen Menschen.
Oberflächlich betrachtet liegt man damit ziemlich exakt auf dem Niveau der ostddeutschen Folgen, die im Schnitt 7,93 Millionen Fernsehende und 22,3 bzw. 15,3 Prozent vorzuweisen hatten. Doch hier zieht die MDR-Ausgabe «Abwärts» die Quoten erheblich in den Keller, die mit gerade einmal 5,99 Millionen Zuschauern die niedrigste Reichweite aller neuen Ausgaben beider Reihen verzeichnete. Extrahiert man diesen Ausreißer nach unten aus der Gesamtbilanz, kommen die "Ost-«Polizeirufs» auf 8,30 bis 8,88 Millionen Interessenten sowie Marktanteile von 23,1 und 16,8 Prozent - was wiederum für eine Präferenz der Zuschauer für die Ost-Produktionen spricht. Generell sind diese Daten jedoch mit einer gewissen Vorsicht zu genießen, da die Grundgesamtheit an analysierten Episoden wie bereits eingangs erwähnt bei gerade einmal sechs liegt.
Ein Fazit bei der Quoten-Analyse aller in Deutschland produzierten Folgen von «Tatort» und «Polizeiruf 110» kann für das aktuelle Kalenderjahr allerdings in jedem Fall gezogen werden: Mit regelmäßig weit über 20 Prozent Gesamt-Marktanteile sind beide Reihen beeindruckende Quoten-Erfolge und stehen für eine Relevanz beim deutschen Publikum, die seit einiger Zeit nicht einmal mehr «Wetten, dass..?» vorweisen kann. Doch angesichts von knapp zehn Millionen Zuschauern im Schnitt ist erstgenannte Sendung noch einen Schritt vor letzterer anzusiedeln, die sich mit knapp acht Millionen allerdings wahrlich nicht verstecken muss. Beim jungen Publikum kommt man auf gut 15 Prozent, der «Tatort» hat im Schnitt etwa 22 Prozent zu verzeichnen.
Einen Achtungserfolg hat der «Polizeiruf» aber in jedem Fall noch zu verzeichnen: Er liegt im deutschen Fernsehen deutlich vor der schweizerischen «Tatort»-Ausgabe aus Luzern. Diese fällt mit gerade einmal 7,28 und 6,27 Millionen deutlich gegenüber den deutschen «Tatort»-Produktionen ab und generierte in diesem Jahr gerade einmal 19,5 Prozent insgesamt und 13,0 Prozent bei den Jüngeren. Die Kollegen aus Wien hingegen hatten 2014 mit ihren zwei Ausgaben rund neun Millionen Fernsehende und starke Marktanteile von gut 26 bzw. 20 Prozent vorzuweisen.
Insofern kann man davon sprechen, dass sich die einst auf die DDR beschränkte Reihe längst im gesamtdeutschen Gebiet etabliert hat, alles in allem jedoch nicht mit dem sensationell hohen Niveau des «Tatorts» konkurrieren kann. Es ist also davon auszugehen, dass man auch weiterhin etwas im Schatten dieses noch größeren TV-Klassikers stehen wird. Wenn man aber so weit gehen möchte, bei einem Fernsehformat nach Symbolen für die deutsche Einheit 25 Jahre nach dem Mauerfall zu suchen, ist die Co-Existenz der beiden Sendungen sowie deren bundesweite Erfolgsgeschichte sicher nicht das schlechteste Beispiel dafür.
Lesen Sie hier: Unsere TV-Kritik zum «Polizeiruf 110», den Das Erste am Abend senden wird.
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