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Die Kino-Kritiker: «Das grenzt an Liebe»

Hinter dem wenig Neues versprechendem Filmtitel verbirgt sich bei «Das grenzt an Liebe» eine Produktion von Rob Reiner, der seine beiden schauspielerischen Großkaliber perfekt im Griff hat. Ob das Grund genug ist, eine Kinokarte zu kaufen? Quotenmeter-Kritikerin Antje Wessels verrät ihre Eindrücke.

Filmfacts: «Das grenzt an Liebe»

  • Kinostart: 06. November 2014
  • Genre: Komödie/Romanze
  • FSK: 0
  • Laufzeit: 93 Min.
  • Kamera: Reed Morano
  • Musik: Marc Shaiman
  • Buch: Mark Andrus
  • Regie: Rob Reiner
  • Darsteller: Michael Douglas, Diane Keaton, Sterling Jerins, Annie Parisse, Austin Lysy, Michael Terra, Maxwell Simkins
  • OT: And So It Goes (USA 2014)
Der Auftakt zum Endspurt von Showdino «Wetten, dass» dominierte in den vergangenen Wochen einmal mehr die Schlagzeilen. Nicht etwa, weil die drittletzte Sendung der einstigen ZDF-Institution mit einem plötzlichen Qualitätshoch auf sich aufmerksam machte, sondern weil Markus Lanz und seine Jünger genau dort anknüpften, wo sie vor der Sommerpause begonnen und reihenweise Zuschauer vergrault hatten. Doch zwischen peinlichen Gesprächspausen in wenig engagierten Talkrunden und gelangweilten Auftritten von Weltstars wie Lenny Kravitz oder Megan Fox zog eine Grande Dame Hollywoods zeitweise alle Blicke auf sich, die Eigenwerbung dieser Form eigentlich überhaupt nicht mehr nötig hätte. Die Rede ist von Diane Keaton, die in ihrer Weltkarriere als Schauspielerin, Produzentin und Regisseurin so ziemlich alles erreicht hat, was es in der Traumfabrik Amerikas zu erreichen gibt. Oscars («Der Stadtneurotiker»), Golden Globes («Was das Herz begehrt») und diverse andere Filmpreise inklusive. Nach ihrem Stelldichein im an der Kinokasse unauffällig gebliebenen Ensemblestück «The Big Wedding» im vergangenen Jahr, hat Keaton die Bühne in ihrem neuen Film «Das grenzt an Liebe» nun wieder für sich allein. Zumindest fast. Zu ihr gesellt sich mit Michael Douglas ein Schauspieler ähnlichen Kalibers, dessen Darbietung des weltberühmten Entertainers Liberace zu den Filmhighlights 2013 zählte. Die zusammen 138 Jahre alten Superstars begeben sich in der von Rob Reiner («Wo die Liebe hinfällt…») inszenierten Komödie auf die Pfade solcher Rührstücke wie «Das Beste kommt zum Schluss» und «Was das Herz begehrt» und zeigen der jüngeren Schauspielgeneration einmal mehr, wo der Comedy-Hammer hängt. Natürlich nicht, ohne der mitunter äußerst tragischen Story in den richtigen Momenten eine bittersüße Note zu verleihen.

Oren Little (Michael Douglas) ist kurzgesagt ein Scheusal. Es gibt eine Million Gründe, den Immobilienmakler nicht zu mögen. Besonders die Nachbarn kommen in den Genuss seiner Gemeinheiten und dass er auch noch der Besitzer des Appartementhauses ist, macht das Ganze nicht einfacher. Doch eine Person hat sein Interesse geweckt: die attraktive Sängerin Leah (Diane Keaton) von nebenan. Eher ungeschickt und auf seine ganz speziell hölzerne Art versucht er, sie zu erobern. Doch das zunächst mit nur mäßigem Erfolg. Erst als Oren sich überraschend um seine Enkeltochter Sarah (Sterling Jerins) kümmern muss, wendet sich das Blatt. Unschlüssig, wie man eine 9-Jährige versorgt, bittet er Leah um Hilfe. Als er denkt, sich smart aus der Verantwortung ziehen zu können, beißt er auf Granit, denn Leah gibt ihm kontra! Und auf einmal ist klar: Da geht noch was!

Schon einmal wusste Genrehopper Rob Reiner die Entertainerqualitäten des älteren Semesters gekonnt in Szene zu setzen: Wenngleich sein komödiantisches Drama «Das Beste kommt zum Schluss» kein innovatives Meisterstück war, so überzeugten doch die beiden Hauptdarsteller Jack Nicholson und Morgan Freeman im Fokus dieses ganz besonderen Roadtrips. Und auch der Titel seines neuesten Werkes kündigt bereits an, worauf seine Romanze wohl hinsteuert. Erwartungsgemäß trifft ein Stinkstiefel (Douglas) auf ein nicht ganz so unschuldiges Unschuldslamm (Keaton). Zwischen wüsten Beschimpfungen, allerhand Missverständnissen und zarter Annäherung offenbaren sich schließlich die wahren Gefühle der Beteiligten an dieser von Anfang an offensichtlich vorbestimmten Liebelei. Das ist weiß Gott nicht kreativ; dennoch hat Rob Reiner seine Hauptdarsteller so vortrefflich im Griff, dass stellenweise Improvisation und ein intuitives Spiel der Protagonisten einen enormen Spaß bereiten.

Dabei müssen sich die beiden Hauptakteure nicht einmal besonders anstrengen, um den Zuschauer von ihrem guten Kern zu überzeugen. Diane Keaton gibt von Anfang an die charismatische, wenn auch oftmals melancholische Sympathieträgerin Leah, der man ihre Femme-Fatale-Vergangenheit in den sinnlichen Gesangseinlagen immer noch überdeutlich ansieht. Auch die Figur des Oren ist von Beginn an nur oberflächlich als Antagonist angelegt. Wie sooft kommt der weiche Kern unter der harten Schale auch bei diesem vermeintlichen Unsympathen erst dann zum Vorschein, wenn dieser mit seinen eigenen Gefühlen konfrontiert wird. Originalität sieht anders aus. Doch die engagierten Darsteller machen die wenig revolutionären Charakterzeichnungen ihrer Figuren immer wieder vergessen.

Dem Skript von Mark Andrus («Das Haus am Meer») mangelnde Originalität vorzuwerfen, wäre auf Seiten des konsequenten Verfolgens gängiger Genremechanismen wohl angebracht. Nachdem Hollywood die sogenannten Best Ager – also Zuschauer, die das sechzigste Lebensjahr bereits überschritten haben – als neue Zielgruppe abseits des typischen Blockbuster-Konsumenten erkannt hat, konzipieren Regisseure immer wieder ganz gezielt Filme für die Generation Grau. Trotz origineller Plot-Einfälle verlaufen ebenjene Produktionen nach einem durchgeplanten Schema. «Das grenzt an Liebe» nimmt sich da nicht aus. Ganz nach dem Motto „Pack schlägt sich – Pack verträgt sich!“ bietet Rob Reiners Streifen, der im Original den fast noch unauffälligeren Namen «And So it Goes» trägt, einen eineinhalbstündigen Kleinkrieg unter Nachbarn mit gezieltem Zusteuern auf das obligatorische Happy End. Dabei fokussiert Reiner die darstellerischen Vorzüge seiner Komödie derart stark, dass auch die abwechslungsreicheren Nebenplots nicht zur vollen Entfaltung finden. Immer wieder reißt das Drehbuch allerlei Familienkonflikte an, die in sich zwar interessant sind, jedoch so beiläufig behandelt werden, dass die Auflösung für die Story kaum von Relevanz ist. Das ist schade, da sich unter den Nebenhandlungssträngen nicht nur spannende Themen finden, sondern auch sehenswerte Charaktere. So hat Austin Lysy («Company Men») in der Rolle von Oren Littles Sohn Kyle nur ganz kurze Szenen, in denen seine offensichtlich spannend konstruierte Figur überhaupt auftreten darf. Stellvertretend für die reichlich oberflächliche Betrachtungsweise sämtlicher Familienverhältnisse ist eine Szene, in welcher das Protagonistenpärchen mit der neunjährigen Sarah (süß: Sterling Jerins) zu deren leiblicher Mutter fahren und angesichts ihrer widrigen Lebensumstände kehrt machen. Eine Szene, die für sich äußerst ausdrucksstark daherkommt, deren Wirkung im Gesamtkontext des Films jedoch regelrecht verpufft.

Visuell ist «Das grenzt an Liebe» eine Hollywoodproduktion nach Maß, die in ihrem durchgestylten Erscheinungsbild vor diversen Traumkulissen fast an eine Nicholas-Sparks-Produktion erinnert. Kameramann Reed Morano («Kill Your Darlings – Junge Wilde») überlässt bei seinen Arbeiten nichts dem Zufall. Seine Bilder rücken edle Luxusvillen und romantische Küstenstädtchen ins rechte Licht, bewahren jedoch immer einen kleinen Funken Gemütlichkeit und strahlen entsprechend eine angenehme Wärme aus. Komponist Marc Shaiman («Hairspray») begnügt sich derweil mit gediegenen, ruhigen Orchesterklängen, die er mit verspielten Pianoklängen zu einem dynamischen Mix gestaltet, die das Innenleben der Figuren unterstreichen. Besonders ins Gewicht fallen aus musikalischer Sicht ohnehin hauptsächlich die Gesangseinlagen der (live singenden!) Diane Keaton.

Fazit: Wenngleich «Das grenzt an Liebe» den Eindruck einer am Reißbrett konzipierten Durchschnittskomödie macht, erwecken die beiden hervorragend aufgelegten Hauptdarsteller Diane Keaton und Michael Douglas das formelhafte Skript zum Leben. Den beiden Streithähnen zuzuschauen, ist eine wahre Freude und tröstet darüber hinweg, dass eigentlich so interessante Ansätze stereotypen Entwicklungen zum Opfer fallen. Das beraubt «Das grenzt an Liebe» dennoch nicht der Tatsache, dass die Komödie in den entscheidenden Momenten verdammt ehrlich zu Herzen geht.

«Das grenzt an Liebe» ist ab dem 06. November in den deutschen Kinos zu sehen!
04.11.2014 14:30 Uhr Kurz-URL: qmde.de/74211
Antje Wessels

super
schade


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