Quotenmeter.de lädt auf eine filmische Weltreise ein. Fünf cineastische Kleinode, die jetzt schon oder demnächst die deutschen Leinwände erobern und aus Filmmärkten stammen, die nicht die ihnen gebührende Aufmerksamkeit erlangen.
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«Fünf Zimmer, Küche, Sarg » (Neuseeland)
Der Reiz an der Mockumentary liegt in der Banalität des Gezeigtem: Schließlich wäre wohl kaum ein Mensch «Stromberg»-Fan, wenn die Ereignisse innerhalb der CAPITOL-Versicherung nicht so nah an den Alltagsszenarien eines jeden Büro-Angestellten liegen würden. Umso faszinierender ist es da für einen Regisseur, die bodenständige Prämisse einer Fake-Doku mit Elementen anderer Filmgattungen zu bestücken. Das kann schief gehen, wie es Filme der Marke «Apollo 18» gezeigt haben, aber auch Oscar-verdächtige Züge annehmen; so gesehen bei Neil Bloomkamps fiktiver Alien-Doku «District 9». Jermaine Clement (vornehmlich für die musikalische Ausstattung diverser Produktionen tätig) und Taika Waititi (Regisseur und Produzent der Serie «The Inbetweeners»), die beide auch als Drehbuchautoren ihres Projekts fungieren, nehmen sich in «5 Zimmer, Küche, Sarg» derweil den Vampirfilm und dessen moderne Variationen vor.
Dabei zollen sie den Blutsaugern ihren Tribut, doch zugleich ziehen sie sämtliche Klischees und gängige Stereotypen munter durch den Kakao. Dass dieses per se schwierige Unterfangen nicht nur für Genrefans zu einem beeindruckenden Kuriosum mutiert, sondern sich auch der dessen weniger affine Gelegenheitskinogänger an der Produktion erfreuen wird, liegt zum einen am überbordenden Ideenreichtum der Macher, zum anderen aber auch an einem Blick für Details unser aller Alltags. Ähnlich Jim Jarmuschs schwermütiger Vampirballade «Only Lovers Left Alive» ist «5 Zimmer, Küche, Sarg» keine reine Blutsauger-Persiflage, sondern nimmt allen voran unser durch Medien und Konsum geprägtes, modernes Leben aufs Korn.
Im Mittelpunkt der kurzweiligen Komödie steht eine vierköpfige Vampir-Wohngemeinschaft, die entgegen der landläufigen Meinung mehr denn je mit ganz banalen Problemen des zusammengewürfelten WG-Lebens zu kämpfen hat. Weibergeschichten und Eitelkeiten kennt vermutlich jeder, der schon einmal auf engstem Raum mit anderen zusammengewohnt hat. Aber wenn sich in der Küche seit Jahrzehnten Geschirr mit eingetrockneten Bluträndern stapelt und die neue Frisur des Mitbewohners deshalb nicht sitzen möchte, weil dieser schlicht kein Spiegelbild besitzt, lässt sich erahnen, dass Vladislav, Viago und Co. nicht ganz in das Hier und Jetzt des 21. Jahrhunderts passen. Mehr über die Story von «5 Zimmer, Küche, Sarg» zu verraten, würde dem Sehvergnügen nicht nur die Überraschung rauben, sondern ist entgegen anderer Genrefilme auch nahezu unmöglich: Eine klar erkennbare Dramaturgie gibt es nicht; der neuseeländische Streifen versteht sich als eine Aneinanderreihung von Szenarien, die nicht mehr als den ewig gleichen Trott der Protagonisten dokumentieren. Gleichzeitig reichern die Verantwortlichen ihre Story mit mal obskuren, mal leicht gruseligen (und auch recht blutigen!) Exzessen an. Das Hauptaugenmerk liegt allerdings vornehmlich auf den exzellent und pointiert geschriebenen Dialogen.
Die süffisanten Einfälle und die fulminant aufspielenden Hauptdarsteller sorgen für die notwendige Dynamik, für die Referenzen an den sich im Laufe der Zeit gewandelten Vampirmythos sorgen die Verantwortlichen derweil mit mehreren kurzen Seitenhieben: Von Nazi-Vampiren über Glitzer-Edward ist «5 Zimmer, Küche, Sarg» nicht weniger als ein Abriss des Untotengenres; und das Ban Fransham («30 Days of Night») in der Rolle des steinalten Vampirs Petyr aussieht wie Nosferatu ist ganz gewiss kein Zufall. Den Filmemachern und Schauspielern ist mit diesem kleinen Genre-Schmuckstück, das auf Filmfestivals rund um den Globus bereits Massen begeisterte, eine absolute Genreperle gelungen. Kenner werden in der nicht einmal neunzig Minuten andauernden (und gut getricksten!) Vampir-Posse allerhand Meta-Humor wiederfinden – und all jene, die mit den Knoblauch-Hassern bislang nichts anfangen konnten, werden diese ab sofort erst recht ins Herz schließen!
«Fünf Zimmer, Küche, Sarg» startet am 30. Oktober 2014 in den deutschen Kinos.
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17.10.2014 23:47 Uhr 1