Die deutsche Serie war im Privatfernsehen abgesehen von wenigen Ausnahmen bis zuletzt kaum existent, nur die Öffentlich-Rechtlichen waren häufig erfolgreich. Was VOX‘ eigene Serie für das deutsche Fernsehen bedeutet.
Die neuesten deutschen Fiction-Serien der großen Privatsender
- RTL: «Der Knastarzt» (ab 3. April 2014) - zweite Staffel in der Schwebe
- Sat.1: «Josephine Klick - Allein unter Cops» (seit 5. Mai 2014)
- kabel eins: keine
- ProSieben: «Bully macht Buddy» (seit 18.11.2013) - beendet
- VOX: keine
- RTL II: «Alle zusammen - jeder für sich» (1996-1997)
Doku-Soaps, Kochshows, Lizenz-Serien aus den USA – das sind Genres, die man mit dem deutschen Privatsender VOX in Verbindung bringt. Doch der Kölner Sender könnte bald schon Vorreiter eines im deutschen Privatfernsehen totgeglaubten Genres sein: Der deutschen Serie. Mit der Adaption des spanischen Formats «Pulseras rojas» bringt VOX seine erste eigene Serie an den Start und könnte so seinen Konkurrenten im Privatfernsehen zu mehr Mut verhelfen. Besagte Serie dreht sich um eine Kinderstation eines Krankenhauses, die eine Gruppe von Jugendlichen beherbergt, welche alle mit körperlichen Einschränkungen zu kämpfen haben, aber stets zusammenhalten und verschiedene ergreifende und auch humorige Geschichten in ihrem Patientendasein erleben.
Einige Sender haben sich in den vergangenen Jahren daran versucht, eigenproduzierte oder zumindest deutsche Fiction in ihrem Programm zu etablieren, die Nachfrage seitens der Fernsehzuschauer war aber in den meisten Fällen ernüchternd. Einzig die Öffentlich-Rechtlichen verzeichneten mehrfach Erfolge oder immerhin Kritiker- und Zuschauerlob mit Serien wie «Um Himmels Willen», dem «Tatortreiniger» oder zuletzt «Mord mit Aussicht». Aus dem Programm der Privatsender verabschiedeten sich die deutschen Serien jedoch immer mehr.
ProSieben setzt fast ausschließlich auf US- oder Showformate, meist aus dem Comedysektor, ein deutsches Format lief zuletzt mit «Bully macht Buddy» (Foto) mehr schlecht als recht. Sat.1 macht es ganz ähnlich und widmet sich verstärkt dem US-Crime, während sich beim Bällchensender deutsche Serien wie «Der letzte Bulle» oder «Danni Lowinski» auf den Zielgeraden befinden oder bereits beendet wurden. Gerade letztere beiden Serien gehören zu den Aushängeschildern der deutschen Serie, jedoch verabschiedete sich auch «Danni Lowinski» vergleichsweise schwach aus ihrem Run. Man könnte vermuten, dass dem Schwestersender ProSieben Maxx ein bisschen Spielraum zum Experimentieren eingeräumt wird, doch der noch junge Kanal dient dieser Tage eher als Recycling-Hof von ProSiebenSat.1‘ Lizenz-Serien, die den Durchbruch bei den großen Sendern nicht schafften. Diese Vorgehensweise haben die ProSiebenSat.1-Sender keinesfalls exklusiv, insgesamt herrscht bei den Privatsendern die Angst bezüglich Formaten vor, die sich in Bereiche wagen, welche im deutschen Fernsehen weniger bedient werden und dadurch ein zu großes Risiko darstellen.
RTL gibt die Hoffnung jedoch nicht auf. Eine deutsche Serie nach der anderen floppte beim aktuellen Marktführer in der Zielgruppe in der jüngeren Vergangenheit, vor allem am Donnerstagabend mit Formaten wie «Doc meets Dorf» (Foto) oder «Christine», einzig Dauerbrenner «Alarm für Cobra 11» kann dort in Sachen deutscher Fiction auf Quotenerfolge verweisen, nachdem zuletzt von 2009 bis 2011 mit «Countdown – Die Jagd beginnt» eine relativ erfolgreiche deutsche Produktion in zwei Staffeln lief. Und dennoch: Wie VOX versucht es auch RTL erneut mit frischen Formaten in diesem Bereich, so sollen die Spionage-Miniserie «Deutschland!» oder «Block B – Unter Arrest» den Negativ-Trend in dieser TV-Serie endlich stoppen. Das junge RTL Nitro verzichtet ebenfalls auf deutsche Fiction, Eigenproduktionen beschränken sich dort größtenteils auf verschiedene Magazine.
Eine vielbeachtete Eigenproduktion debütierte vor etwa zwei Jahren beim Pay-TV-Sender TNT Serie mit «Add a Friend», dessen Geschichte aktuell in einer abschließenden Staffel zu Ende erzählt wird. Die positiven Erfahrungen, die TNT Serie mit dem Format machte, resultierten in «Weinberg», dem nächsten Serienprojekt des Bezahlsenders. Auch ARD und ZDF, bei denen eigene Serien deutlich seltener hinter den Erwartungen zurückblieben als bei den Privaten, wagen sich an Tom Tykwers «Babylon Berlin» und «Schuld» mit Moritz Bleibtreu. Etwas Risiko können sie sich auch leisten, schließlich sind Das Erste und das ZDF die beiden einzigen Sender im frei empfangbaren Fernsehen, die bei einigen deutschen Serien auf ein hohes Zuschauerinteresse verweisen können. Warum es sich so verhält, bleibt unklar. Eine Erklärung wäre, dass ARD und ZDF durch ihre lange Sendergeschichte dieser Tage verstehen, was ihr Publikum sehen will, sicherlich haben Das Erste und das ZDF im Vergleich zu den Privaten vor allem im älteren Publikumssegment aber auch eine höhere Stammzuseherschaft, die weniger gezielt zu bestimmten Sendungen einschaltet und den Sendern generell treu bleibt.
Vom Erfolg der VOX-Adaption hängt viel ab. Sollte das Projekt scheitern, könnten sich die Privatsender in ihrem Argwohn gegenüber deutscher Fiction bestätigt sehen und dem Genre distanziert bleiben. Auch die USA, die dem deutschen Fernsehen immer öfter als Vorbild dient, adaptierte das Format. Bei FOX liefen die ersten Episoden von «Red Band Society» jedoch miserabel, eine frühe Absetzung ist nicht unwahrscheinlich. Kurios, wo sich Kritiker doch einig sind, dass das Format eine außerordentlich hohe Qualität aufweist, ergreifende Geschichten erzählt und es versteht den Zuschauer mitzureißen. Diesen Standpunkt hat auch VOX, das fest an den Serienstoff glaubt. Nicht nur die Entscheidung für eine eigene Serie ist aktuell ungewöhnlich für einen deutschen Privatsener, die Dramaserie hebt sich auch von den üblichen deutschen Eigenproduktionen wie Romantic Comedies und Krimiserien ab. So geht das Risiko für VOX auch mit einer großen Chance für das deutsche Fernsehen insgesamt her, das vielleicht bald wieder verstärkt auf deutsche Serien setzt und damit auch Deutschland als Fernsehnation weiter voranbringt.
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