Nun, da Disney auch Marvel-Comics verfilmt, wo bleiben eigentlich die Verfilmungen großer Disney-Comics?
Comicverfilmungen, wohin das Auge blickt. Zwar wäre es maßlos übertrieben, zu behaupten, die Filmwelt bestehe ausschließlich aus ihnen, trotzdem haben sie eine beachtliche Präsenz. Aktuell müht sich «Sin City: A Dame to Kill For» an den Kinokassen ab, derweil grinsen die Blu-rays und DVDs der Blockbuster «The Return of the First Avenger» und «The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro» die Kunden der hiesigen Elektromärkte an. Und selbst in den Programmkinos finden sich Verfilmungen von Bildergeschichten: So basiert unter anderem die sympathische und literarisch bewanderte Komödie «Gemma Bovery» auf einer Graphic Novel. Im Januar erobern die Comics dann schlussendlich eine weitere Bastion – den Kanon der abendfüllenden Disney-Animationsfilme. «Baymax – Riesiges Robowabohu» basiert aber nicht etwa auf einem Comic aus der klassischen Disney-Schatztruhe, sondern auf einer obskuren Marvel-Reihe.
Der Weg, der zu diesem ungewöhnlichen Eintrag in die Riege der Disney-Trickfilme führte, ist überraschenderweise losgelöst vom sonst so allumfassenden Masterplan der Marvel Studios. Nach Disneys Übernahme des Comicgiganten traten einige der Künstler aus dem traditionsreichen Trickstudio an den Kreativleiter John Lasseter mit der Frage heran, ob dies bedeutet, dass sie nun auch auf die Marvel-Figuren zurückgreifen dürfen. Nachdem die Lizenzfrage geklärt wurde, wollte Comicfan und Regisseur Don Hall wissen, ob ihm Lasseter grünes Licht für einen Marvel-Kurzfilm geben würde. Lasseters Antwort, so heißt es aus Disney-Kreisen: „Denke an Größeres!“ Also stöberte Hall in einer Marvel-Datenbank, auf der Suche nach unverbrauchten Geschichten und Figuren, aus denen er gerne einen Langfilm spinnen würde – und dabei stieß er auf «Big Hero 6», woraus nun Disneys 54. Animationslangfilm wird.
Und so schmuck es auch ist, dass eine neue Marvel-Adaption ansteht, die sich nicht in das erstaunlich duchgeplante Marvel Cinematic Universe fügt, frage ich mich: Wo bleibt eigentlich Disneys große Verfilmung eines
Disney-Comics? Filmreifen Stoff hat Entenhausen zweifelsohne zu bieten! Es gibt sogar komplexe, actionreiche Superheldengeschichten, womit Donald und Co. Material aufweisen, das voll im Trend liegt. Etwa die italienische Reihe
Paperinik New Adventures, die auch 14 Jahre nach ihrer Beendigung eine eingeschworene Fangemeinde hat, die sich weit über Italiens Grenzen hinaus erstreckt. In Deutschland gab es bislang leider keine vollständige Veröffentlichung. Wer aber Donald Ducks Superheldenidentität Phantomias gegen heimtückische Zeitreisende, raffgierige künstliche Intelligenzen und Aliens, die sich von der Lebensenergie hilfloser Wesen ernähren, kämpfen sehen will, sollte das Lustige Taschenbuch Premium Nr. 2 und 4 erwerben. Und sicherheitshalber noch drei weitere Bände für seine Familie und Freunde kaufen.
Wenn es keine Superhelden sein sollen, und dann am Besten noch eine prämierte Comicreihe, die vollständig in allen nur erdenklichen Sprachen erschienen ist, dann bietet sich noch immer Don Rosas
Sein Leben, seine Milliarden an, die epochale, abenteuerliche und dramatische Biografie des reichsten Erpels der Welt – Dagobert Duck. Mit ihren zahllosen Referenzen auf die US-amerikanische Historie ließe sich diese Saga gewiss auch dem US-Publikum schmackhaft machen, welches ja im Gegensatz zu den Europäern schon länger keine enge emotionale Bindung mehr zu den Disney-Comichelden hat. Dank Nightwish-Keyboarder Tuomas Holopainen müsste man sich nicht einmal Sorgen um einen Komponisten machen: Der Metal-Star veröffentlichte dieses Jahr ein Album, das
Sein Leben, seine Milliarden symphonisch nacherzählt. Ich verwette Gustav Gans' goldige Löckchen darauf, dass Holopainen eine Filmmusik auf Basis der Don-Rosa-Comics gratis schreiben würde. Die Ehre wäre ihm genug. Und wenn doch nicht, dann reicht sicher ein Disneyland-Besuch als Aufwandsentschädigung.
Alternativ wäre selbstredend eine mehrteilige Saga zu begrüßen, die sich der besten Enten-Abenteuer aus der Feder Carl Barks' bedient und sie auf unerwartete Weise zu neuen Geschichten kombiniert. Also ungefähr so, wie es Edgar Wright, Steven Spielberg und Peter Jackson mit ihrer «Tim und Struppi»-Saga vorhaben. Nur bitte gezeichnet, statt durch Motion Capturing umgesetzt. Und bitte meilenweit weg von dem, was die «DuckTales» in den 80ern angestellt haben, um die Enten-Comics ins Fernsehen zu bringen. Für ihre Zeit war diese Serie ja schön und gut, aber eine weitere derartige Ohrfeige für Disneys beste Schöpfung (also für diesen einen Schnatterich im Matrosenanzug) stehe ich nicht durch.