Oder, wie der Film auch heißen könnte: «SOKO Der Feind in meinem Bett».
Cast und Crew
Vor der Kamera:
Anja Kling («Kein Entkommen») als Karin, Thomas Sarbacher («Die letzte Fahrt») als Paul, Peter Simonischek («Geliebter Johann, geliebte Anna») als Hans Denning, Dirk Borchardt («Danni Lowinski») als Mike Böckler, Katrin Pollitt («Herzversagen») als Dina Böckler
Hinter der Kamera:
Regie und Drehbuch: Thorsten Näter, Produktion: JoJo Film- und Fernsehproduktions GmbH, Kamera: Achim Hasse, Schnitt: Julia von Frihling, Musik: Axel DonnerZDF-Kriminalfilm trifft B-Psychothriller – mehr muss über den von Thorsten Näter geschriebenen und inszenierten Fernsehfilm «Verhängnisvolle Nähe» eigentlich nicht gesagt werden. Der Form halber sei dennoch aufgezählt, was das in diesem expliziten Fall bedeutet: Eine klischeehafte Bildsprache mit verwaschenen Blau-, widerlich-dreckigen Grün- und deprimierenden Grau-Brauntönen. Eintönig hämmernde Spannungsmusik ohne nennenswerte Akzente. Und Plottwists, die es vollbringen, gleichzeitig vollkommen hanebüchen und mit einem Minimum an Genrekenntnis dennoch absolut vorhersehbar zu sein.
Seinen Anfang nimmt dieses vor allem im abschließenden Akt enervierende Spannungsstück, als das Hamburger Landeskriminalamt den Mord an einer Prostituierten unter die Lupe nimmt. Das Team rund um Karin Meister (Anja Kling) ist beunruhigt, denn die nach einem Ritualmord aussehende Tat erinnert frappierend an einen länger zurückliegenden Fall, der als erfolgreich abgeschlossen galt. Also wird die Profilerlegende Hans Denning (Peter Simonischek) herbei geordert und trotz ihrer einstigen Patzer im Polizeidienst und einer besorgniserregenden Nähe zum Alkohol mit der Leitung der Sonderkommission beauftragt.
Kaum in seiner neuen Führungsposition angekommen, zieht Denning sein Team mit tiefschürfenden, poetisch formulierten Analysen in seinen Bann. Und weckt zugleich erschütternde Ängste in Karin Meister – ihr Gatte Paul (Thomas Sarbacher) passt nämlich exakt in das von Denning skizzierte Profil des Täters und verhält sich auch sonst überaus auffällig. Der Deutschlehrer stellt bohrende Fragen über Karins neusten Fall, recherchiert manisch über weitere Gewaltverbrechen, verschwindet nachts aus dem Ehebett und hält unmissverständlich eine große Sache hinterm Berg.
Statt Spannung daraus zu ziehen, wie Karin mit ihren ausufernden Befürchtungen umgeht und parallel dazu Ermittlungen zu zeigen, die der Theorie nachgehen, ob Paul der gesuchte Serienmörder ist, schießen sich Skript und Inszenierung gleich zu Beginn darauf ein, ihn als Schuldigen zu präsentieren. Wenn Paul spricht, ertönt besonders schaurige Musik, immer wieder blickt Thomas Sarbacher mit besessenem Blick in die Kamera und ein kurzes, bedrohlich gefilmtes Treffen mit einer seiner Schülerinnen unterstreicht: Dieser Mann zeigt im Umgang mit Frauen problematische Manierismen. Dies ist in der übertriebenen Intensität, mit der Thorsten Näter Paul zum Verdächtigen macht, nicht nur rasch ermüdend und mitunter lachhaft, es manövriert «Verhängnisvolle Nähe» auch in eine dramaturgische Sackgasse.
Die Auflösung sei an dieser Stelle nicht verraten, jedoch sei hier aufgeführt, welche ernüchternde Erkenntnis sich bereits nach der Hälfte der Laufzeit breit macht: «Verhängnisvolle Nähe» kann mit seinem Finale nur enttäuschen. Denn sollte sich Paul als Täter herausstellen, so ist der Schluss langweilig, da die Inszenierung ihn eh von Beginn an ins Visier nahm. Und sollte Paul unschuldig sein, wird offenkundig, wie albern die Irreführungen in der ersten Hälfte sind. Genrekenner werden recht früh erahnen, für welche der beiden Möglichkeiten sich «Verhängnisvolle Nähe» entscheidet – und dann frustriert aufstöhnen, wenn der Täter sein Motiv erläutert.
In den letzten rund zwanzig Minuten sind die Dialoge zum Haareraufen. Selbst die klischeehaftesten James-Bond-Schurken lamentieren weniger über ihr Motiv und tappen in weniger offensichtliche Fallen als der Mörder in «Verhängnisvolle Nähe». Im großen Finale lässt daher unter der Last der mageren Textzeilen auch das zuvor grundsolide Schauspiel Anja Klings nach, so dass dieser keinerlei Subtilität aufweisende, teils unfreiwillig komische B-Thriller auf der Zielgeraden völlig in sich zusammenfällt. Einzig die Randdarsteller behalten bis zum Schluss ihr Gesicht – doch die sind hier so unbedeutend, dass «Verhängnisvolle Nähe» kaum von ihnen zu profitieren weiß.
Fazit: Das ZDF tappt in den Gewässern des B-Psychothrillers – und säuft mit «Verhängnisvolle Nähe» selbst an Genremaßstäben gemessen ab.
«Verhängnisvolle Nähe» ist am 22. September 2014 um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.