Mit «Spin – Paris im Schatten der Macht» bringt Sony Entertainment Television eine französische Polit-Serie ins deutsche Fernsehen, die zumindest zum Auftakt ihr Thema nicht wirklich findet.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Nathalie Baye («Catch Me If You Can») als Anne Visage, Bruno Wolkowitch als Simon Kapita, Grégory Fitoussi als Ludovic Desmeuze, Clémentine Poidatz als Valentine, Philippe Deleuvre als Philippe Magnan
Hinter den Kulissen:
Regie: Frédéric Tellier, Buch: Dan Franck und Régis Lefebvre, Musik: Christophe La Pinta, Kamera: Matias Boucard, Schnitt: Stratos Gabrielidis, Produktion: Macondo Productions, Tétra Média Fiction und Stephan Films in Zusammenarbeit mit France Télévisions
Serienliebhaber dürfen sich freuen – zumindest potenziell. Und auch das nur, wenn sie Sony Entertainment Television überhaupt empfangen können. Der Pay-TV Kanal, der neben Telekom Entertain nur noch über die Plattform KabelKiosk zu empfangen ist, hat sich nämlich offenbar
auf dem europäischen Serienmarkt umgesehen. Ein Resultat: Der Kanal zeigt die französische Serie «Spin», die in deutscher Version den Untertitel «Paris im Schatten der Macht» verpasst bekommen hat.
Die Serie, deren erste Staffel in Frankreich bereits 2012 ausgestrahlt wurde, erzählt die Geschichte eines französischen Staatspräsidenten, der bei einem Sprengstoffanschlag um sein Leben kommt. Die Sozialministerin Anne Visage (Nathalie Baye), die bei dem Anschlag unverletzt blieb, wird von Simon Kapita (Bruno Wolkowitch), einem engen vertrauten des getöteten Präsidenten, dazu überredet für das frei gewordene Amt zu kandidieren. Das tut sie allerdings weniger, um selbst diese Position auszuüben, als mehr, um dem, vom verstorbenen Präsidenten ungeliebten, Premierminister Philippe Deleuvre (Philippe Magnan) nicht das Amt zu überlassen. Letzterer wird wiederum beraten von Ludovic Desmeuze (Grégory Fitoussi), seines Zeichens ehemaliger Ziehsohn von Simon Kapita. So entspinnt sich wenig überraschend ein Netz aus Intrigen – wie sollte es in einer Polit-Serie auch anders sein.
Im Mittelpunkt steht zum Serienauftakt vor allem eine Figur: Simon Kapita, der die Kampagne für Anne Visage übernimmt. Obwohl man ihn quasi permanent auf den Schirm sieht, gelingt es, dass der Charakter dennoch geheimnisvoll bleibt, was vor allem an der überragenden Darbietungsleistung von Bruno Wolkowitch liegt. Er brilliert über die volle Laufzeit. Das aber ist auch ein Grund, warum sich viele andere Figuren reichlich schwer tun. Denn selbst wenn niemand im Cast wirklich abfällt, an die heimliche Hauptfigur gelangt niemand ran. Seltsam ist es da schon, dass sich die eigentliche Beschreibung der Serie so liest, als würde Anne Visage im Zentrum stehen, zudem wird sie als Protagonistin geführt. Sollte sie aber in den ausstehenden Episoden tatsächlich in den Mittelpunkt des Geschehens rücken, darf der Zuschauer gespannt sein, ob Darstellerin und Charakterzeichnung dieser Aufgabe gewachsen sind. Zum Auftakt jedenfalls blieb die Figur noch zu blass.
Ohnehin: Die Serie tut sich schwer damit Figuren vorzustellen und in einen Kontext zu setzen. Eine wirkliche Einführung findet kaum statt, was für eine intelligent konzipierte Serie an sich kein großes Problem darstellen würde. Allein die Produktion scheint eben nicht vollends so klug konzipiert zu sein, wie es nötig gewesen wäre. Der Zuschauer kann zwar sicher viele Verknüpfungen herstellen, ein zufriedenstellendes Konstrukt ergibt sich aber zumindest noch nicht. Selbst für einen Auftakt sind die Lücken einfach zu groß.
Sex, Macht und Intrigen, darum geht es in der Serie. Zwar erinnert das Format mit seiner Themensetzung durchaus an starke Produktionen wie «House of Cards» oder «The Ides of March», inhaltlich aber kommt die Serie an diese Formate nicht ran. Zu bekannt sind die Probleme, zu vorhersehbar die Konflikte. Das Buch ist nicht wirklich schlecht, aber übermäßige Spannung kommt so eben auch an den wenigsten Stellen auf. Störend wirkt zudem der Schnitt, der an einigen Stellen einfach überdreht und den Betrachter mehr verstört als bereichert zurücklässt. Das alles ändert nichts daran, dass die Reihe die Ästhetik einer Hochglanzproduktion aufbietet. Reichen tut das jedoch selbstverständlich nicht, um genial zu sein.
An sich aber ist die Geschichte ein Drama, dass durchaus spannend sein könnte, auch weil dem Zuschauer viele Dinge erst nach und nach klar werden. Ob genau das beabsichtigt ist, darf an so mancher Stelle zumindest angezweifelt werden. Interessant und gelungen ist zum Auftakt hingegen die Auseinandersetzung mit Islam und Islamismus – obschon die Autoren hier ruhig ein wenig tiefer gehen dürften.
Die Ansätze jedenfalls sind da und Cliffhanger könnten der seriellen Produktion dann helfen, wenn sie nicht zu gewollt wirken. Trumpf ist aber eben vor allem die Figur des Simon Kapita. Ob das in Kombination mit der gelungenen Bildästhetik über die eklatanten Schwächen hinweg hilft, muss letztendlich jeder für sich selbst entscheiden. So ist aber zumindest nachvollziehbar, dass sich die Produktion in der Nische des Pay-TV versuchen muss. Auch, wenn es schon deutlich schwächere Formate auf die größeren Kanäle geschafft haben.
«Spin – Paris im Schatten der Macht» ist ab 4.September immer donnerstags um 21.10 Uhr bei Sony Entertainment TV im Zweikanalton zu sehen.