Ab Samstagnacht zeigt ZDFneo die sechzehnte Staffel der britischen Crime-Serie «Silent Witness». Regelfernsehen von der Insel, an der es wenig auszusetzen gibt. Außer, dass sie bei ZDFneo läuft...
Der große Quotenbringer von ZDFneo ist nicht Jan Böhmermanns innovatives «NeoMagazin». Die wirklichen Zuschauermagnete in der öffentlich-rechtlichen Vorzeigesparte haben andere Namen. «Inspector Barnaby», «Lewis» und «Father Brown» – britische Crime-Serien aus dem Regelfernsehen: langsam, unspektakulär, gediegen.
Ab Samstagnacht wird sich vermutlich auch «Silent Witness» wieder zur Riege der gut laufenden ZDFneo-Fremdproduktionen aus dem angelsächsischen Ausland gesellen. Die Grundvoraussetzungen dafür erfüllt die Serie jedenfalls ohne Abstriche: Sie erzählt langsam, gediegen und ist, verglichen mit der innovativen Spitze der BBC, vollkommen unspektakulär.
Das muss man ihr aber auch auf der inhaltlichen Ebene nicht grundsätzlich egativ auslegen. Vielmehr gelingt es «Silent Witness» auch in seiner nun sechzehnten Staffel, recht spannende Kriminalfälle aus der Forensik-Perspektive zu erzählen, wenngleich es natürlich an wirklich starken, faszinierenden Charakteren fehlt. Doch das scheint eher Konzept denn Aberratio zu sein: Statt aneckenden Exzentrikern wie bei «Sherlock» lieber britische Zugeknöpftheit – und damit eben auch unspektakuläre Vorhersehbarkeit, Berechenbarkeit und Berechnung. Das wirkt zuweilen schnöde und spannungsarm. Doch zumindest beim
Crime of the week tut sich hin und wieder mal was:
In der Eröffnungsfolge wird ein gut situierter Süßwarenfabrikant, der 65 Jahre alte John Briggs, abgemurkst. Sein Lebensinhalt war sein ins Uferlose gewachsener Betrieb gewesen. Er wollte ihn auf Kosten der Mitarbeiter für den anstehenden Verkauf aufhübschen, wirft ihm der Gewerkschaftsboss vor – Verdächtiger Nummer Eins. In letzter Zeit ist er oftmals in Begleitung einer jungen, hübschen, aber auch etwas zwielichtigen Dame gesehen worden, woraus die Klatschpresse eine riesige Nummer gemacht hat – Verdächtige Nummer Zwei. Und nach seinem Ableben taucht seine Tochter auf, mit der er in den letzten zwei Jahrzehnten kaum Kontakt hatte, die nun aber zur großen Überraschung aller Beteiligter das ganze Imperium geerbt hat – vielleicht Verdächtige Nummer Drei?
Aber kein Verdächtiger ohne Mordfall. Und dass beim Tod von John Briggs jemand nachgeholfen hat, muss das eingespielte Forensiker-Team erst einmal beweisen. Zumal der Unternehmer den Auswirkungen eines anaphylaktischen Schocks erlegen ist. Wäre da nicht das ausgestöpselte Telefon am vermeintlichen Tatort, von dem jegliche DNA-Spuren anscheinend akribisch beseitigt worden sind.
Das klingt sehr 08/15. Und in der Tat: Wenn man bei «Silent Witness» nach etwas sucht, das die Produktion über das Niveau der Barnaby-Gently-Lewis-Dauerbeschallung heben würde, findet man ziemlich wenig. Und doch ist man nicht versucht, diese Serie niederzuschreiben. Denn sie ist nicht schlecht erzählt, vielmehr durchaus ansprechend und nicht ganz uninteressant, ihre Plots ergeben Sinn, ihre Figuren sind in den intensiveren Momenten durchaus zu ein bisschen Reflexion fähig. Allein: Diese Serie ist eben Dutzendware. Funktionierende, britische, recht intelligente Dutzendware, aber eben ohne jeglichen Innovationsanspruch. Das ist ok, das ist ganz nett, das ist ansehbar, das ist ganz gut gemachtes Regelfernsehen und nichts, was man über die Maßen kritisieren müsste.
Nur: Passt unspektakuläre englische Crime-Fiction zum Anspruch eines ZDFneo, das mal primär als Spielwiese für eine junge Zielgruppe konzipiert wurde?
Das darf man durchaus kritisieren.
ZDFneo zeigt die 16. Staffel von «Silent Witness» ab Samstag, den 30. August um 23.25 Uhr.