Irgendwo im Wort ProSieben muss sich langsam das Wort Raab verstecken. Mittlerweile hat Stefan Raab dort einen Status von Johnny Carson erreicht.
Gestern habe ich mir nach langer Zeit wieder einmal «Schlag den Star» angesehen. Stefan Raab trat hier im Anzug als echter Moderator auf. Dabei spielt er keinen Moderator, sondern bleibt einfach immer Stefan Raab. Das erinnert langsam wirklich an die LateNight-Legende Johnny Carson. Bei «ProSieben» kann er für neue Konzepte wohl einfach in der Chefetage um Sendezeit anfragen. Eine Talkshow mit Bienenzüchtern in der Primetime? Raab dürfte sie ohne viel Gerede bekommen.
Dieser Status dürfte so in Deutschland sonst nicht mehr vorhanden sein. Selbst Gottschalk moderiert mittlerweile selbst kleine Sendungen bei «vox». Raab dagegen hat sich mit «Schlag den Raab» und «Schlag den Star» sein eigenes Update von «Wetten,dass..?» bei «ProSieben» im Sender gebaut. Die öffentlich-rechtlichen Sender würden sein Format wohl mittlerweile gern mit Kusshand übernehmen. Die kleinen Buntstift-Wetten hat Stefan hier einfach durch Minispiele ersetzt und finanziert seine Show zusätzlich mit kostenpflichtigen SMS.
Daneben hat sich der einstige «Viva»-Moderator ein eigenes Unterhaltungsuniversum gebaut. Für Joey Kelly muss Stefan Raab schon einen Status wie Frank Sinatra haben. Man muss einfach gut mit Stefan befreundet sein und schon öffnen sich überall die Türen. Lena Meyer-Landrut war Werbegesicht für Opel und wirbt nun für L'Oréal. Selbst Opdenhövel hat seine Jobs am Ende Stefan Raab zu verdanken. Der Vergleich zu Carson und Sinatra ist hier wirklich nicht mehr konstruiert. Früher hatten nur diese Künstler eine solche Macht.
Raab hat aus einer kleinen Sendung bei «Viva» wirklich einen Macht-Apparat geschaffen. Aus eigener Kraft ist er zu einem unverzichtbaren Instrument für «ProSieben» geworden. Intern könnte er wohl problemlos auch die «Newstime» für sich beanspruchen. Dabei ist «TVTotal» gar nicht mehr so wichtig in diesem Universum. Die Show wird einfach gesendet und die Quoten scheinen gar nicht mehr so wichtig zu sein. Wahrscheinlich sehen wir in zehn Jahren auch noch jeden Abend eine neue Ausgabe von «TVTotal». Stefan gehört damit zu einer sehr unabhängigen Figur im deutschen Fernsehen.
Er könnte wohl wie Oprah Winfrey auch ohne «ProSieben» einen eigenen Digitalkanal starten. Stefan Raab bietet einfach mittlerweile Unterhaltung aus einer Hand. Er hat erfolgreiche Shows und Konzepte im Angebot. Er hat Kontakt zu den Radiowellen und kann mit seinem «Bundesvision Song Contest» in den deutschen Musikmarkt eingreifen. Eine Wildcard für einen unbekannten Musiker und morgen ist seine Platte auf Platz 1 der deutschen Singlecharts. Daneben kommt sogar Hollywood gerne zu Stefan. Das kann Markus Lanz von sich nicht behaupten.
Man könnte vor der Macht von Stefan Raab hier schon Angst bekommen. Für «ProSieben» ist diese Figur einfach unersetzlich geworden. Vielmehr ist «ProSieben» auf diese Person angewiesen. Dagegen sind Joko und Klaas noch immer ein vergleichsweise kleines Projekt. Raab fehlt bislang nur der Faktor Internet. Hier ist er bestenfalls durch sein eigenes Archiv gut vertreten.
Nur ist Raab auf Twitter? Nutzt er die Trends aus den sozialen Netzwerken für seine Angebote? Hier ist längst eine neue Generation im TV aktiv und punktet mit anderen Ideen. Diese Formate sind viel näher am YouTube-Kosmos angesiedelt. Daher wird die Zukunft von Raab sehr spannend.
Wird er irgendwann Moderator seiner großen Shows und zieht sich von «TVTotal» zurück? Oder wechselt er ganz am Ende doch noch zu ARD und ZDF? Das Besondere an Stefan Raab? Er muss sich diese Fragen nicht stellen. Vielmehr sind die Sender mittlerweile auf seine Gunst angewiesen.
Diesen Status hatte bislang nur Johnny Carson bei NBC.