Robert Pattinson und Christoph Waltz kämpfen während der Großen Depression um das Herz von Reese Witherspoon.
Cast und Crew
Vor der Kamera:
Reese Witherspoon («Sweet Home Alabama») als Marlena Rosenbluth, Robert Pattinson («Cosmopolis») als Jacob Jankowski, Christoph Waltz («Inglourious Basterds») als August Rosenbluth, James Frain («True Blood») als Rosies Tierpfleger, Hal Holbrook («Lincoln») als Älterer Jacob, Paul Schneider («Parks and Recreation») als Charlie O’Brien
Hinter der Kamera:
Regie: Francis Lawrence, Drehbuch: Richard LaGravenese (basierend auf dem Roman von Sara Gruen), Produktion: Kevin Halloran, Musik: James Newton Howard, Kamera: Rodrigo Prieto, Schnitt: Alan Edward BellSofern millionenschwere Schauspieler überhaupt Mitleid verdient haben, so sollte Robert Pattinson etwas von diesem Mitgefühl abbekommen. Als männlicher Hauptdarsteller der qualitativ überaus fragwürdigen «Twilight»-Saga hat sich der Mann mit der Alabasterhaut bei vielen Filmfreunden sehr viel Antipathie erarbeitet – und diese steht ihm einfach nicht zu. Schließlich lässt er kaum eine Gelegenheit aus, über die schwachen Drehbücher und die fragwürdigen Themen der Filme und Romane herzuziehen. Nun könnte man ihn voller Idealismus dafür kritisieren, dass er dennoch für die Filmsaga unterschrieben hat. Doch sind wir einmal ehrlich: Wer würde einen Multimillionendollar-Job ausschlagen, bei dem man dafür bezahlt wird, gelangweilt aus der Wäsche zu gucken und einen attraktiven Menschen zu küssen?
Pattinson zumindest hat dieses Angebot angenommen. Und tut seither dafür Buße. So stand er für zwei fernab des Mainstream angesiedelten Produktionen des geistreichen Regisseurs David Cronenberg vor der Kamera (erst «Cosmopolis», dann «Maps to the Stars»), in denen er eine recht gute Figur machte. Darüber hinaus hat Pattinson noch einige vielversprechende Projekte in der Pipeline, die nichts mit dem Vampir-Teenieschmalz gemein haben. Dabei muss man den romantischen Filmsektor nicht einmal verlassen, um Beleg dafür zu haben, dass Pattinson mimisch zu weit mehr fähig ist, als er in den «Twilight»-Streifen zeigte. Mit «Wasser für die Elefanten» bewies Pattinson schon im Jahre 2011, dass eine romantische Bestsellerverfilmung mit ihm in der Hauptrolle durchaus in ein angenehmes Seherlebnis münden kann:
Die Vereinigten Staaten von Amerika. Wir schreiben das Jahr 1931. Eine schwere Wirtschaftskrise treibt einen Großteil der Bürger an den Rand der Verzweiflung. Jacob Jankowski (Robert Pattinson), der aufgeweckte Sohn polnischer Einwanderer, sieht seiner Zukunft jedoch äußerst optimistisch entgegen. Er muss bloß noch eine Prüfung bestehen, um einen angesehenen Abschluss als Veterinärmediziner zu erhalten. An Jacobs großem Tag ereilt ihn aber ein Doppelschlag an Hiobsbotschaften: Seine Eltern sind bei einem Unfall gestorben – und hinterließen ihm einen gewaltigen Schuldenberg. Unfähig, seine Prüfung zu beenden und jeglicher finanziellen Lebensgrundlage beraubt wandert er ziellos sowie mutlos die nächstgelegenen Eisenbahngleise entlang. Als ein Zirkuszug vorbeifährt, sieht Jacob es als Botschaft des Schicksals und springt auf. Er nimmt einen Job als Mädchen für alles an. Zwar sind einige der aufgetragenen Arbeiten blamabel für einen gescheiterten Akademiker, andererseits gibt ihm die ständige Nähe zu Tieren ein wohliges Heimatgefühl.
Wie es in einem Historiendrama wohl so kommen muss, erst recht in einem, das mit der magischen Atmosphäre eines Wanderzirkus arbeitet, vergeht kaum ein Tag, bis in Jacobs neuem Leben auch etwas Romantik Einzug hält. Die unnahbare Artistin Marlena (Reese Witherspoon) macht ihm schöne Augen – ist aber mit dem manischen Zirkusdirektor August Rosenbluth (Christoph Waltz) verheiratet …
Innovationspreise stehen der von Richard LaGravenese (Drehbuchautor von «Der Pferdeflüsterer» und «P.S.: Ich liebe dich») verfassten Romanadaption wahrlich nicht zu. Ein inspirierendes Liebesdreieck vor deprimierendem, historischen Hintergrund – diese Erzählkonstruktion ist längst Teil des kleinen Film-ABCs und wurde über die Jahrzehnte hinweg unzählige Male verwendet. Doch LaGravenese schafft einen reizvollen Gegensatz zwischen idealistischen Zirkuskünstlern und dem rein wirtschaftlich denkendem Direktor, der durch die Gegenüberstellung der Liebesgeschichte und der Großen Depression punktiert unterstrichen wird. Zwar nutzen LaGravenese und Regisseur Francis Lawrence das zeitliche Setting des Films nicht für weitreichende gesellschaftliche Kommentare, wohl aber erzeugen die Differenzen zwischen dem Bürgertum, das den Glauben an technischen wie finanziellen Fortschritt verliert, und den optimistischeren, allen Pomp auffahrenden Zirkusleuten eine komplexe, für dieses Genre atypische Grundstimmung. Auch die Ironie des Ganzen, dass der Zirkus seither an Bedeutung verlor und es technischen Berufszweigen nunmehr weitestgehend blendend geht, ist selbst ohne wertenden Kommentar der Filmemacher beachtenswert.
Primär ist «Wasser für die Elefanten» allerdings ein Wettstreit seiner zentralen Männerrollen: Pattinson durchläuft in rund zwei Stunden eine Vielzahl extremer Emotionen und vollführt die Übergänge zwischen ihnen mit Bravour. Waltz wiederum spielt mit dem exaltierten Egomanen August Rosenbluth eine Figur, deren Gefühlsleben innerhalb der Filmhandlung deutlich einseitiger ist – dafür aber suhlt sich der Oscar-Preisträger im begrenzten Emotionsrahmen seiner Rolle und lotet dafür mit ansteckendem Genuss aus, wie mannigfaltig die Möglichkeiten sind, eine selbstverliebte Autoritätsfigur zu verkörpern.
Neben den beiden prägnant spielenden Herren hat es Reese Witherspoon sehr schwer, zu bestehen. Die Actrice verleiht Marlena zwar eine nicht uninteressant wirkende kalte Aura, jedoch agiert sie in den romantisch gedachten Szenen an Pattinsons Seite ebenfalls mit müdem, abweisendem Blick. Daher ruht das Gelingen dieser Sequenzen allein auf den Schultern des «Twilight»-Frontmanns. Doch die fehlende Chemie zwischen Pattinson und Witherspoon wird zumindest ansatzweise von der schwärmerischen Kameraarbeit aufgefangen, die ehrfürchtig-verträumt das Geschehen im Zirkus abbildet und auch ohne zu intensiven Gebrauch der üblichen Sepiatöne eine nostalgische Stimmung erzeugt.
Komponist James Newton Howard untermalt all dies mit Melodien voller Pathos, die in ihren wenigen prägnanten Einsätzen keinerlei Zurückhaltung kennen – damit nähert sich «Wasser für die Elefanten» zwar mehrmals der Grenze zum Kitsch, intensiviert so aber zugleich sein Retro-Feeling. Denn «Wasser für die Elefanten» ist aufgrund seiner Inszenierung, seines Settings und der so exzentrischen Männerrollen, die um eine kühl-rätselhafte Frau werben, viel näher an den Romantik-Historiendramen des alten Hollywoods als an den heutigen Teenie-Schmonzetten. Und Pattinson scheint sich in diesem klassischen Rahmen einfach wohler zu fühlen!
«Wasser für die Elefanten» ist am Montag, den 28. Juli 2014, um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.