Sat.1 kämpfte darum, seine Sendungen unabhängiger Dritter loszuwerden oder zumindest auszutauschen. Nun wird RTL von einem Urteil überrascht, das den Sender vorerst von dctp-Programmen befreit.
Der Sat.1-Feldzug gegen die Programme unabhängiger Dritter ist mittlerweile umfang- und wendenreich genug, um ganze Bücher zu füllen. Jetzt betritt auch RTL das Parkett, wenngleich völlig unerwartet. Nachdem im vergangenen Jahr die Niedersächsische Landesmedienanstalt (kurz: NLM) die RTL-Drittlizenzen an Alexander Kluges Firma dctp sowie AZ Media TV vergeben hatte, ging der Drittanbieter Focus TV gegen diesen Beschluss vor, da er sich übervorteilt fühlte. Nun fällte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg diesbezüglich ein Urteil, mit dem wohl kaum einer der Beteiligten rechnete: Vorerst muss RTL keine Programme des Drittanbieters dctp zeigen.
Das Gericht begründet sein Urteil mit einem Verfahrensfehler des Direktors der NLM: Dieser ordnete vergangenes Jahr den sofortigen Vollzug der dctp-Zulassung an, obwohl dies in Augen der Richter nicht seine Aufgabe war. Dafür sei die Versammlung zuständig, die auch über die Zulassung und Auswahl der Drittanbieter entscheidet. Da aus Berichten der NLM aber nicht hervorgehe, dass die Versammlung den Sofortvollzug der dctp-Lizenz „eigenständig und ergebnisoffen angeordnet hat“, muss eine erneute Entscheidung der NLM-Versammlung erfolgen.
Bis die NLM-Versammlung über die Zulassung der dctp entschieden hat, sei RTL von seinen Pflichten gegenüber dem Drittanbieter freigesprochen. Der Privatsender dürfte somit auf «Stern TV» und «Spiegel TV» verzichten. Im 'Handelsblatt' gibt ein Sendersprecher aber Entwarnung für jene Fernsehzuschauer, die diese Sendungen mit Interesse verfolgen. In den kommenden Tage wollen demnach Sendervertreter mit der NLM und der KEK über das Urteil sprechen und eine gemeinsame Entscheidung fällen, wie mit den dctp-Sendungen zu verfahren sei. Bis dahin wolle man nicht am Programmplan rütteln.