Mit «Welcome to Sweden» startete am Freitagabend eine schwedische Serie bei NBC: nettes Fernsehen der Extraklasse, meint Julian Miller.
Hinter den Kulissen
- Produktion: Entertainment One, FLX, Syskon und Marobru Productions Inc.
- Schöpfer: Greg Poehler
- Executive Producer: Greg Poehler, Amy Poehler, Felix Herngren, Carrie Stein und Fredrik Arefalk
- Darsteller: Greg Poehler, Josephine Bornebusch, Lena Olin und Claes Månsson
Bruce Evans war vor kurzem noch ein erfolgreicher Steuerberater in New York, wo er sich um die Vermögensangelegenheiten von Prominenten wie Amy Poehler gekümmert hat. Dann hat er den hochbezahlten Job gekündigt und ist der Liebe wegen nach Schweden gezogen.
Bevor er mit seiner Partnerin Emma aber die gemeinsame Wohnung in Stockholm beziehen kann, müssen die beiden erst zwei Wochen auf dem Land im hohen Norden bei ihrer Familie kampieren: Als da wären ihr schweigsamer und verschlossener, aber stets höflicher Vater Birger, ihre Mutter Viveka, von Beruf Psychotherapeutin, sowie ihr versoffener arbeitsloser Bruder und der exzentrische, amerikavernarrte Onkel, der eine Videothek betreibt und weite Teile des US-Kinos mitsprechen kann.
Das alles klingt ein wenig stereotyp? Gut erkannt. Doch das ist weit weniger tragisch als man annehmen könnte. Zu schmissig sind die Drehbücher trotz der oft vorhersehbaren Plotwendungen, zu groß ist die Spielfreude des gesamten Casts. Besonders Lena Olin als leicht neurotische überpsychologisierende Mutter hat man trotz (oder gerade wegen) all der liebevoll gespielten Schrullen ihrer Figur schnell ins Herz geschlossen, während Hauptdarstellerin Josephine Bornebusch den Spagat zwischen niedlich, aber selbstbewusst wunderbar gelingen lässt. All die exzentrischen Eigenschaften der Figuren sind hier nicht Punchline-generierender Selbstzweck, sondern dramaturgischer Ausgangspunkt, der hinter der Gag-Fassade einiges an charakterlicher Vielschichtigkeit erkennen lässt.
Trotz des wenig innovativen (aber gelungenen!) Fish-out-of-Water-Konzepts hat NBC mit seiner Sommer-Serie doch auch Mut bewiesen: Etwa die Hälfte der Serie musste untertitelt werden, weil sich die Charaktere – natürlich mit Ausnahme des amerikanischen Neuankömmlings – oft auf Schwedisch unterhalten. Neben den offensichtlichen dramaturgischen Gründen mag das auch damit zu tun haben, dass «Welcome to Sweden» ursprünglich für das schwedische Fernsehen entwickelt wurde, wo die zehn Folgen der ersten Staffel bereits im April anliefen. Bei der letzten MIPCOM schlug dann NBC zu – und der schwedische Sender TV4 konnte seine erste (auch) auf Englisch produzierte Serie gleich in die USA verschachern.
Think local, go global.
Man wünscht dieser netten kleinen skandinavischen Sommerserie auch in Übersee Erfolg. Denn nett ist hier nicht die kleine Schwester von «The Michael J. Fox Show», sondern ein Gütesiegel: gewohnt, aber mit Haltung. Schrullig, aber nicht überkandidelt. Vorhersehbar, aber witzig.
In diesem Sinne:
Skol!