Bevor Tom Bartels im Ersten vor wohl über 30 Millionen Menschen das WM-Finale Deutschland vs. Argentinien kommentiert, spricht er bei Quotenmeter.de über Organisation und seinen Werdegang. Vom Bankkaufmann zum WDR, zu RTL und Premiere und schließlich zurück zur ARD.
Dass Tom Bartels einmal ein Finale einer Fußball-Weltmeisterschaft kommentieren wird, wagte er in Kindheitstagen nie zu träumen. Heute Abend, wenn in Brasilien Deutschland und Argentinien gegeneinander spielen, dann wird er vor über 30 Millionen Menschen seine Einschätzungen zu den Spielszenen abgeben. Erstmals seit zwölf Jahren steht die deutsche Elf wieder im Endspiel des World Cups, 2002 saß Bela Rethy bei der bitteren Endspiel-Niederlage am Mikrofon. Doch wer ist dieser Tom Bartels eigentlich?
Aufgewachsen in einer niedersächsischen Kleinstadt war das große Fernsehen doch ein ziemliches Stück weg. „Es erschien mir damals einfach unrealistisch. Dort war damals weit und breit kein Fernsehsender zu sehen“, erinnert sich der heute 48 Jahre alte ARD-Kommentator zurück. „Seine journalistische Leidenschaft entdeckte Bartels dennoch früh – zunächst als Reporter für lokale Zeitungen. Dennoch startete er zunächst eine Ausbildung zum Bankkaufmann. „Ich habe dann irgendwann ein Sportstudium in Köln begonnen – mit viel Leidenschaft. Das war etwas, das bei der Banklehre nicht der Fall war“, schmunzelt er. Über den damals ebenfalls in Köln studierenden Sebastian Hellmann, heute Hauptfußballmoderator beim Bezahlsender Sky, gelangte er in die Sportredaktion des in Köln ansässigen WDR. Parallel zu seiner Zeit beim WDR hatte ihm auch Florian König (RTL) ein Praktikum beim SDR in Stuttgart besorgt.
„Das war der erste Schritt für mich im Fernsehen und die weiteren folgten dann.“ Erste 60 Sekunden lange Kommentare sprach Bartels für den SWR und ging irgendwann auch zum Live-Sport über. Schließlich war es wieder ein heute sehr bekannter Sportjournalist, der beim Erklimmen der nächsten Stufe half. Marcel Reif hatte Bartels Kommentar des Pokalspiels zwischen den Stuttgarter Kickers und dem Karlsruher SC im Jahr 1994 gehört und in Folge das Angebot unterbreitet, zu RTL zu wechseln. Reif war damals Kommentator bei den Kölnern, die damals noch über Champions League-Rechte verfügten. „Nach der Europameisterschaft 1996 ging es für mich dann zu RTL, wo ich neben Fußball auch Tennis, Boxen und Skispringen machen durfte“, erinnert sich Bartels zurück.
Im internationalen Bereich war er zunächst viel im Uefa-Cup im Einsatz, ab 2000, als RTL nach einem Jahr Pause wieder Rechte an der Königsklasse des Vereinsfußballs hatte, folgte Bartels auf den inzwischen zu Premiere gewechselten Marcel Reif und wurde Hauptkommentator. Als die Rechte dann zu Sat.1 wechselten, führte Bartels Weg zu Premiere, wo er neben der Bundesliga wieder die Champions League kommentierte. Seit 2006 ist er nun für die ARD im Einsatz. Die Champions League vermisst er aber heute noch. „Das ist für mich das Beste und Schönste – von den großen Turnieren wie einer WM mal abgesehen“, so Bartels. „Champions League-Spiele sind für einen Reporter immer der Höhepunkt einer Saison.“ Noch heute profitiere er von damals geknüpften Kontakten. Zwischen 30 und 40 Mal berichtete der 49-Jährigen aus England. „Das war eine unglaublich tolle und intensive Zeit.“
Die Nationalmannschaft seit 2006 zu begleiten, sei für ihn eine Ehre. „Ich weiß es wirklich sehr zu schätzen, dass ich für die ARD von den großen Turnieren berichten darf.“ Und dennoch habe ihn der öffentliche Rummel bei seiner ersten EM im Jahr 2008 ziemlich erschlagen. „Das war heftig: Es dreht sich vier Wochen lang alles um das Turnier. Ich habe Radioanfragen, Zeitungsanfragen bekommen – jeder hat einfach auf die EM geschaut. Diese Wucht hat mich erschlagen.“ Inzwischen ist er den Trubel um seine Person gewohnt. Nicht gewohnt war er das, was in den vergangenen Wochen in Brasilien passiert ist – auch wenn er sich so gut als möglich darauf einstellen wollte. „Wir wohnen eigentlich in Fortaleza“, berichtet Bartels. Die ersten beiden Wochen sei er aber komplett nur unterwegs gewesen. „So etwas hatte ich noch nie“, sagt er mit Blick auf die WM 2010 in Südafrika, wo die Journalisten von Johannesburg aus eher sternförmig in die Städte ausströmten, aber nie sonderlich lang unterwegs waren. „Das war schon belastend“, so Bartels. Deshalb hat er sich auch besonders intensiv auf das Turnier vorbereitet – und schon bald festgestellt, dass man sich wie üblich eben doch nicht auf alles vor einer WM vorbereiten könne.
„
Überall freundliche Menschen, in Hotels, Flughäfen, Stadien reibungslose Abläufe, es hat sensationell funktioniert.Brasilien hat aus den Versäumnissen und Pannen des Confed-Cups die richtigen Schlüsse gezogen, hätte ich so nicht erwartet.
”
Kommentator Tom Bartels
Während des Turniers verlief dann aber alles viel besser als erwartet. Gab es während des Confed-Cups, dem Vorbereitungswettbewerb vor einem Jahr, noch größere organisatorische Probleme, verlief in den vergangenen vier Wochen so ziemlich alles reibungslos. „Überall freundliche Menschen, in Hotels, Flughäfen, Stadien reibungslose Abläufe, es hat sensationell funktioniert.Brasilien hat aus den Versäumnissen und Pannen des Confed-Cups die richtigen Schlüsse gezogen, hätte ich so nicht erwartet“, lobt Bartels im Gespräch mit Quotenmeter.de.
Es waren besondere vier Wochen für den Sportjournalisten – ein Turnier voller Überraschungen. Die Frage nach der Überraschung schlecht hin, stelle sich nach dem 7:1 der deutschen Mannschaft im Halbfinale nicht mehr, grinst er. „Kurz dahinter kommt das 5:1 von Holland gegen Spanien. Bei dem Spiel hätte ich auf einen Sieg Spaniens getippt, bei Deutschland- Brasilien war ich mir wenigstens noch relativ sicher, dass Deutschland das packt.“ Für ihn steht jetzt auch fest: Er wird einen Sieg von Jogis Jungs gegen Argentinien kommentieren. „Ich habe keinerlei Zweifel mehr“, sagt er.
Ausruhen kann sich Bartels übrigens auch in den kommenden Wochen kaum. 2014 wird er es wohl wieder auf rund 200 Tage bringen, die er nicht zu Hause ist. Nach der Weltmeisterschaft ist er für die ARD bei der Schwimm-Europameisterschaft im Einsatz – hinzu kommen seine Moderationstätigkeiten der Sportsendungen «Sport im Dritten» und «Flutlicht». Und die nächste Skisprung-Saison ist auch nicht mehr so weit weg, wie manche denken.